46Mittels umfangreicher Fachverfahren werden Inventuren über naturschutzrelevante Strukturenim Wald durchgeführt (Waldbiotopkartierung, Meldungen zur NATURA 2000-Gebietskulisse,Erhebung seltener Baumarten), besondere Schutzfunktionen räumlich dargestellt(Waldfunktionenkartierung) <strong>und</strong> die Ergebnisse als Gr<strong>und</strong>lage für die Beurteilung desZustandes der Biodiversität im Wald <strong>und</strong> eines im Kontext der Multifunktionalität naturschutzfachlichenAnforderungen gerecht werdenden Managements genutzt.• Erfassung <strong>und</strong> Regelung nachteiliger externer EinwirkungenDie von außen auf die Ökosysteme Wald nachteilig einwirkenden biotischen <strong>und</strong> abiotischenFaktoren werden erfasst <strong>und</strong> ausgewertet (Waldzustandserfassung, Bodenzustandserfassung,Waldmessstationen, Klimawandelauswertungen) sowie im forstlichen Wirkungskreis nachKräften vermindert. Eine lange Tradition haben hierbei die Bodenschutzkalkungen zurKompensation der durch Schadstoffeinträge bedingten Versauerungen von Boden <strong>und</strong> Wasser<strong>und</strong> den damit einhergehenden Änderungen der Lebensgemeinschaften. Hinsichtlich desnachweisbaren Wandel des Klimas werden die Potentiale des Waldes als Kohlenstoffsenke,aber auch die erforderlichen Maßnahmen zur Erhaltung <strong>und</strong> Verbesserung der Anpassungsfähigkeitder Wälder an sich ändernde Wuchs- <strong>und</strong> Konkurrenzbedingungen entwickelt. Deranhaltenden Inanspruchnahme von Waldflächen für Siedlungs-, Gewerbe- <strong>und</strong> Verkehrswegeflächenbzw. Zerschneidungseffekten werden gesetzliche <strong>und</strong> fachplanerische Instrumente(Forstliche Rahmenplanung, Waldmehrungskonzeption, Kompensationsflächenpools)gegenübergestellt.• Erhaltung <strong>und</strong> Nutzung der biologischen Vielfalt durch nachhaltige Bewirtschaftungsowie ergänzender Strategien <strong>und</strong> KonzepteIm Sinne des integrierten multifunktionalen Ansatzes nimmt die Entwicklung <strong>und</strong> Umsetzungnaturnaher Waldbaukonzepte eine Schlüsselrolle für den Schutz der biologischen Vielfalt imWald auf der gesamten Fläche ein. Das hierbei kennzeichnende gezielte Einbeziehen natürlicherAbläufe <strong>und</strong> Selbstregulierungsprozesse fördert sowohl unmittelbar wie mittelbarkomplexe ökologische Strukturen. Die naturnahe Waldbewirtschaftung setzt insbesondere aufNaturverjüngung, Waldumbau von nicht hinreichend standortsgemäßen, wenig strukturiertenReinbeständen, Kahlschlagsverzicht, Belassen von Alters-/Zerfallsphasen, natur- <strong>und</strong> landschaftsschonendeWalderschließung <strong>und</strong> boden-/bestandespfleglichen Forstmaschineneinsatzsowie integrierten Waldschutz. Daneben werden spezielle Prozessschutzflächen unterhalten<strong>und</strong> insbesondere zur Beobachtung natürlicher Dynamik genutzt (z. B. Naturwaldparzellenkonzept).Projektbezogene Konzepte zur Sicherung <strong>und</strong> Förderung von ausgewähltenLebensräumen <strong>und</strong> Arten, wie z. B. zur Renaturierung von Waldmooren <strong>und</strong> von Waldfließgewässern,zur Entwicklung lichter Waldstrukturen, zur Unterstützung seltener Tierarten (z.B. Rauhfußhühner, Feuersalamander, Kreuzotter) <strong>und</strong> Pflanzenarten (z. B. Tanne, Eibe,Wildobst, Sorbus-Kleinarten, Schwarzpappel, Frauenschuh) sind direkt auf den Schutz derbiologischen Vielfalt gerichtet. Zur Unterstützung autochthoner Arten <strong>und</strong> Rassen beiBäumen <strong>und</strong> Sträuchern werden in-situ- <strong>und</strong> ex-situ-Genressourcen-Erhaltungsmaßnahmendurchgeführt (Zulassung von Saatgutbeständen, Anlage von Generhaltungssamenplantagen).