Rigolf HennigEin Chirurg aus VerdenAdolf DammannEin Ex-Bankfilialleiter aus BuxtehudeRigolf HennigAls Dr. Rigolf Hennig noch praktizierte,konnte es passieren, dass er ein Kind anblaffte:„Wie heißt du? Pättrick? Das heißt doch wohlPatrick! Oder bist du kein Deutscher?!“Schon 1989 waren Verdener Eltern bei derÄrztekammer vorstellig geworden. <strong>Sie</strong> wolltenihre Kinder bei Schulunfällen nicht mehr zuHennig schicken, weil im Wartezimmer desVertragsarztes der Berufsgenossenschaften undder Gemeindeunfallversicherung rechtsextremeZeitschriften und rassistische Aufkleber auslagen.<strong>Sie</strong> wiesen zudem auf einen Beitrag Hennigsim Deutschen Ärzteblatt ein Jahr zuvor hin, indem der Chirurg Juden diffamiert und derenVernichtung durch die Nazis verharmlost habe.Die Elterninitiative hatte keinen Erfolg – ebensowenig wie 1994 die Anregungdes Lübecker Senats,verbandsrechtlicheSchritte gegen den Medizinerin Erwägung zu ziehen.Damals hatte sichHennig bei der Hansestadtbeschwert, weil siesich nach dem Anschlagauf die Synagoge offiziellin Israel entschuldigte,und den Senatoren einenBesuch beim Psychiaterempfohlen.Dieser Brief war fürden damaligen SPD-BundestagsabgeordnetenArne Börnsen Anlass, andenVerteidigungsministerzu schreiben: Er mögedafür sorgen, dass Hennignicht mehr den Truppenarztbei der Bundeswehrin Barme vertrete. Wegen„struktureller Änderungen“,teilte drei Monatespäter die Hardthöhe mit,würden keine zivilen Ärzte mehr benötigt.1997 rief Hennig den „Freistaat Preußen“mit ihm als „Staatspräsident“ aus. Die „Exilregierung“verstehe sich „als Speerspitze eineraufwachenden ostdeutschen Bewegung“, verkündeteder Arzt. Ein gutes halbes Jahr später sprachihn das Amtsgericht Verden vom Vorwurf desTitelmissbrauchs frei. Der Richter: DassWürdenträger und Insignien des „FreistaatesPreußen“ von einem Durchschnittsdeutschenernst genommen werden könnten, sei so unwahrscheinlich,dass eine Verurteilung schwerlich zubegründen sei.Hennig durfte sich also weiter Staatspräsidentnennen. Das klang zweifellos imposanter alszuvor Vorsitzender der Republikaner im KreisVerden, als deren Direktkandidat er erfolglos fürden niedersächsischen Landtag kandidiert hatte.Davor <strong>wieder</strong>um war Hennig Vize-Vorsitzenderder rechtsextremen „Deutschen Liga für Volkund Heimat“ in Niedersachsen gewesen, die sichdann selbst auflöste.Immer <strong>wieder</strong> hat sich der Mediziner mit antisemitischenund rassistischen Äußerungen hervorgetan,er ist eingebunden in das brauneNetzwerk sowohl im Landkreis Verden als auchüber die Grenzen Deutschlands hinaus. Erst imFebruar 2005 soll er bei der „Gedenkfeier für dieBombenopfer in Dresden“ gesprochen haben, zuder die „Junge Landsmannschaft Ostpreußen“aufgerufen hatte.Im Oktober 2004 wurde der inzwischen 69-jährige Hennig vom Verdener Amtsgericht wegenVolksverhetzung zu einer Geldstrafe verurteilt,weil er auf Flugblättern den Holocaust verleugnethatte. In der ersten Reihe saß damals HorstMahler. Der frühere RAF-Terrorist und ehemaligeNPD-Anwalt hatte Anfang 2003 zusammen mitHennig das rassistische „Verdener Manifest“verabschiedet.Anke LandwehrAdolf