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Naturwissenschaftliche Erkenntnis und gesellschaftliche Interessen (II)

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190 Holger Jeske<br />

handelt werden. Damit werden Auswirkungen der Biologie auf die<br />

industrielle Produktion benannt. Es wird weiter auch der volkswirtschaftliche<br />

Nutzen erwähnt. Dieser bleibt aber von der Gebrauchswertseite,<br />

nicht so sehr von der Tauschwertseite bestimmt.<br />

Dagegen untersuchen Lange u. a. auch die Wirkung biologischer <strong>Erkenntnis</strong>se<br />

auf die Ökonomie. So wird ausführlich auf die Verwertung<br />

von Fisch <strong>und</strong> seinen Tauschwert eingegangen (<strong>II</strong>, 54). Die<br />

Technisierung der Landwirtschaft <strong>und</strong> ihre Bedeutung für die A r -<br />

beitszeit wird diskutiert (122 ff.) <strong>und</strong> auf die wirtschaftliche Seite<br />

bezogen:<br />

„Heute versucht man, durch Zusammenlegen von Gr<strong>und</strong>stücken<br />

(Flurbereinigung) <strong>und</strong> Neuanlagen von Rebflächen, den Weinbau<br />

konkurrenzfähiger zu gestalten. Dazu gehört auch, daß viele Winzer<br />

heute genossenschaftlich organisiert sind. — Begründe die Veränderung<br />

im Weinbau! Denke dabei an Rationalisierung, Beratung, Arbeitskräfte,<br />

Löhne, Absatz... !" (<strong>II</strong>, 142)<br />

Die Begriffe „Arbeit", „Arbeitskraft" <strong>und</strong> „Arbeitszeit" werden<br />

jedoch durcheinandergebracht, so daß schließlich die Maschinen die<br />

Arbeit leisten <strong>und</strong> die Werte schaffen. Im Klett, P, wird dieser Tatbestand<br />

sogar soweit verkehrt, daß der Wald für den Lebensunterhalt<br />

sorgt <strong>und</strong> nicht die menschliche Arbeit:<br />

„Diese Menschen <strong>und</strong> ihre Angehörigen verdanken dem Wald<br />

ihren Lebensunterhalt" (102).<br />

Betrachtet man die vorliegenden Bücher insgesamt, so muß festgehalten<br />

werden, daß die Entwicklung der Biologie als Produktivkraft<br />

in den letzten 70 Jahren in der Mehrzahl der Bände keinen<br />

Niederschlag gef<strong>und</strong>en hat. Speziell den Hauptschülern wird die<br />

Biologie eines Landmannes, Försters <strong>und</strong> Gärtners vorgesetzt. Der<br />

Einfluß, den die Biologie auf die Produktion <strong>und</strong> damit auf alle Lebensbereiche,<br />

auch des Schülers, ausübt, wird kaum erwähnt. Dadurch<br />

wird dem Schüler die Möglichkeit versperrt, zu begreifen,<br />

warum der Erwerb biologischer Kenntnisse für ihn wichtig sein<br />

sollte.<br />

2. Geschichte der Biologie, Rolle des Forschers<br />

Eines der gemeinsamen Kennzeichen der vorliegenden Schulbücher<br />

ist es, daß Wissenschaftsgeschichte, wenn überhaupt, betrieben<br />

wird, indem Forscherpersönlichkeiten <strong>und</strong> Jahreszahlen genannt<br />

werden. Unkritisiert wird z. B. K. v. Frisch zitiert, der schreibt:<br />

„Ich traute meinen Augen nicht... Das war wohl die folgenreichste<br />

Beobachtung meines Lebens" (Lange u. a., <strong>II</strong>, 31).<br />

Das „Aha"-Erlebnis des individuellen Forschers wird als Methode<br />

wissenschaftlichen Erkennens dargestellt, ohne die langwierigen <strong>und</strong><br />

schwierigen Versuche zu erwähnen, <strong>und</strong> ohne auf die systematische<br />

Kleinarbeit einzugehen. Der Eindruck wird erweckt, als sei Wissenschaft<br />

eine Sammlung von Gedankenblitzen. So fügte es bei Kruse/<br />

Stengel der „Zufall", „daß im Jahre 1900 die von Mendel gef<strong>und</strong>enen<br />

Vererbungsgesetze wiederentdeckt wurden" (145).<br />

DAS A R G U M E N T 96/1976 ©

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