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Freihandel und Widerstand in Zentralamerika - Ökumenisches Büro ...

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exportorientierte Wachstumsstrategien setzten,um ihre Handelsbilanz mit der Förderungnichttraditioneller Agrarexportgüter (Kiwis,Äpfel, Erdbeeren, We<strong>in</strong>trauben, Birnen, Nüsse,Krabben, Tropenhölzer) zu verbessern. Auch <strong>in</strong>den M<strong>in</strong>if<strong>und</strong>ien wird jede sich bietende Nischeim Weltmarktexport ausgenutzt: Kaffee, Bananen,Zuckerrohr, Kardamon werden durch Zucch<strong>in</strong>i,Sesam, Ch<strong>in</strong>akohl oder andere nichttraditionelleExportprodukte ergänzt. DieseStrategie ist Ende der 90er Jahre nicht nur <strong>in</strong>Guatemala sondern für ganz Mittelamerikagescheitert: Der E<strong>in</strong>satz von Pestiziden hat zue<strong>in</strong>er solchen Belastung der Produkte geführt,dass der Import <strong>in</strong> die USA gestoppt wurde. DieVernichtung der Mangrovenwälder von Hondurasdurch die Garnelenzucht, die Überfischung derKüsten <strong>und</strong> die Abholzung von Primärwaldhaben gewaltige ökologische Schäden <strong>und</strong>Erosionen hervorgerufen. Zusätzlich frisst dieseragro<strong>in</strong>dustrielle Produktionsstandard großeDevisene<strong>in</strong>kommen für nötige Importe fürSaatgut, Pflanzenschutzmittel <strong>und</strong> Pestizide (ca.die Hälfte des Outputs) <strong>und</strong> führt zu erheblichenSteuerausfällen wegen staatlicherSubventionierung.ZusammenfassungObwohl das Agrarexportmodell durch dieStrukturanpassung massiv gefördert wurde,blieb es <strong>in</strong> den 90er Jahren <strong>in</strong> der Krise: währenddie Agrarimporte erheblich anstiegen (<strong>in</strong>Costa Rica verdreifacht), lagen die Agrarexportedeutlich unter ihrem Wert von 1980.Die Gr<strong>und</strong>nahrungsmittelproduktion istbereits <strong>in</strong> diesem Zeitraum weit h<strong>in</strong>ter demBevölkerungswachstum von jährlich 2,7% zurückgeblieben.Die dramatische Abnahme derNahrungsmittelproduktion pro Kopf führt zue<strong>in</strong>er hohen Importabhängigkeit, die bei hohenAuslandsschulden <strong>und</strong> Zahlungsbilanzdefizitenfür die langfristige Ernährungssicherheit absoluttödlich ist. Bereits 1995 wurde die Frage aufgeworfen,warum der durch Bevölkerungswachstum<strong>und</strong> Urbanisierung täglich größerwerdende Markt für Nahrungsmittel den USamerikanischenoder europäischen Billigimportenüberlassen werden sollte?Noch weniger als früher funktioniert auchder „funktionale Dualismus“ zwischen exportorientiertenGroßgr<strong>und</strong>besitzern <strong>und</strong>m<strong>in</strong>if<strong>und</strong>istas, die mit ihren Familien e<strong>in</strong>ekle<strong>in</strong>e Selbstversorgungslandwirtschaft betreiben<strong>und</strong> gleichzeitig als billige Saisonarbeitskräfteauf den Plantagen arbeiten. DieArbeitskräftenachfrage der Exportlandwirtschaftgeht zurück, gleichzeitig wird derGr<strong>und</strong>nahrungsmittelproduktion die Unterstützungdurch Kredite <strong>und</strong> Vermarktung entzogen;so bleibt den kle<strong>in</strong>bäuerlichen <strong>und</strong> landlosenFamilien nur der Weg der Migration <strong>in</strong> dieElendsviertel der Städte oder <strong>in</strong>s Ausland.Spätestens seit den Naturkatastrophen derausgehenden 90er Jahre (Trockenheiten, Überschwemmungen<strong>und</strong> Hurrikane wie Mitch) s<strong>in</strong>dauch die hausgemachten ökologischen Folgender Agrarproduktion deutlich geworden: DieAbholzung verschl<strong>in</strong>gt stündlich 50 ha Tropenwald,e<strong>in</strong> Bauer muss <strong>in</strong>zwischen e<strong>in</strong> Viertelse<strong>in</strong>es E<strong>in</strong>kommens aufbr<strong>in</strong>gen, um das nötigeBrennholz zu kaufen. Die landwirtschaftlicheProduktion auf Hanglagen („Vertreibungslandwirtschaft“)verursacht massive Erosion. Dergrößte Teil des für Landwirtschaftsproduktiongerodeten Landes liegt brach; die Hälfte derlandwirtschaftlichen Nutzfläche ist für dieAgrarproduktion nicht mehr geeignet.Die traditionellen Forderungen der Campes<strong>in</strong>os/asnach e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>tegralen Agrarreform mitkostenloser Landübereignung <strong>in</strong> kommunaler,kooperativer oder <strong>in</strong>dividueller Trägerschaft,nach Obergrenzen für privates Landeigentum,Rechtssicherheit, verbessertem Kreditzugang,Ausbau der Infrastruktur <strong>und</strong> Förderung derkle<strong>in</strong>en <strong>und</strong> mittleren Produzenten durchSchutzzölle s<strong>in</strong>d weiterh<strong>in</strong> unerfüllt geblieben.Dabei wäre es absolut notwendig, e<strong>in</strong>eVersorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmittelnzu sichern <strong>und</strong> sich der Abhängigkeit vonNahrungsimporten durch die Großunternehmenso weit als möglich zu entziehen. Denn tendenziellunterliegt auch die Versorgung mit demLebensnotwendigsten, wie Nahrung <strong>und</strong> Wasser,immer stärker den Marktgesetzen <strong>und</strong> derökonomischen Zentralisierung. Ist diese Versorgungerst e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> den Händen von Monopolen,so ist sie der Kontrolle der Menschen praktischentzogen. Ganze Länder <strong>und</strong>Bevölkerungen wären ausgeliefert <strong>und</strong> erpressbar.Insofern ist Nahrungssicherheit e<strong>in</strong> wichtigespolitisches Ziel: wenngleich nicht für dieRegierungen Mittelamerikas, dafür umso mehrfür viele ProduzentInnen <strong>und</strong> KonsumentInnen.22 | <strong>Freihandel</strong> <strong>und</strong> <strong>Widerstand</strong> <strong>in</strong> <strong>Zentralamerika</strong>

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