DammannSo lange Adolf Dammann Leiter einerBankfiliale im Alten Land war, hielt sich derstellvertretende Landesvorsitzender der NPD inNiedersachsen mit öffentlichen Auftritten zurück.Dennoch war er schon vor seinem Eintritt in denRuhestand 2003 gelegentlich als Störer bei ihmnicht genehmen Veranstaltungen aufgefallen.Einer breiteren Öffentlichkeit wurde sein Name1999 bekannt. Damals versammelten sich vor seinemHaus im Buxtehuder Ortsteil Neuklosterrund 30 Antifaschisten, weil sie in ihm denAnstifter eines Überfalls auf eine Asylbewerberunterkunftim nahen Kutenholz-Aspe vermuteten.Dammann, der den Verdener NPD-Aufmarschim April 2005 angemeldet hat, gilt in derrechtsradikalen Szenenicht nur des Elbe-Weser-Dreiecks als „brauneEminenz“. Nach eigenemBekunden hat er sich mit18 Jahren dem Rechtsextremismuszugewandt –der Zweite Weltkrieg wargerade zwei Jahre vorbei.Der jetzt 65-Jährige bekleidetseit 1959 Funktionen,zuerst in derDeutschen Reichspartei,dann in der NPD. Seit1989 ist er stellvertretenderVorsitzender der NPDNiedersachsen. Zehn Jahrezuvor war er einer von20 Neonazis, die dasRotenburger Jugendzentrumstürmten. In ihrenAutos wurden Waffen gefunden.Berühmt-berüchtigtist Dammanns „NPD-Scheune“ im Ortszentrumvon Bargstedt (KreisStade). Hier finden seitJahren Schulungen für den NPD-Nachwuchsstatt, an denen auch Heisenhof-Bewohner teilnahmenund teilnehmen – darunter Sascha JörgSchüler, den Dammann als Verden/Rotenburger„Stützpunktleiter“ der Jungen Nationaldemokratenrekrutiert haben soll. Bis 1999 gehörteDammann ein altes Bauernhaus bei Sulingen.Unter der Bezeichung „Kalte Zeit“ war es einTreffpunkt für Neonazis aus Norddeutschland.Der Buxtehuder organisiert bevorzugt denKundgebungs- und Tagungstourismus seinerbraunen Gesinnungsfreunde, pflegt Kontakte zuanderen rechtsextremistischen Organisationenwie den Freien Nationalisten und zu Heisenhof-BetreiberJürgen Rieger. Als der HamburgerNeonazi-Anwalt unlängst vor etwa 40Zuhörern in Wangersen bei Zeven sprach, wollteauch Dammann wissen, „wie Deutschland ausder Krise zu führen ist“. Und vor der Tür verwehrtendie Heisenhofler um Sascha Jörg SchülerUnbefugten den Zutritt zu der konspirativenVeranstaltung im Gasthaus „Zur Post“.Dammann war auch dabei, als in Verden dergeschasste Ex-Brigadegeneral Reinhard Günzelsprach. Eingeladen hatte die „UnabhängigeBürgergemeinschaft“ der Achimer Dieter Frickeund Heinrich Rathjen.Wie er mit Gegnern umzugehen gedenkt,hätte er nur die Möglichkeit dazu, offenbarteDammann im Januar 2004 bei einem NPD-Aufmarsch in Himmelpforten bei Stade. EinemGeistlichen, der mit zu einer Gegendemonstrationaufgerufen hatte, drohte er: „Wenn dieserOrtspfaffe seine Volksverhetzung weiter betreibt,werden wir seinen Tempel aufsuchen, ihn von derKanzel holen und dem Volk erzählen, was erlügt.“ Zuvor hatte er seinen Anhängern die Telefonnummernund Adressen zweier Lokalpolitikergenannt.Nach einem weiteren Vorfall im Januar diesenJahres ist jetzt Anklage sowohl gegen AdolfDammann wie auch seinem 20 Jahre altenZögling Martin Zaha, dem Betreiber derInternetseite der Stader Nationaldemokraten,erhoben worden. Beide müssen sich wegen„Verunglimpfung des Staates und seinerSymbole“ sowie wegen Beleidigung verantworten.Grund dazu lieferte ein Beitrag auf der NPD-Homepage mit Schmähungen gegen den StaderBürgermeister und die örtliche SPD-Bundestagsabgeordnete.Die Politiker stellten Strafanzeige.Daraufhin wurde Zahas Computerbeschlagnahmt.Anke Landwehr4041
