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Sie marschieren wieder. . .

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Die widerlichen Auftritte ihrer Abgeordneten imsächsischen Landtag legen davon Zeugnis ab.Wie etwa zu Beginn des Jahres, als sich die NPD-Fraktion weigerte, in einer Plenarsitzung desParlaments der Opfer des Völkermords an deneuropäischen Juden zu gedenken und stattdessenvon einem „Bombenholocaust“ in Dresdenschwafelte.Der Ton wird aggressiver, das Auftreten dreister.Die NPD sucht geradezu die Kooperationmit militanten Kameradschaften und ist zugleichdarum bemüht, die rechten Kräfte zu bündeln,weil sie sich davon Synergie-Effekte verspricht.Dies ist ihr zumindest partiell gelungen.Der NPD-Vorsitzende Udo Voigt und derChef der Deutschen Volksunion (DVU), GerhardFrey, haben sich auf eine gemeinsame Strategiegeeinigt. Bei der Bundestagswahl 2006 wollenNPD und DVU über die Konstruktion einerWahlallianz den Einzug in den Bundestag schaffen.Nur die NPD soll antreten, in ihre Liste aberDVU-Kandidaten aufnehmen. Bei der Europawahl2009 soll dann die DVU den Vortritt haben.Eine ähnliche Vorgehensweise ist für die kommendenLandtagswahlen vorgesehen. DieRepublikaner lehnen dies ab. <strong>Sie</strong> paktieren ihrerseitsmit der Deutschen Partei und der DSU. Alldas sieht nach einem rechten Schulterschluss aus.Die Akteure selbst nennen das großsprecherisch„Volksfront von rechts“. NPD-AnführerVoigt verspricht schon mal: „Wir werden einenWahlkampf liefern, wo Ihnen Hören und Sehenvergeht.“In der Tat hat sich die Zusammenarbeit vonNPD und DVU für die Beteiligten durchausgelohnt. Durch Absprachen ist es der NPD gelungen,in Sachsen 9,2 Prozent der Stimmen zugewinnen und damit erstmals seit 1968 <strong>wieder</strong> ineinen Landtag einzuziehen. Im Gegenzug erzieltedie DVU in Brandenburg 6,1 Prozent. Bei derLandtagswahl in Schleswig-Holstein indes bliebdie NPD bei 1,9 Prozent hängen.Politikwissenschaftler räumen dem rechtenBündnis wenig Chancen ein. Um bei derBundestagswahl die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen,müssten 2,5 bis 2,8 Millionen Wählermobilisiert werden. Die sind vorerst nicht inSicht. Aber wer mag schon seine Hand dafür insFeuer legen, wenn sich die wirtschaftliche Lagenicht verbessert und sich immer Menschen voreiner sozialen Deklassierung fürchten?Bislang konnten die rechten Gruppierungenmit ihrer Zersplitterung ganz gut leben. Mansprach von der organisierten Verwirrung. Und daswar den Drahtziehern gar nicht unlieb. DieVielzahl der Organisationen und ihre angeblicheideologische Zerstrittenheit waren eine vorzüglicheTarnkappe, um das gemeinsame Ziel zu verschleiern.Nach dem Motto „Getrennt <strong>marschieren</strong>und vereint schlagen“ konnte man sichje nach Bedarf und politischer Großwetterlagevon einzelnen Aktivitäten entweder distanzierenoder sich solidarisieren. Die Arbeitsteilung verstellteden Blick für das dichte Geflecht an internenVerbindungen und die innere Kohärenz.Neuerdings gibt es Signale aus Karlsruhe, diedarauf hindeuten, dass die Verfassungsrichter aufeine Fortsetzung des Verbotsverfahrens warten.Der Anstoß müsste von den Antragstellern kommen,doch die Politik zögert aus verständlichenGründen. Eine Niederlage würde von den rechtenKräften allemal als Ermutigung betrachtet.Zudem muss immer <strong>wieder</strong> sorgfältig abgewogenwerden zwischen Nutzen und Schaden. EinOrganisationsverbot bringt Gesinnungen seltenzum Verstummen. Man beseitigt dadurch dieSymptome, nicht jedoch die Ursachen. Überdieslassen sich öffentlich agierende Parteien besserkontrollieren als ausschließlich im Untergrundtätige Aktivisten. Hin und <strong>wieder</strong> kann ein drohendesVerbot sogar mehr bewirken als das Verbotselbst.Einem Rechtsstaat steht es sehr gut an,Augenmaß zu beweisen, sich auch nicht provozierenzu lassen. Allerdings darf er keinesfalls zulassen,dass sich Parteien breit machen, die ihn selbstaus den Angeln heben wollen. Das ist die Lehrevon Weimar, das hat uns Hitler beigebracht.Hans-Günther ThieleDemonstration in Dresden: Der DVU-ChefGehard Frey (links) und der NPD-VorsitzendeUdo Voigt marschierten Seite an Seite.Auch viele neonazistische Kameradschaften ausNiedersachsen marschierten im Februar 2005bei der NPD-Demonstration in Dresden.1213

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