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Braune BrutalitätViele Neonazis aus der Region sind gewalttätigMit einem brutalen Schlag zertrümmerteder NPD-Aktivist Arwid Strelow seinem Opferdas Jochbein.Der brutale Schlag auf den Kopf kostet Janum ein Haar das Augenlicht. Der Tatort: einNPD-Aufmarsch in Rotenburg. Die Waffe: einHolzschild, das für die NPD wirbt. Der Täter: einjunger Mann mit einer weißen Armbinde.„Ordner“ steht darauf.Zugeschlagen haben soll Arwid Strelow.Mit voller Wucht und wie von Sinnen. Das zeigenFilmaufnahmen von Journalisten. Drei JahreFreiheitsstrafe auf Bewährung wegen vorsätzlicherKörperverletzung urteilt Monate später einJugendschöffengericht. Strelows Opfer ist einAuszubildender aus Schleswig-Holstein, dergegen die NPD-Kundgebung demonstriert. DerTäter zertrümmert das Jochbein des 18-Jährigen,anderthalb Stunden dauert die Operation, dieÄrzte müssen zwei Metallplatten einsetzen.„Taten statt Worte“ wirbt die NPD. Hat siedas so gemeint? Der Bundesverfassungsschutznennt das Verhältnis der NPD zu Gewalt immerhin„ambivalent“. Udo Voigt, Bundesvorsitzenderder Partei, sagt, die NPD lehne Gewalt ab –um rasch hinzuzufügen: „Was wir allerdingsunseren Mitgliedern auch sagen: Jeder hat dasRecht auf Notwehr.“ Schaut man sich dasVorstrafenregister vieler Mitglieder und Anhängerder Partei an, verkommt das halbherzige NeinVoigts zum bloßen Lippenbekenntnis.„Niemand kann ernsthaft behaupten, er seirechtsextrem, lehne aber Gewalt grundsätzlichab“, sagt ein Szeneinsider. Für viele Neonazis seiGewalt ein legitimes Mittel im „Kampf“ gegendas bestehende System. Andere nähmen Gewaltbilligend in Kauf, <strong>wieder</strong> andere zögen ausGruppenzwang heraus mit. „Insgesamt ist dieHemmschwelle in der Szene sehr, sehr niedrig“,berichtet der Insider. Der mutmaßliche Täter vonRotenburg gehört zu den Anhängern der radikalenNPD-Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten.Er soll immer mal <strong>wieder</strong> zu Gastauf dem Heisenhof des Hamburger NeonazisJürgen Rieger in Dörverden sein. Dort halten sichauch Anhänger des so genannten JN-StützpunktesVerden/Rotenburg gerne auf.Zur lokalen NPD-Jugend gehört auchFlorian Cordes aus Oyten. Cordes ist stellvertretenderJN-Bundesvorsitzender – und hatStrelow nach der Tat in Rotenburg anerkennendauf die Schulter geklopft. Seit 2003 macht dieGruppe um Cordes auch mit der „Schuloffensive“von sich reden: Junge Neonazis verteilenrechtsextreme Propaganda vor Schulen in derRegion. Wenige Tage vor Weihnachten an denBerufsbildenden Schulen in Dauelsen bei Verden.Dieses Mal ist es „Stützpunktleiter“ Sascha JörgSchüler, der seine Aggressionen offenbar nichtbeherrschen kann. Laut Polizei fährt er mit seinemPkw direkt auf einen Pressefotografen zu,der die jungen Neonazis bei ihrer Aktion beobachtet.Der Mann fliegt über die Kühlerhaube undzieht sich neben einer Knieverletzung eineGehirnerschütterung zu.Schüler ist bereits einige Wochen zuvor beieiner rechtslastigen Vortragsveranstaltung inVerden durch aggressives Verhalten aufgefallen.Als der Ex-Brigadegeneral Reinhard Günzel aufEinladung der örtlichen RechtskonservativenHeinrich Rathjen und Dieter Fricke einen Vortragüber das „Ethos des Soldaten“ hält, gibtSchüler sich als „Ordner“ aus – und entreißtJournalisten Presseausweise, um sich Privatanschriftenzu notieren. Auf das Benehmen seines„Ordners“ angesprochen, will Fricke von nichtswissen: „Der junge Mann hat hier keineFunktion.