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Freihandel und Widerstand in Zentralamerika - Ökumenisches Büro ...

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KlägerInnen, die von e<strong>in</strong>em renommiertenRechtsanwalt kostenlos vertreten wurden,bezweifelten das <strong>in</strong> der Verfassung bei Enteignungengeforderte „öffentliche Interesse“. E<strong>in</strong>sehr e<strong>in</strong>leuchtender Zweifel, denn die Regierunghatte ja selbst stolz den privatwirtschaftlichenCharakter des Projektes betont. Die Beschwerdewurde vom Gericht zugelassen <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Aufschubdes Baubeg<strong>in</strong>ns bis zur Urteilsverkündunganordnet.Eskalation des Konfliktes <strong>und</strong> E<strong>in</strong>lenkender RegierungNachdem der Konflikt sieben Monate vor sichh<strong>in</strong> geschwelt hatte, begann er plötzlich, gefährlichzu eskalieren. Im Juni 2002 entdeckendie BewohnerInnen von Atenco, dass trotz desGerichtsbeschlusses, der Arbeiten am Flughafenuntersagt hatte, nachts heimlich Vermessungsarbeitendurchgeführt werden. Die erwischtenArbeiterInnen werden von der wütenden Bevölkerungfestgenommen. Genau so ergeht es e<strong>in</strong>paar Tage später e<strong>in</strong>er Arbeitsgruppe, die versuchtBodenproben für Baugr<strong>und</strong>untersuchungenzu entnehmen.Am 11. Juli kommt es zu gewalttätigenAuse<strong>in</strong>andersetzungen, über 30 verletzte Bäuer<strong>in</strong>nen<strong>und</strong> Bauern werden <strong>in</strong>s Krankenhause<strong>in</strong>geliefert. E<strong>in</strong>er von ihnen stirbt dort nachzwei Wochen. Ob der Tod tatsächlich die Folgeder erlittenen Misshandlungen oder auf dieDiabeteserkrankung des Patienten zurückzuführenist, bleibt umstritten. Die Gewalttätigkeiteng<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong>deutig von der Polizei aus, die ansche<strong>in</strong>endihre zahlenmäßige Überlegenheitausnutzten wollte, die AnführerInnen des<strong>Widerstand</strong>es <strong>in</strong>s Gefängnis zu br<strong>in</strong>gen. DieGegenseite revanchierte sich <strong>und</strong> nahmPolizistInnen als Geiseln. E<strong>in</strong> paar Tage spätererklärt sich die Regierung plötzlich, nach fastneun Monaten, zu Verhandlungen bereit. E<strong>in</strong>wirklicher Dialog kommt aber nicht zustande, dadie Regierung nur über die Höhe der Entschädigungenreden will.Am 1. August lenkt die Regierung plötzliche<strong>in</strong>. In e<strong>in</strong>er Presseerklärung gibt sie bekannt,dass der Standort Texcoco fallen gelassen wird<strong>und</strong> die Enteignungsverfügungen rückgängiggemacht werden. Als Gr<strong>und</strong> wird ausdrücklichdie ablehnende Haltung der Bevölkerung genannt.Außerdem macht die Regierung dieziemlich überraschende Mitteilung, dass nachneun Monaten plötzlich e<strong>in</strong>e „überzeugendeAlternative für e<strong>in</strong>en vergrößerten Flughafen imZentrum des Landes entdeckt“ worden sei. Wogenau sie die „überzeugende Alternative“ entdeckthat, lässt sie offen. E<strong>in</strong> paar Tage späterersche<strong>in</strong>t im offiziellen Anzeiger der B<strong>und</strong>esregierung(Diario Oficial de la Federación) e<strong>in</strong>eVerfügung, die sämtliche Enteignungen vomOktober 2001 widerruft. Die Bäuer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong>Bauern von Texcoco mit ihrer Organisation„Frente Unido de Comunidades contra elAeropuerto“ haben gesiegt.Was waren die Gründe für den Erfolg des<strong>Widerstand</strong>es <strong>in</strong> Atenco?Sicher spielte die Solidarisierung e<strong>in</strong>e wichtigeRolle. Viele nationale Organisationen, Gewerkschaften,Menschenrechtsgruppen, StudentInnen,KünstlerInnen <strong>und</strong> vor allem Organisationender Indígenas unterstützten dieAktivitäten der Bäuer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Bauern vonAtenco. E<strong>in</strong>e Gruppe von BürgerInnen der USA,die an e<strong>in</strong>er 1.-Mai-Demonstration zu Gunstendes <strong>Widerstand</strong>es <strong>in</strong> Atenco teilgenommenhatten, wurde des Landes verwiesen.Wichtig war auch, dass die Strategie derRegierung, die Protestierenden als l<strong>in</strong>ksradikaleM<strong>in</strong>derheit <strong>und</strong> QuerulantInnen zu diffamieren,nicht aufg<strong>in</strong>g. Dies zeigen ganz deutlich dieErgebnisse e<strong>in</strong>er Radioumfrage vom Juli 2002.Selbst <strong>in</strong> den Tagen nach den gewalttätigenAuse<strong>in</strong>andersetzungen vom 11. Juli, als sich diePresse <strong>in</strong> Diffamierungskampagnen gegenüberdem <strong>Widerstand</strong> von Texcoco überschlug, warenimmer noch 85% der Befragten der Me<strong>in</strong>ung,dass die Bäuer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Bauern ihre legitimenInteressen verträten, <strong>und</strong> 74% waren dafür, dassdie Regierung angesichts des <strong>Widerstand</strong>es derBevölkerung nach e<strong>in</strong>em anderen Standortsuchen sollte.E<strong>in</strong>e sehr wichtige Rolle für den <strong>Widerstand</strong>haben ansche<strong>in</strong>end Vorbilder aus der mexikanischenGeschichte gespielt. „¡Zapata vive, lalucha sigue!“ (Zapata lebt, der Kampf gehtweiter!) war von Beg<strong>in</strong>n an e<strong>in</strong>e der beliebtestenLosungen bei allen K<strong>und</strong>gebungen. Beie<strong>in</strong>igen Protestdemonstrationen wurde e<strong>in</strong>eStatue von Emilio Zapata mitgeführt <strong>und</strong> <strong>in</strong>Atenco wurde e<strong>in</strong> Wandbild mit dem Titel„Zapata vive“ <strong>in</strong>stalliert. Der Jahrestag dermexikanischen Revolution sah e<strong>in</strong>e der machtvollstenDemonstrationen der Bäuer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong>Bauern von Texcoco.Der Name Zapata stand aber auch für dieneue Bewegung der ZapatistInnen von der FZLN(Frente Zapazista de Liberación Nacional). Sie50 | <strong>Freihandel</strong> <strong>und</strong> <strong>Widerstand</strong> <strong>in</strong> <strong>Zentralamerika</strong>

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