• Entwicklung von Anreizmaßnahmen/FörderinstrumenteBereits seit 1993 bestehen im Rahmen der von EU, B<strong>und</strong> <strong>und</strong> Freistaat gemeinsam getragenenFörderung von forstwirtschaftlichen Maßnahmen nach dem B<strong>und</strong>esgesetz über die Gemeinschaftsaufgabe„Verbesserung der Agrarstruktur <strong>und</strong> des Küstenschutzes“ finanzielle Anreizefür Maßnahmen zur Umstellung auf naturnahe Waldwirtschaft, insbesondere durch langfristigeÜberführung von Reinbeständen in Mischbestände. 2006 wurde darüber hinaus mitdem Programmteil „Förderung der Umsetzung besonderer Anforderungen des <strong>Naturschutz</strong>esbei der Waldbewirtschaftung im Privat- <strong>und</strong> Körperschaftswald“ ein spezielles Vertragsnaturschutzkonzeptfür den Wald aufgenommen. Dieses Konzept schafft Anreize für gezielteMaßnahmen zur Erhaltung <strong>und</strong> Entwicklung von Waldlebensräumen <strong>und</strong> Habitaten. Die
47Förderung hat sich bewährt <strong>und</strong> ist daher auch Bestandteil der „Förderinitiative LändlicheEntwicklung in Thüringen“ 2007-2013 (FILET).Bilanz• WaldbiotopkartierungDie Waldbiotopkartierung stellt eine zur Beurteilung der Biodiversität im Wald <strong>und</strong> sichdaraus ergebender Konsequenzen für die Waldbewirtschaftung gr<strong>und</strong>legende Erfassung dar.Sie wurde im Erstdurchgang 1993 bis 2005 eigentumsübergreifend als Gemeinschaftsprojektder Forst- <strong>und</strong> <strong>Naturschutz</strong>verwaltung durchgeführt. Im Ergebnis wurden r<strong>und</strong> 277.000Biotope erfasst. Besonders geschützte Biotope nach § 18 ThürNatG kommen danach auf ca.2,6 % der Waldfläche in Thüringen vor. Bezogen auf die potentiell natürliche Vegetation kannetwa die Hälfte aller Waldbiotope der Kategorie „naturbestimmt“ zugeordnet werden. DiesesErgebnis wird durch die B<strong>und</strong>eswaldinventur II 2002 gestützt.• NATURA 2000Im Zuge der Meldungen zur NATURA 2000-Gebietskulisse, die hinsichtlich derWaldlebensraumtypen maßgeblich auf Waldbiotopkartierungsergebnissen aufbaute, zeigtesich, dass mit 174.505 ha (r<strong>und</strong> 2/3) der größte Teil der Flächen in den NATURA 2000-Gebieten (siehe Kap. 4.2) mit Wald bestockt ist. Knapp 50 % der Waldfläche in den FFH-Gebieten sind als Waldlebensraumtypen gemäß Anhang I der FFH-Richtlinie erfasst. Dabeidominieren die Buchenwald-Lebensräume eindeutig. Dieses Ergebnis unterstreicht dennaturschutzfachlichen Wert der Wälder insgesamt <strong>und</strong> gerade der heimischen Buchenwälderfür den Erhalt der Arten- <strong>und</strong> Lebensraumvielfalt in Thüringen. Es ist nicht zuletzt auch dasErgebnis einer über Generationen hinweg praktizierten, verantwortungsbewussten Pflege <strong>und</strong>Nutzung der Wälder durch die verschiedenen Waldbesitzer.• WaldfunktionenkartierungMit der eigentumsübergreifenden digital vorliegenden Waldfunktionenkartierung von 2001<strong>und</strong> ihrer Aktualisierung von 2006 (siehe Abbildung 6) wurden auf ca. 95 % der GesamtwaldflächeThüringens besondere Waldfunktionen festgestellt. Besondere Schutzfunktionenleisten danach 85 % der Gesamtwaldfläche, besondere Nutzfunktionen 45 % <strong>und</strong> besondereErholungsfunktionen 33 %. Hieraus wird ersichtlich, dass die Ansprüche an die Waldflächenumfangreich <strong>und</strong> vielfältig sind. Bei Überlagerungen verschiedener besonderer Waldfunktionengilt es im Sinne des Integrationsansatzes auf Gr<strong>und</strong>lage forstlichen Sachverstandesakzeptierte Kompromisslösungen für die weitere forstliche Pflege abzuleiten.