“Schülers Verhalten passt nicht in das propagierteBild einer „wählbaren“ NPD. Gern präsentierensich Schüler, Cordes und ihre Anhänger als„nette Jungs von nebenan“. Doch nur allzu schnellfühlen sich die JN-Aktivisten provoziert – undreagieren mit Drohungen und Gewalt. „VieleNeonazis sehen sich in einer Art Märtyrerrolle“,erklärt ein Insider. Jeder außerhalb ihrer Szenegelte als Feind – allen voran Ausländer undAntifaschisten, aber auch Presse und Polizei.Dabei wollen die Neonazis in ihrer Selbstwahrnehmungnur „das Beste für ihr Land“. Getreudem Motto: „Nichts für mich, alles fürDeutschland.“ Werde der innere Druck zu groß,entlade er sich oft in Schlägen gegen vermeintliche„Feinde“.Doch braune Gewalttaten lassen sich nicht aufKurzschlusshandlungen reduzieren. Viele Neonazisgehen erst gar nicht ohne Messer oderSchlagstock aus dem Haus, in ihren Autos liegt oftein Knüppel oder ein Baseballschläger bereit.Selbst Äxte wurden schon gefunden. Die Szeneorganisiert Schulungen, in denen Neonazis lernen,sich „optimal“ auszurüsten. So erfahrenangehende „Ordner“ zum Beispiel, dass diePolizei ihnen bei einer Kontrolle einenBaseballschläger abnehmen darf, einenKlappspaten aber nicht.Eine planvolle Gewaltaktion Rechtsextremerist auch der Überfall auf eine Veranstaltung derGewerkschaft Erziehung und WissenschaftAnfang 2004 in Verden. Rund 60 Schüler undLehrer diskutieren über „Rechtsextremismus anSchulen“, als etwa 30 Neonazis aus der RegionVerden und aus Bremen versuchen, das Gebäudezu stürmen. Die Diskussionsteilnehmer verbarrikadierensich, die Rechtsextremisten rütteln anden verschlossenen Türen. Dann greift einSondereinsatzkommando der Polizei ein. DieBeamten finden Totschläger, Baseballschläger,Axtstiele und Reizgas bei den Rechtsextremisten.17 Neonazis werden vorübergehend festgenommen,gegen sieben werden Ermittlungsverfahreneingeleitet. Sechs Extremisten akzeptieren denStrafbefehl des Amtsgerichts Verden und geltenseither als vorbestraft, darunter Sascha JörgSchüler.Die zum Teil verbotenen Waffen gehören nachInsiderauskünften zum „ganz normalen Equipment“vieler NPD-Anhänger. Er erinnert sich aneines dieser alljährlichen internen Pressefeste desNPD-Organs „Deutsche Stimme“ in Sachsen.Da sei der „Ordnerdienst“ mit einem Koffer angerückt.Der Inhalt: Gaspistolen und Handschellen,Teleskopschlagstöcke und Verbandszeug. „Diefackeln nicht lange, die langen zu.“Zugelangt wurde offenbar auch in Hetendorfbei Celle, dem 1998 geschlossenen Neonazi-Schulungszentrum von Heisenhof-BesitzerJürgen Rieger. Er hatte für das Anwesen eineneigenen Ordnertrupp ausgebildet. Die jungenRechtsextremisten patrouillierten regelmäßig aufdem Gelände. Bewaffnet mit Eisenstangen – undausgestattet mit der Anweisung, möglichenEindringlingen sofort auf den Kopf zu schlagen.Nach den Worten des Insiders hat Anwalt Riegerhinzugefügt: „Das ist Privatbesitz, wir plädierenauf Notwehr.“Christine KrögerGriff in Hetendorf auch mal selbst zur Axt:der Hamburger Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger.6061

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