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Demokratische Republik Kongo - MGFA

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Kinshasa: Porträt einer Stadt<br />

völkerung zu Kolonialzeiten dem westkongolesischen Volk<br />

der Bakongo angehörte, war selten identitätssti�end (vgl. den<br />

Beitrag von Eric Muller). Die ethnischen Gruppen in Kinshasa<br />

wurden schon unter der belgischen Herrscha� gezielt durchmischt,<br />

zum Beispiel durch Zuzug alleinstehender Frauen aus<br />

der Bergbauregion Kasai, deren Männer in den Minen arbeiteten.<br />

Sogar in einzelnen Parzellen lebten Familien unterschiedlicher<br />

Volksgruppen neben- und miteinander. Das Fehlen einer<br />

gemeinsamen Herkun� verringerte den Zwang, sich Traditionen<br />

verpflichtet zu fühlen, und förderte den individuellen Aufstieg.<br />

Durch diese Stadtgeschichte stand und steht Kinshasa bis<br />

heute für den Bruch mit dem »alten <strong>Kongo</strong>«. Wer dorthin geht,<br />

befreit sich von lästigen dörflichen und ländlichen Bindungen.<br />

Er – vor allem aber: sie – kann sich neu erfinden, Unabhängigkeit<br />

an den Tag legen, ein selbstbestimmtes Leben führen, zur Moderne<br />

aufschließen und sich zumindest gedanklich der großen<br />

weiten Welt zugehörig fühlen. Kinshasa bedeutet, verglichen mit<br />

der Provinz, Freiheit und Abenteuer. Die schlechte Infrastruktur<br />

im riesigen <strong>Kongo</strong> macht es so gut wie unmöglich, aus der<br />

Hauptstadt in den Rest des Landes zu reisen. Kinshasa ist eine<br />

Welt für sich.<br />

»Kinois«, wie sich die Bewohner Kinshasas nennen, haben<br />

dadurch im Selbstverständnis etwas gemeinsam, was sie von anderen<br />

<strong>Kongo</strong>lesen unterscheidet. Sogar Kinshasas einheimische<br />

Sprache Lingala kommt nicht aus der Region, sondern aus dem<br />

Siedlungsgebiet der Bangala im äußersten Norden <strong>Kongo</strong>s. Von<br />

dort aus verbreiteten sie die Belgier und später Mobutu als gemeinsame<br />

Sprache von Armee und Militär, sozusagen als einheimisches<br />

Gegenstück zur Verwaltungssprache Französisch.<br />

Die Entwicklung und das Wachstum Kinshasas haben die<br />

spezifische Kin-Identität in den letzten Jahrzehnten nicht erschüttern<br />

können, aber sie haben die Stadt teils bis zur Unkenntlichkeit<br />

verändert. Zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit 1960 ha�e<br />

das damalige Leopoldville 400 000 Einwohner – drei Jahre später<br />

war es schon eine Million. Anfang der 1990er Jahre schätzte man<br />

vier bis fünf Millionen Einwohner, heute sind es sechs bis acht<br />

Millionen. Die Stadt ist längst über die Ebene am Fluss hinausgewachsen.<br />

Sie hat die Hügel im Umland erobert und sich vom<br />

Fluss entfernt. Es sind riesige Viertel ohne Verkehrsanbindung<br />

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