Partizipation der K<strong>in</strong>der ermöglichenPerspektiven e<strong>in</strong>. Die Beteiligungsmöglichkeiten, die Erwachsene <strong>K<strong>in</strong>dern</strong> e<strong>in</strong>räumen,wer<strong>den</strong> die Entwicklung positiver Haltungen zum Leben <strong>und</strong> Lernen nachhaltigbee<strong>in</strong>flussen.Edeltraud Prokop ist Leiter<strong>in</strong> der Städtischen K<strong>in</strong>derkrippe Felicitas-Füss-Straße <strong>in</strong>München, Truder<strong>in</strong>g. Sie hat <strong>den</strong> Bayerischen <strong>Bildung</strong>s- <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>splan bereitsmit ihrer Modelle<strong>in</strong>richtung erprobt. Seit Mai 2009 arbeitet die K<strong>in</strong>derkrippe auch alsKonsultationse<strong>in</strong>richtung. In der E<strong>in</strong>richtung wird Partizipation der K<strong>in</strong>der großgeschrieben.Im folgen<strong>den</strong> Interview gibt die Leiter<strong>in</strong> E<strong>in</strong>blicke, wie Partizipation <strong>in</strong> <strong>den</strong>ersten Lebensjahren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>derkrippe konkret aussehen kann <strong>und</strong> wie sie dasZusammenspiel <strong>von</strong> Partizipation <strong>und</strong> Ko-Konstruktion sieht <strong>und</strong> praktiziert.123
Schlüsselprozesse guter <strong>Bildung</strong>iPartizipation <strong>von</strong> Anfang an – Interview mit Edeltraud ProkopPartizipation ist <strong>von</strong> kle<strong>in</strong> auf möglich. Wie sieht Partizipation im Alltag konkretaus, wenn sich K<strong>in</strong>der noch nicht oder kaum sprachlich artikulieren können?Wichtig ist, dass die Räume transparent s<strong>in</strong>d, die K<strong>in</strong>der wissen, wo was passiert<strong>und</strong> der Tagesablauf für sie erkennbar ist. Wenn K<strong>in</strong>der zum Beispiel etwas tr<strong>in</strong>kenwollen, dann wissen sie, ich kann <strong>in</strong> die Küche gehen; wenn Getränke für sie sichtbarbereit stehen, zeigen kle<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>der dort h<strong>in</strong>. Nachhaltig <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung gebliebenist mir e<strong>in</strong> Beispiel, wie sich e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d mitteilen kann, weil es e<strong>in</strong>fach nur dieseTransparenz vorf<strong>in</strong>det: E<strong>in</strong> zehn Monate alter Junge krabbelte <strong>in</strong> die Küche, trank<strong>von</strong> se<strong>in</strong>er Flasche, zeigte sie uns <strong>und</strong> schüttelte <strong>den</strong> Kopf. Als er bemerkte, dasswir se<strong>in</strong>e Äußerung nicht sofort verstan<strong>den</strong>, krabbelte er zur Schublade mit <strong>den</strong>Saugern. Er wusste, wo wir diese herausholen, weil die K<strong>in</strong>der immer dabei s<strong>in</strong>d,wenn wir ihre Milchflaschen herrichten. Er nahm e<strong>in</strong>en Sauger heraus, <strong>den</strong> wirgegen <strong>den</strong> anderen austauschten. Er trank <strong>und</strong> nickte mit dem Kopf. Als wir uns<strong>den</strong> abgemachten Sauger ansahen, wurde klar, er war verstopft.E<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d, das mit uns flirtet, macht deutlich, dass es sich unterhalten <strong>und</strong> Zuwendungwill, was zugleich e<strong>in</strong> Zeichen für Wohlbef<strong>in</strong><strong>den</strong> ist. K<strong>in</strong>der zeigen das mitihrer Mimik <strong>und</strong> Körpersprache. Auch ihr We<strong>in</strong>en ist als Ausdrucksform ernst zu nehmen.Das Wichtigste für K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d fe<strong>in</strong>fühlige Erwachsene, die ihre Signale erkennen.Wenn wir Erwachsene diese nicht erkennen oder zulassen, dann wird e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>dirgendwann nicht mehr <strong>den</strong> Versuch machen, sich mitzuteilen. Die Frage »Was trauich dem K<strong>in</strong>d zu?« spielt <strong>in</strong> <strong>den</strong> ersten Lebensjahren e<strong>in</strong>e zentrale Rolle. Oft stehenwir Erwachsenen uns bei deren Beantwortung selbst im Weg, weil wir Hypothesenaufstellen, wie: Dafür ist es noch zu kle<strong>in</strong>, das kann es noch nicht. Wichtigist zu überprüfen, ob diese Hypothesen auch stimmen, das heißt sich <strong>und</strong> demK<strong>in</strong>d mehr zuzutrauen <strong>und</strong> im Weiteren mal genau h<strong>in</strong>zuschauen, was passiert.Von Ihnen stammt der Ausspruch: »Partizipation beg<strong>in</strong>nt am Wickeltisch.« Wie kanndie Beteiligung des K<strong>in</strong>des <strong>in</strong> Wickelsituationen konkret aussehen?Bei uns hat jedes K<strong>in</strong>d, direkt im Wickeltisch <strong>in</strong>tegriert, se<strong>in</strong>e eigene Schublade.Die K<strong>in</strong>der wissen auch, wo ihre Schublade ist, die wir mit dem Schriftzug ihresVornamens markiert haben. Sie kennen schon <strong>den</strong> Schriftduktus, was mich immerwieder überrascht. Gerade vorh<strong>in</strong>, als ich <strong>in</strong>s Bad g<strong>in</strong>g, habe ich e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>jährigenbeobachtet, der jede Schublade aufzog <strong>und</strong> h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> schaute, bis er se<strong>in</strong>e Wäscheerkannt hatte. Wir haben auch e<strong>in</strong>e Treppe am Wickeltisch, das heißt, die K<strong>in</strong>derkönnen so selbst h<strong>in</strong>aufsteigen. Meist br<strong>in</strong>gen sie dabei auch ihre W<strong>in</strong>del mit, diesie zuvor aus der Schublade herausgeholt haben. Die K<strong>in</strong>der cremen sich auchselbst e<strong>in</strong>, <strong>und</strong> sie zeigen, ob sie lieber im Stehen gewickelt wer<strong>den</strong> wollen.124