Florian CordesEin Dachdecker aus OytenReiselustigDie jungen Neonazis rund um den HeisenhofFlorian Cordes (28), aus Oyten stammendund jetzt in Achim wohnend, soll sich mit 14Jahren der rechtsextremen Szene angeschlossenhaben. Er gilt als Erfinder der „Schuloffensive“der Jungen Nationaldemokraten (JN). DasKonzept „Den Nationalismus in die Schulen tragen“wurde bereits 2001 von ihm entwickelt.Cordes hat NPD/JN-Infostände in der Regionorganisiert und war maßgeblich an Vorbereitungund Durchführung von Schulungen in derBargstedter „NDP-Scheune“ von Adolf Dammannbeteiligt, seinem politischen Ziehvater.Zwischendurch schien es, als sei derJungnazi von der Bildfläche verschwunden. ImMärz 2002 hatte der NPD-Landesvorstand dendamaligen JN-Landesvorsitzenden aus allenÄmtern gejagt – „wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten“,wie der Verfassungsschutz wusste.Doch im Oktober 2004 tauchte Cordes <strong>wieder</strong>auf: Die Bundes-JN wählte ihn zu ihrem stellvertretendenVorsitzenden. Der Dachdecker hattefleißig an seinem politischen Comeback gewerkelt,während der Verfassungsschutz ihn offenbarschon zu den Akten gelegt hatte. Cordes werdenbeste Verbindungen zur NPD-Zentrale in derBundeshauptstadt nachgesagt. So soll er auch ander Organisation des NPD/JN-Aufmarsches am8. Mai in Berlin beteiligt sein.In seiner Heimatregion hält sich der äußerlichunscheinbare Cordes mit öffentlichenAuftritten zurück. Ein Szenekenner: „Der spieltjetzt in einer anderen Liga.“ Als aber der vomseinerzeitigen Bundesverteidigungsminister RudolfScharping unehrenhaft entlassene Ex-Brigadegeneral Reinhard Günzel in Verdensprach, hielt Cordes zusammen mit den Heisenhof-Bewohnernund angereisten Freien KameradschaftenStallwache vor der Tür. Und als inOyten-Schaphusen der „nationale Barde“ FrankRennicke bei einem konspirativen Konzert auftretensollte, hatte Cordes das Schützenhaus übereinen Strohmann anmieten lassen.Anke Landwehr42Neonazis aus Verden bei einer Demonstration.Sascha Jörg Schüler: Der aus Brandenburgzugewanderte Neonazi ist von der NPD zum„Stützpunktleiter“ Verden/Rotenburg ernanntworden. Bis 2003 wohnte Schüler in Buxtehude,wo er vom stellvertretenden NPD-LandesvorsitzendenAdolf Dammann auf seine Aufgabe vorbereitetwurde. Danach zog er zunächst nachStedebergen und dann auf den Heisenhof; hierführt er Riegers rechtsextreme Riege an.Schüler zeichnet für den „Rebell“ verantwortlich.Mit der vor Schulen im LandkreisVerden verteilten „Schülerzeitung“ wollen dieNeofaschisten insbesondere pubertierendeJugendliche für ihre Sache ködern. Schüler kannaus NPD-Sicht als erfolgversprechende Nachwuchskrafteingeschätzt werden. In der Verfolgungseiner Ziele ist er ebenso ehrgeizig wieaggressiv.Der 22-Jährige ist äußerst reiselustig. Woimmer Neonazis sich zu Konzerten, Aufmärschenoder Vorträgen versammeln, ist