Alle<strong>in</strong> Carlos Castaño <strong>und</strong> Victor Caranza, diebeiden großen Paramilitärkommandanten der1990er, sollen mehrere Millionen Hektar Landunter ihre Kontrolle gebracht haben. DieseLeute gehören heute zum kolumbianischenEstablishment. Wie konsolidiert ihre Positionist, ist allerd<strong>in</strong>gs schwer zu sagen. Es ist vorstellbar,dass die alten Eliten diese Emporkömml<strong>in</strong>geschon bald zu beseitigen versuchen werden.4. Der Kampf gegen soziale Bewegungen<strong>und</strong> GewerkschaftenIn Kolumbien wurden 90% der politischen Mordean Gewerkschaftern begangen. In den letzten 13bis 14 Jahren wurden mehr als 2000 Angehörigeder CUT, des größten Dachverbands, ermordet.Man sieht sehr schnell, welches Kalkül dieseVerbrechen verfolgen. Die Morde richten sichgegen Gegner von Privatisierungen von Staatsbetriebenoder gegen Gewerkschafter, die geradeArbeitskämpfe führen. Bei Nestlé häuften sichAnfang der 90er die Morde an Gewerkschafternauffällig, wenn Tarifverhandlungen anstanden.Ob die Unternehmensleitungen die Attentatedirekt anordnen, ist schwer zu sagen. Fest stehtjedoch, dass der Paramilitarismus sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>eneoliberale Gesamtstrategie e<strong>in</strong>bettet.Es gibt legale <strong>und</strong> illegale Praktiken, mitdenen die Zerschlagung von Gewerkschaftengleichermaßen vorangetrieben wird. So forciertePräsident Alvaro Uribe Anfang der 90er Jahre –damals noch als Abgeordneter – den Abbau vonArbeitsschutzgesetzen. Dieser Abbau wurde<strong>in</strong>teressanterweise mit der gleichen Argumentationgerechtfertigt wie hier die E<strong>in</strong>führung derHartz-Vorschläge: E<strong>in</strong> Jobw<strong>und</strong>er wollte manangeblich schaffen. Tatsächlich sorgten dieReformen dafür, dass feste Beschäftigungsverhältnissezur Ausnahme wurden <strong>und</strong> damit dergewerkschaftliche Organisierungsgrad enormzurückg<strong>in</strong>g – prekär Beschäftigte s<strong>in</strong>d jederzeitvon ihren Arbeitgebern erpressbar.Diese Vorgehensweise wird durch dieOutsourc<strong>in</strong>g-Politik transnationaler Konzerneverstärkt. Coca Cola ist hier e<strong>in</strong> bekanntesBeispiel. Der Konzern regelt die Produktion überLizenznehmer. Diese wiederum lassen sich ihreArbeiter häufig von Zeitarbeitsfirmen stellen, sodass es für die Beschäftigten kaum noch möglichist, den eigentlichen Gegner bei e<strong>in</strong>emArbeitskonflikt auszumachen. Zu viele Zwischen<strong>in</strong>stanzens<strong>in</strong>d dazwischen geschaltet. BeiCoca Cola s<strong>in</strong>d von 10.000 ArbeiterInnenmittlerweile nicht e<strong>in</strong>mal mehr 1000 Menschenfest angestellt. Die anderen können sich faktischnicht organisieren, da sie sonst ihren Joblos s<strong>in</strong>d.Diese Strategien schwächen die Gewerkschaftenenorm, aber sie machen sie häufignoch nicht so hörig, wie der kolumbianischeStaat <strong>und</strong> das Kapital im Land es sich wünschen.An dieser Stelle kommen die paramilitärischenGruppen zum Tragen: Sie greifen dieverbliebenen kämpferischen Gewerkschaften an.Bei Coca Cola s<strong>in</strong>d auf diese Weise neun Aktivistenerschossen worden. Die Sektion <strong>in</strong> Carepa(Nordkolumbien) wurde völlig zerschlagen.Selbst wenn die Unternehmensleitungensolche Attentate nicht anordnen, decken diesesich jedoch mit ihren Zielen.5. Geostrategische Projekte wie der PlanColombiaDer Plan Colombia, der große Militärhilfeplander USA, der mittlerweile knapp 2 Milliarden US-Dollar (<strong>in</strong> den letzten 5 Jahren) umfasst, beziehtsich nicht nur auf Kolumbien, sondern iste<strong>in</strong>e Hegemoniesicherung <strong>in</strong> der ganzen Region.L<strong>in</strong>ke <strong>in</strong> den Nachbarländern bezeichnen Kolumbienals e<strong>in</strong>e Art Flugzeugträger. So kann <strong>in</strong>andere Konflikte <strong>in</strong>terveniert werden. Wie z.B.