Demokratische Republik Kongo - MGFA
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II. Strukturen und Lebenswelten<br />
entstanden, von denen aus das Stadtzentrum einen Tagesmarsch<br />
entfernt ist. Hier gelten – unterhalb des Existenzminimums – eigene<br />
Gesetze des Überlebens. Das Lebensgefühl, für das Kinshasa<br />
steht, ist hier nur noch am Horizont sichtbar. Es spiegelt sich in<br />
den Hochhäusern von Gombe, als immer präsenter und nie erreichbarer<br />
Traum. Hier können Verzweiflung und Elend leicht in<br />
Wut und Hass umschlagen, wenn die reiche Elite das Volk wieder<br />
einmal von wirtscha�lichen und politischen Entscheidungen<br />
fernhalten will.<br />
Das Bevölkerungswachstum der Hauptstadt war in Krisenzeiten<br />
des <strong>Kongo</strong> besonders stark, denn Verzweifelte aus dem<br />
Umland und aus entfernten Landesteilen strömten in die Metropole.<br />
Die <strong>Kongo</strong>kriege seit 1996 sollen groben Schätzungen zufolge<br />
zwei Millionen Menschen zur Wanderung nach Kinshasa<br />
bewogen haben. Sie leben nicht als sichtbare Flüchtlinge oder<br />
Vertriebene, sondern kommen bei Freunden und Verwandten<br />
unter. Die durchschni�liche Haushaltsgröße hat somit stark zugenommen<br />
und soll heute bei rund acht Personen liegen. Vor den<br />
Kriegen waren es immerhin nur fünf Personen pro Haushalt.<br />
Diese Belastung wäre schon unter normalen Umständen<br />
schwierig, aber sie geht zusätzlich einher mit dem weitgehenden<br />
Zusammenbruch der produktiven Wirtscha�. Die staatliche<br />
Ausbeutung der Ökonomie unter Mobutu und die von oben genehmigten<br />
Plünderfeldzüge von Präsidentengarde und Armee<br />
in Kinshasa zwischen 1991 und 1993 stürzten fast die gesamte<br />
Stadtbevölkerung ins Elend. 1997 marschierten die siegreichen<br />
Rebellen von Laurent-Désiré Kabila an der Spitze einer von Ruanda<br />
geführten Eingrei�ruppe in der Hauptstadt ein, erschöp�<br />
nach einem siebenmonatigen Gewaltmarsch quer durch das riesige<br />
Land, aber von den Slumbewohnern Kinshasas mit Jubel begrüßt.<br />
Zu diesem Zeitpunkt war die Staatsgewalt bereits so gut<br />
wie verschwunden. Die zivilgesellscha�liche Selbstorganisation<br />
(vgl. den Beitrag von Christiane Kayser) ha�e demgegenüber<br />
immer mehr Ordnungsfunktionen übernommen. Dies sorgte<br />
1997 sowie beim Ausbruch des zweiten <strong>Kongo</strong>krieges 1998<br />
dafür, dass Kinshasa nicht zum Schlachtfeld wurde.<br />
Die gesellscha�liche Selbstorganisation verhinderte aber<br />
nicht, dass Kinshasa während des Krieges weiter ins Elend<br />
stürzte. Kinshasa ist heute eine Stadt der permanenten Impro-<br />
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