Schüler nichtweit. Auch beim Rudolf-Heß-Gedenkmarsch inWunsiedel marschierte er mit – und zwaran der Spitze, ein Transparent der JN Verden/Rotenburgtragend. Und beim Versuch, dieAbschlusskundgebung des zweiten Sonntagsspaziergangzum Heisenhof zu stören, warSchüler das Sprachrohr der Neonazis. „Wenn<strong>Sie</strong> Ihre Amtsbefugnisse überschreiten, werden<strong>Sie</strong> böse auf die Fresse fallen“, sagte er mit mühsamunterdrücktem Zorn zu Verdens PolizeichefAxel Rott.Sven Wellhausen: Der 28-Jährige ist zwarKreisvorsitzender der NPD Verden/Rotenburg,aber kein Wortführer. Er betreibt allerdingsmehrere rechtsextremistische Internetseiten under meldete die NPD-Demo in Rotenburg im März2004 an. Bei dieser Demonstration schlug eininzwischen verurteilter Neonazi aus dem Umfeldder als besonders militant eingestuften KameradschaftWeserbergland so heftig auf einen jungenGegendemonstranten ein, dass dieser fast dasAugenlicht verlor. Wellhausen gehört nicht zuden Bewohnern des Heisenhofes, tritt aber häufigmit ihnen auf.Daniel Fürstenberg: Früher „JN-Stützpunktleiter“in Osterholz-Scharmbeck, wo seinElternhaus steht, ist Fürstenberg heute ein rührigerParteisoldat. Gemeinsam mit Sascha JörgSchüler unterstützte er die NPD im schleswigholsteinischenWahlkampf. Beim Aufmarsch derRechts-extremisten in Dresden verteilte er Flugblättermit dem Aufruf, sich an der NPD-Kundgebung am 2. April 2005 in Verden zubeteiligen.Bevor Fürstenberg auf den Heisenhof zog,mischte er bei der Bremer JN an vorderster Frontmit – zusammen mit Janine Blass. Die Mutterseiner beiden Kinder, die bei den Bürgerschaftswahlenin Bremen 2003 für die NPD kandidierte,wurde 2002 zu 120 Arbeitsstunden verurteilt,weil sie Scheiben einer islamischenMoschee eingeworfen hatte. Mit ihren Kindernwohnte sie vorübergehend ebenfalls auf demHeisenhof.Matthias Schulz: Der auch „Winnie Puh“genannte 21-Jährige hat seinen Fotoapparat stetsim Anschlag, um in Diensten der Anti-AntifaGegner zu fotografieren – wahlweise auch derenAutokennzeichen – im Bestreben, darüber dieAdressen ausfindig zu machen. Beim NPD-Bundesparteitag 2004 in Thüringen saß derJungnazi neben Adolf Dammann auf derDelegiertenbank.Durch seine Körperfülle erweckt Schulz denEindruck eines gemütlichen Dicken, doch gilt erals gewaltbereit. Er musste sich bereits wegenLandfriedensbruch und Sachbeschädigung verantworten.Schulz wohnt auf dem Heisenhof.Malte B.: Seit seinem 14. Lebensjahrrechtsextrem, ist der inzwischen 19 Jahre alteVerdener und Bewohner des Heisenhofes eintypischer Mitläufer: Er tut, was andere ihm sagen.Bei der Wahl seiner Mittel soll er nicht zimperlichsein. Es wird berichtet, dass B. bisweilen einenZimmermannshammer als Waffe mit sich trägt.Manuel G.: Der Skinhead gilt als gewaltbereitund ist bei nahezu allen Aktionen der Jungfaschistenanzutreffen. Auf dem Grundstück seinerEltern in Verden-Walle stand die sogenannteHitler-Butze – ein Wohnwagen, der den Neonazisals Treffpunkt diente. Anke LandwehrFlorian Cordes im Kreis seiner Kameraden. Sascha Jörg Schüler in Aktion. Matthias Schulz, genannt „Winnie Puh“. Daniel Fürstenberg, der „rührige Parteisoldat“.43