<strong>in</strong> Venezuela, wo e<strong>in</strong>e Aneignungsdynamik vonunten <strong>in</strong> Gang gesetzt worden ist, die die US-Regierung um jeden Preis stoppen will. Mit Hilfeder Aufrüstung Kolumbiens wird e<strong>in</strong>erseits e<strong>in</strong>Drohpotenzial aufgebaut, andererseits kann manmit Hilfe des kolumbianischen Paramilitarismusauch direkt im venezolanischen Konflikt <strong>in</strong>tervenieren.Es gibt Grenzverletzungen, mittlerweilean die 100 politische Morde an venezolanischenKle<strong>in</strong>bauern-Führern durch Paramilitärsaus Kolumbien.Auch hier lässt sich die Verb<strong>in</strong>dung vonneoliberaler Globalisierung <strong>und</strong> Militarisierungsehr deutlich zeigen: Mit der Kriegs<strong>in</strong>tervention<strong>in</strong> Kolumbien betreiben die USA e<strong>in</strong>e Politikgegen die sozialen Bewegungen <strong>in</strong> der ganzenRegion. Es geht um die militärische Sicherunge<strong>in</strong>es wirtschaftlichen Erschließungsplans.“<strong>Freihandel</strong> <strong>und</strong> <strong>Widerstand</strong> <strong>in</strong> <strong>Zentralamerika</strong> | 41
Protest <strong>und</strong> <strong>Widerstand</strong> <strong>in</strong> El Salvador aufErfolgskurs?Das Beispiel der Bewegung gegen Privatisierungim Ges<strong>und</strong>heitswesenIn den Jahren 2002 <strong>und</strong> 2003 gelangen <strong>in</strong>El Salvador mehrere bee<strong>in</strong>druckende <strong>und</strong> wirksameMobilisierungen. Es kam zu Protest <strong>und</strong><strong>Widerstand</strong> gegen verschiedene Projekte, die mitdem <strong>Freihandel</strong>svertrag CAFTA <strong>und</strong> dem PlanPuebla Panamá im Zusammenhang stehen.So fand am 12. Oktober 2002 <strong>in</strong> ganzMittelamerika e<strong>in</strong> Protesttag gegen die <strong>Freihandel</strong>sverträgemit den USA <strong>und</strong> das InfrastrukturprojektPlan Puebla Panamá statt. Der Protesttagwar beim III. Mesoamerikanischen Forum(vgl. Artikel „Ke<strong>in</strong> Ende der Geschichte“) im Juli2002 <strong>in</strong> Managua beschlossen worden. InEl Salvador nahmen mit 23.000 Menschen überraschendviele an Blockaden der zentralenStraßen, Brücken <strong>und</strong> den Landesgrenzen teil.Wenig später g<strong>in</strong>gen erst 50.000, dann 75.000Menschen <strong>in</strong> weißer Kleidung auf die Straße, umgegen geplante Privatisierungen im Ges<strong>und</strong>heitswesenzu protestieren. Diese so genanntenweißen Märsche, denen noch weitere Demonstrationen,Blockaden <strong>und</strong> Besetzungen folgten,begleiteten den neunmonatigen Streik derbeiden großen Gewerkschaften des Sozialversicherungs<strong>in</strong>stituts,STISSS (Angestellte) <strong>und</strong>SIMETRISSS (ÄrztInnen). Die Privatisierungsbemühungender Regierung konnten durch den<strong>Widerstand</strong> zwar nicht gestoppt, aber aufgehaltenwerden. Massiven <strong>Widerstand</strong> gab es auchgegen den Bau e<strong>in</strong>er Stadtautobahn, die durchmehrere Armenviertel von San Salvador führensoll. Die Straße ist Teil des Plan Puebla Panamá.Die Bauarbeiten wurden vorerst e<strong>in</strong>gestellt.Bei den Mobilisierungen zu diesen Aktionengelang es laut Aussage verschiedener Organisationen<strong>und</strong> Bündnisse, die zunächst abstraktenThemen <strong>Freihandel</strong>, Infrastrukturprojekte,Ges<strong>und</strong>heit ist e<strong>in</strong> Recht <strong>und</strong> ke<strong>in</strong>e Ware – Ne<strong>in</strong> zur Privatisierung!WTO <strong>und</strong> Strukturanpassung mit den Auswirkungendieser Politik <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung zu br<strong>in</strong>gen,die die Leute konkret zu spüren bekommen.Speziell bei den Demonstrationen gegen diePrivatisierungen im Ges<strong>und</strong>heitswesen g<strong>in</strong>gen so42 | <strong>Freihandel</strong> <strong>und</strong> <strong>Widerstand</strong> <strong>in</strong> <strong>Zentralamerika</strong>