Kormoran- und Fischbestand
Kormoran- und Fischbestand
Kormoran- und Fischbestand
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Einfluss des <strong>Kormoran</strong>s auf Fischbestände<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich gibt es drei methodische Ansätze,<br />
den Einfluss des <strong>Kormoran</strong>s auf den <strong>Fischbestand</strong><br />
in einem Gewässer zu ermitteln:<br />
· durch Erhebung der Fischfauna vor <strong>und</strong> nach<br />
dem <strong>Kormoran</strong>einflug: solche Daten sind eher<br />
glücklichen Umständen zu verdanken, denn so<br />
gut wie nirgends wurde wegen eines drohenden<br />
<strong>Kormoran</strong>einfluges der <strong>Fischbestand</strong> erfasst.<br />
Auch ist die Erhebung auf leicht befischbare<br />
Gewässer begrenzt.<br />
· durch Analysen von Fangserien: das erfordert<br />
statistisch verwertbare Aufzeichnungen über<br />
Erträge der Fischerei sowie eine Abschätzung<br />
der anderen Einflussfaktoren über den zu<br />
untersuchenden Zeitraum, denn nicht nur<br />
der <strong>Kormoran</strong> kann für Veränderungen verant-<br />
wortlich sein. Prüft man die vorhandenen<br />
Daten auf ihre Qualität, ist diese meist nicht<br />
ausreichend.<br />
· durch Einflussberechnungen über Bilanzen:<br />
dieser Ansatz rechnet die Fischentnahme hoch<br />
über die Zahl der <strong>Kormoran</strong>e, ihren Nahrungs-<br />
bedarf, die Nahrungszusammensetzung <strong>und</strong> die<br />
Verweildauer der Vögel am Gewässer. Dann<br />
kann auf einen Ertragsausfall geschlossen werden.<br />
Im Folgenden ist das Augenmerk zunächst wertfrei<br />
auf den Einfluss des <strong>Kormoran</strong>s auf Fischbestände<br />
gerichtet – ohne Überlegungen zum<br />
Schaden. Denn eine Entnahme von Fischen oder<br />
eine Abnahme des <strong>Fischbestand</strong>es ist nicht von<br />
vornherein gleichzusetzen mit einem Schaden.<br />
Zum Schaden wird der Vorgang erst durch eine<br />
Wertung.<br />
Lehrbeispiel <strong>Fischbestand</strong>sänderungen<br />
an der Dorfen<br />
Zu den Glücksfällen von Bestandserhebungen<br />
vor <strong>und</strong> nach einem Ersteinfall von <strong>Kormoran</strong>en<br />
gehört die gut belegte Veränderung der Fischfauna<br />
an der Dorfen, einem kleinen Fließ-<br />
gewässer in der Münchner Schotterebene. Hier<br />
erfolgte eine jährliche Bestandserhebung durch<br />
Elektrofischen, zunächst ohne einen Gedanken<br />
an <strong>Kormoran</strong>e, denn die Motive waren andere.<br />
Einer der Fischereiberechtigten, Michael von<br />
Siemens, Fischbiologe <strong>und</strong> Betreiber der Fischzucht<br />
Thalhamer Mühle, war an der Gewinnung<br />
von Laichäschen interessiert – darin lag das<br />
40<br />
Hauptmotiv der Bestandserhebung. Mitten in<br />
die Routineerhebungen kamen die in Bayern fußfassenden<br />
<strong>und</strong> durchziehenden <strong>Kormoran</strong>e. Ihr<br />
hier belegter Einfluss ist ein Lehrbeispiel.<br />
Die Dorfen, ein quellnahes Gewässer, entspringt<br />
nahe dem Ismaninger Speichersee. Sie fließt klar<br />
<strong>und</strong> im Sommer kalt durch die Dörfer Notzing<br />
<strong>und</strong> Schwaig, am Großflughafen vorbei in die<br />
Isar bzw. den Isarkanal. Im Winter ist die Dorfen<br />
relativ warm <strong>und</strong> offen – das wird ihren Fischen<br />
zum Verhängnis.<br />
Der hier untersuchte 6,5 km lange Abschnitt<br />
der Dorfen fließt bald nach der Quelle ruhig<br />
dahin, 8 bis 20 m breit bei einem Abfluss von<br />
2 cbm/s. Es gibt reichlich Unterwasserpflanzen im<br />
Sommer <strong>und</strong> eine sehr gute Nährtierproduktion.<br />
Seit langem galt der Bach als hervorragendes<br />
Salmonidengewässer mit selbst reproduzierenden<br />
Äschen, Bach- <strong>und</strong> Regenbogenforellen, vielen<br />
Mühlkoppen <strong>und</strong> gelegentlichen Bachschmerlen.<br />
Nichtsalmoniden wie Hechte, Aitel, Rotaugen<br />
<strong>und</strong> Karpfen sind von Natur aus selten.<br />
Nur wenige Personen befischen das Wasser mit<br />
der Angel, entnommen werden dabei ausschließlich<br />
Forellen. Äschen, auch die elektrisch<br />
gefangenen Laichäschen, werden zurückgesetzt.<br />
Für die <strong>Fischbestand</strong>serhebung bietet es sich an,<br />
das 6,5 km lange Fischwasser in 6 Teilstrecken<br />
zu gliedern, deren letzte fließt durch das Dorf<br />
Notzing.<br />
Die für die einzelnen Teilstrecken ermittelten<br />
Fische werden auf eine Fläche von 1 ha hochgerechnet,<br />
eine übliche Methode, die Vergleiche<br />
ermöglicht. Obwohl die Dorfen am Oberlauf<br />
nicht groß ist, hatte sie 1988 <strong>und</strong> 1989 einen<br />
beachtlichen <strong>Fischbestand</strong>.<br />
Dann, im Jahr 1990, kam der <strong>Kormoran</strong> in<br />
großen Flügen. Zuerst reduzierten die Vögel<br />
den <strong>Fischbestand</strong> an der ergiebigsten <strong>und</strong> für sie<br />
leicht zu befischenden Teilstrecke 5 – sie fließt<br />
offen über landwirtschaftliches Gebiet. Schon<br />
innerhalb des ersten Jahres war die elektrisch<br />
erfassbare Fischdichte auf unter 50 Prozent<br />
des Vorjahres gesunken.<br />
Sie sackte in den darauf folgenden Jahren weiter<br />
ab <strong>und</strong> stieg erst wieder ein wenig an, nachdem<br />
mit einer Vergrämung von <strong>Kormoran</strong>en durch<br />
Abschuss begonnen wurde.<br />
Ökologisch gesehen<br />
sind <strong>Kormoran</strong>e <strong>und</strong><br />
Fische ein Räuber-<br />
Beute-System. Fallstudien<br />
fördern das<br />
Systemverständnis. Die<br />
Untersuchungen an der<br />
Dorfen sind besonders<br />
aufschlussreich.