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Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in den ... - Bayern

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Das K<strong>in</strong>d <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Kompetenzen im MittelpunktPersonen B<strong>in</strong>dungsbeziehungen entwickelt, s<strong>in</strong>d diese e<strong>in</strong>deutig hierarchisch geordnet,das heißt, das K<strong>in</strong>d bevorzugt e<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>dungsperson vor <strong>den</strong> anderen. Hat e<strong>in</strong>K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>dung zu e<strong>in</strong>er bestimmten Person aufgebaut, so kann diese nicht ausgetauschtwer<strong>den</strong>. Längere Trennungen über mehrere Wochen oder gar der Verlustdieser B<strong>in</strong>dungsfigur führen zu schweren Trauerreaktionen <strong>und</strong> großem seelischenLeid (Grossmann & Grossmann 2004). Kurzfristige Trennungen <strong>von</strong> se<strong>in</strong>en primärenBezugspersonen – wie zum Beispiel der Besuch e<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>dertagese<strong>in</strong>richtung – verursachenzwar Stress für das K<strong>in</strong>d, können jedoch bei e<strong>in</strong>er sensibel gestaltetenÜbergangsphase gut bewältigt wer<strong>den</strong> (vgl. Kapitel 3.2).Die unterschiedlichen <strong>und</strong> immer wieder auftauchen<strong>den</strong> Interaktionserlebnisse (zumBeispiel Wickeln, Füttern, Trösten, Spielen) mit se<strong>in</strong>er jeweiligen B<strong>in</strong>dungsperson verarbeitetdas K<strong>in</strong>d schließlich zum »<strong>in</strong>neren Arbeitsmodell <strong>von</strong> B<strong>in</strong>dung«. Mary A<strong>in</strong>sworth(1978) konnte <strong>in</strong> ihren Studien zeigen, dass K<strong>in</strong>der schon im Alter <strong>von</strong> e<strong>in</strong>emJahr ganz unterschiedliche <strong>in</strong>nere Arbeitsmodelle <strong>von</strong> B<strong>in</strong>dung haben, die sich im Verhaltender K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Trennungssituation zeigten.B<strong>in</strong>dung <strong>und</strong> ExplorationDer Begründer der B<strong>in</strong>dungstheorie, John Bowlby (1969), hat als erster erkannt, dassK<strong>in</strong>der <strong>von</strong> Geburt an sowohl mit e<strong>in</strong>em B<strong>in</strong>dungsverhaltenssystem als auch mite<strong>in</strong>em Explorationsverhaltenssystem ausgestattet s<strong>in</strong>d, <strong>und</strong> dass diese bei<strong>den</strong> phylogenetischangelegten Verhaltenssysteme <strong>von</strong> Anfang an das Verhalten des K<strong>in</strong>desbestimmen <strong>und</strong> damit se<strong>in</strong> Überleben <strong>und</strong> das Überleben der Art sichern. Währenddas B<strong>in</strong>dungsverhalten dazu dient, die Nähe zur B<strong>in</strong>dungsperson aufrecht zu erhaltenoder wiederzugew<strong>in</strong>nen, um dort Schutz zu f<strong>in</strong><strong>den</strong>, ermöglicht das Explorationsverhaltendie Erk<strong>und</strong>ung der Umwelt <strong>und</strong> ist damit die Gr<strong>und</strong>lage allen Lernens. Bowlby(1969; 1987/2003) hat darüber h<strong>in</strong>aus beschrieben, dass diese bei<strong>den</strong> Verhaltenssystemekomplementär s<strong>in</strong>d, das heißt, dass das Explorationsverhaltenssystem nurdann aktiviert wer<strong>den</strong> kann, wenn das B<strong>in</strong>dungsverhaltenssystem deaktiviert ist <strong>und</strong>umgekehrt. K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d also <strong>von</strong> Geburt an »geborene Lerner«, sie s<strong>in</strong>d <strong>von</strong> Geburtan – genau genommen schon vorgeburtlich – verhaltensbiologisch dafür ausgestattetzu erk<strong>und</strong>en <strong>und</strong> zu lernen. Die Bereitschaft zur Exploration, also zur Ause<strong>in</strong>andersetzungmit der Umwelt, ist jedoch nur dann gegeben, wenn das B<strong>in</strong>dungsverhaltenssystemberuhigt ist. Das B<strong>in</strong>dungsverhaltenssystem wird durch je<strong>den</strong> Zustand<strong>von</strong> Unwohlse<strong>in</strong> aktiviert. Dazu gehören Hunger, Durst, Müdigkeit genauso wie Angst,Fremdheit <strong>und</strong> Überreizung. Zunächst versucht der Säugl<strong>in</strong>g durch We<strong>in</strong>en die Nähezur B<strong>in</strong>dungsperson wiederherzustellen, später durch Arme ausstrecken, Hochziehen,Nachfolgen usw. Durch <strong>den</strong> Körperkontakt zur primären B<strong>in</strong>dungsperson (meist dieMutter) wird das B<strong>in</strong>dungsverhaltenssystem wieder beruhigt <strong>und</strong> das Explorationssystemkann wieder aktiviert wer<strong>den</strong>. Mit Vollendung des ersten Lebensjahres kannman beobachten, wie Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>der ihre B<strong>in</strong>dungsperson als »sichere Basis« nutzen,40

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