10geringerer Tagfalterartenzahl, die für die Vielfalt in Thüringen von hoher Bedeutung sind, sodas östliche Thüringer Schiefergebirge mit der Oberen Saale, wo Fetthennenbläuling <strong>und</strong>Violetter Feuerfalter in guten Beständen leben.• LibellenDie großen <strong>und</strong> mittleren Fließgewässer haben durch Verbesserung der Wasserqualität injüngster Zeit ihre ursprüngliche Funktion als Libellenlebensräume wieder erhalten. Nach denPrachtlibellen, die bereits nach 1990 wieder häufiger wurden, sind aktuell weitere Flusslibellendabei, Thüringen wieder zu besiedeln. Die Bedeutung der traditionsreichen Fischteicheum Plothen, im Altenburger Land, im Sonneberger Unterland oder um Ilmenau sowieder eher zerstreut vorhandenen weiteren Teiche ist insgesamt hoch.Gräben spielen ebenfalls eine große Rolle für Thüringer Libellen. Hier sind vor allem dieGräben in den Flussauen <strong>und</strong> -niederungen von Unstrut, Gera <strong>und</strong> Helme bemerkenswert,zumal deren Umgebung oft ausgesprochen artenarm ist. Arten wie Helm-Azurjungfer <strong>und</strong>Vogel-Azurjungfer besitzen hier deutschlandweite Vorkommensschwerpunkte <strong>und</strong> auch derKleine Blaupfeil kommt regelmäßig vor.Gewässer in ehemaligen Abbaugruben können ebenfalls wertvoll sein, wie dies z. B. für dieehemaligen Torfstiche bei Mühlberg, die Herbslebener Teiche oder die Gewässer im KalksteinbruchCaschwitz oder in Restgewässern im Altenburger Land belegt ist. Bedeutsam sindauch alle noch vorhandenen Moorgewässer <strong>und</strong> die Hochmoore des Thüringer Waldes mit derAlpen-Smaragdlibelle <strong>und</strong> Zwischenmoore, z. B. bei Bad Klosterlausnitz, wo die ArktischeSmaragdlibelle lebt.Die angeführten Beispiele zeigen, dass je nach den Ansprüchen der Arten sehr verschiedeneLandschaften <strong>und</strong> Biotope Bedeutung besitzen. Es muss aber betont werden, dass auch kleinflächigeBereiche mit geringen Artenzahlen für die Biodiversität von Bedeutung sind, wennsie letzte Refugien darstellen. So sind in Thüringen z. B. Salzstellen, Stromtalwiesen, Blockhalden,Gipskarst- oder Keuperstandorte, Quellen, Bachoberläufe <strong>und</strong> Moore, oft nur von sehrgeringer Größe <strong>und</strong> wegen der extremen Lebensbedingungen meist nur von wenigen Artenbewohnt. Allerdings sind die vorkommenden Arten oft höchst gefährdete Spezialisten, die nurhier leben können. Manchmal weist ein Anstieg der reinen Artenzahl in diesen Biotopen sogarauf eine Verschlechterung des Zustandes hin.In Thüringen kommen etwa 90 Biotoptypen vor. Über 80 % dieser Biotoptypen wurden in derRoten Liste als gefährdet eingeschätzt. Für die Erhaltung der Artenvielfalt besitzen dieBiotoptypen eine unterschiedliche Bedeutung. Verschiedene mitteleuropäische Lebensräumebesitzen einen Verbreitungsschwerpunkt innerhalb Thüringens. Eine besondere Verantwortungbesteht für die Erhaltung naturnaher Waldbiotope, unter denen die Buchenwälder vonNatur aus in Thüringen eine herausragende Rolle spielen. Hierbei sind es vor allem dieKalkbuchenwälder in Form von Orchideen- <strong>und</strong> Waldmeisterbuchenwäldern, aber auchHainsimsen-Buchenwälder auf sauren Böden in verschiedenen Höhenlagen. Darüber hinausbesitzt Thüringen beachtliche Reste von Eichen-Hainbuchenwäldern, die ihre Entstehungvielfach historischen Waldnutzungsformen verdanken. Bedeutende Vorkommen gibt es auchvon Erlen-Eschen-Auwäldern, Schlucht- <strong>und</strong> Blockhaldenwäldern sowie von Trockenwäldern.Unter den Biotoptypen des Offenlandes sind vor allem die Kalk-Trocken- <strong>und</strong> Halbtrockenrasenhervorzuheben. Sie reichen von den kontinental getönten Steppenrasen des Kyffhäusersüber die orchideenreichen Halbtrockenrasen der Umgebung Jenas bis zu den ausgedehntenKalkmagerrasen der Vorderrhön. Im Komplex mit diesen stehen trockene Staudenfluren,Trockengebüsche, Streuobstwiesen, an Steilhängen Kalk-Fels- <strong>und</strong> -schuttfluren sowie in denatlantisch getönten Bereichen auch Wacholderheiden <strong>und</strong> Kalktuff-Quellen. Letztere liegenoft in engem Kontakt mit kleineren Kalk-Flachmooren.
