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Sie marschieren wieder. . .

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Alter Inhalt in neuem OutfitDer braune Rand der Jugendszenen Dark Wave und Black MetalJahr für Jahr pilgern mehr als 20 000Menschen zum Wave-Gothic-Treffen nachLeipzig, Szenemagazine gibt es an fast jedemKiosk: Die Dark-Wave-Szene, auch SchwarzeSzene, Grufties oder Gothics genannt, ist eine dergrößten Jugendszenen in der Bundesrepublik.Und schon seit Jahren hat diese populäreBewegung einen kleinen, aber hartnäckigenbraunen Rand.Spätestens seit Mitte der 90er Jahre machensich extreme Rechte die verklärendeRückwärtsgewandtheit vieler Dark-Wave-Anhänger zunutze. Genau wie ihren Hang zuEsoterik und Heidentum oder ihre Kritik anMaterialismus und Oberflächlichkeit derGegenwart. Dabei bezieht sich der rechte Dark-Wave-Flügel vor allem auf die „KonservativenRevolutionäre“ der 20er und 30er Jahre und deseuropäischen Faschismus wie Julius Evola oderCorneliu Codreanu.Rechte Dark-Wave-Bands unterscheiden sichdeutlich von Neonazi-Bands, die den Rechtsrockdominieren. Statt mehr oder minder offeneHetzparolen gegen Ausländer oder Juden zu grölen,ergehen sie sich in Andeutungen über „heiligesBlut“, „Wintersonnenwende“, „Heimat“oder „Panzergärten“ – allesamt Beispiele aus demRepertoire von „Allerseelen“. Die Verschlüsselungenspiegeln das elitäre Selbstverständniswider, genau wie die strenge Limitierung vielerTonträger.Auch Outfit und Auftreten unterscheiden sichdeutlich von rechten Skinhead-Bands. RechteDark-Wave-Gruppen erklären Ästhetik zumFetisch. Ästhetisch sind in ihren Augen offenbarviele Werke von „Künstlern“, die auch das NS-Regime schätzte, wie den Bildhauer Arno Brekeroder die Regisseurin Leni Riefenstahl. Bezügezu deren Werken finden sich jedenfalls auf zahlreichenCD-Covern und Konzert-Flyern. AuchKrieg und Militarismus werden ästhetisiert, SS-Uniformen sind in der Szene beliebt.Dark Wave ist nicht die einzige Jugendkultur,in der sich Braune tummeln. Im Punk, im HipHopund im Techno blieben rechtsextreme Tendenzenbislang aber selten – anders als im Black Metal.Auch in dieser extrem harten Spielart des HeavyMetal hat sich längst ein rechter Flügel etabliert.Der NS-Black-Metal hat wenige, aber gefährlicheAnhänger. Sehr viel direkter als braune Dark-Wave-Vertreter glorifizieren sie Rassismus,Gewalt, Krieg und Tod.Anhänger des NS-Black-Metal erklärenChristen offen den „Krieg“ – bis hin zu unverhohlenemSatanismus. Die beiden „Kultfiguren“der Szene erreichten ihren Status, indem sieMenschen umbrachten: Hendrik Möbus, der„Satansmörder von Sonderhausen“, ist Sängerder NS-Black-Metal-Band „Absurd“. Mit zweiKomplizen quälte er 1993 einen Mitschüler zuTode. Heute ist er wegen des Vertriebs rechtsextremerMusik und neonazistischer Propaganda,Leugnen des Holocaust und Aufrufs zum „Kampfgegen Juden“ inhaftiert. Der Norweger VargVikernes, Sänger der Band „Burzum“, hat eben-falls einen Menschen getötet. Er hält „menschlicheWesen für wertlos und dumm“. Dahintersteckt eine Gewaltbereitschaft, die die der rechtenSkinhead-Szene vermutlich noch übertrifft.Fast alle rechtsextremen CD-Versandhändlervertreiben heute auch Black-Metal-Scheiben.Vereinzelt gibt es gemeinsame Konzerte vonBlack-Metal- und Skinhead-Bands. Rechte bisrechtsextreme Dark-Wave-Anhänger dagegenarbeiten in der Regel nicht mit Skinhead-Bandszusammen. Zu groß sind die Ressentiments aufbeiden Seiten. Vielen rechten Skinheads sindIntellektuelle suspekt. Umgekehrt finden rechteGrufties die gewaltbereite Skinhead-Subkulturvulgär. <strong>Sie</strong> scheuen auch das offene Ja zumNationalsozialismus – auch wenn sie selbst völkischbis faschistisch denken.Bei rechten Dark-Wave-Konzerten tummelnsich bislang wenige Neonazis im Publikum.Schon heute aber ist eine andere Gefahr gar nichtzu überschätzen: Je vielfältiger und geschickterrechtsextreme Inhalte „verpackt“ werden, destomehr Jugendliche könnten Gefallen an ihnen finden.Christine KrögerMitglieder der rechten Dark-Wave-Szene treten auch bei Neonazi-Aufmärschen wieim Februar 2005 in Dresden auf.3031

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