11Auch für die Erhaltung oft angrenzender, meist skelettreicher Kalkäcker besitzt Thüringeneine besondere Verantwortung. Neben Sachsen-Anhalt verfügt Thüringen über die bedeutendstenBinnensalzstellen Deutschlands <strong>und</strong> auch über ein sehr repräsentatives Vorkommen vonSchwermetallrasen an den Bottendorfer Hügeln. Bemerkenswert sind ebenfalls die Häufungenvon Erdfällen in den Gipskarst- <strong>und</strong> einigen Buntsandsteingebieten. Darüber hinaus liegenbedeutende Vorkommen von verschiedenen Biotopen der Mittelgebirge, wie Bergwiesen(Gebirgs-Frischwiesen <strong>und</strong> Borstgrasrasen), Silikat-Felsfluren (insbesondere in Durchbruchstälern),Bergbächen <strong>und</strong> einigen Regenmooren, in Thüringen.3.3 Veränderungen der ArtenvielfaltDie Artenvielfalt Thüringens unterliegt einem zeitlichen Wandel. Schon in vorhistorischerZeit wurde sie durch Zuwanderer oder eingeschleppte Arten bereichert. Eine erste „Invasion“erfolgte mit der Etablierung der <strong>Landwirtschaft</strong> in der Jungsteinzeit, eine zweite nach derEntdeckung Amerikas <strong>und</strong> eine dritte mit dem zunehmenden Warenaustausch nach derIndustrialisierung. Die klimatischen Bedingungen in Thüringen haben aber bisher die Etablierungweiterer fremder Arten verhindert.Dieser Entwicklung der Arten steht ab etwa der Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts ein zunehmenderVerlust vieler Arten <strong>und</strong> Vorkommen gegenüber. So sind große Teile der ArtenvielfaltThüringens inzwischen bedroht. In so genannten Roten Listen werden die gefährdetenArten Thüringens aufgelistet. Vor allem infolge von Veränderungen der Landnutzung stehtknapp die Hälfte aller Arten auf der Roten Liste.Tab. 2: Übersicht zur Gefährdung der Tiere, Pflanzen, Pflanzengesellschaften <strong>und</strong>Biotope im Jahr 2001 (Quelle: Rote Listen Thüringen 2001)Artengruppe / Lebensraum Arten/ gefährdete Arten <strong>und</strong> Anzahl (Anteil in %)Typengesamtausgestorben aussterben bedroht gesamtWirbeltiere 302 31(11)32(11)164(54)Wirbellose 8.903 838(9)912(10)4.383(49)Pflanzen einschl. Pilze 7.798 582(8)466(6)3.090(40)Pflanzengesellschaften 633 16(3)49(8)318(50)Biotoptypen 87 1(1)9(10)74(85)Die Roten Listen zeigen die Gefährdungsschwerpunkte für einzelne ökologische Gruppen auf.Gefährdet sind danach besonders Arten, die an Lebensräume mit extremen Standortbedingungengeb<strong>und</strong>en sind, wie sehr trockene, nasse oder nährstoffarme Biotope. Mehrfachwerden Arten der Trockenbiotope hervorgehoben, obwohl Thüringen aus b<strong>und</strong>esweiter Sichtfür diese einen Verbreitungsschwerpunkt darstellt <strong>und</strong> für ihren Schutz daher eine besondereVerantwortung trägt. Auch Arten anderer Lebensräume, die in Thüringen jedoch schon immeretwas seltener waren, werden aufgeführt, wie Bewohner von Mooren, Binnensalzstellen odervon Sandlebensräumen (Blatthornkäfer, Blattkäfer, Farn- <strong>und</strong> Blütenpflanzen). Immer wiederwerden Bewohner von Auenbiotopen als besonders gefährdet hervorgehoben, da fast alle