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Naturwissenschaftliche Erkenntnis und gesellschaftliche Interessen (II)

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244 W. Köhler, J.-W. Landsberg <strong>und</strong> C. Pulvermacher<br />

da Zwillinge die mütterliche Zuwendung, Zeit, Pflege mit dem Zwillingsgeschwister<br />

teilen müssen. Der Zwillingspartner ist ständiger<br />

Spiel- <strong>und</strong> Kontaktpartner, kann aber auch Konkurrent in vielen<br />

Bedürfnissen sein. Oft kommt es zu besonderen sozialen Umgangsformen<br />

der Betreuer mit den Zwillingen <strong>und</strong> der Zwillinge untereinander.<br />

Die psychologischen Umwelteinflüsse innerhalb eines Paares<br />

können für jeden Partner durchaus verschieden sein, abhängig<br />

vom Verhalten der Eltern, von einschneidenden Erlebnissen wie<br />

Krankheit, Unfall usw. Weiterhin ist es problematisch, die Umweltvarianzen<br />

für eineiige <strong>und</strong> zweieiige Zwillinge gleichzusetzen, da<br />

elterliche Verhaltensweisen sicher beeinflußbar sind vom unterschiedlichen<br />

oder gleichartigen Verhalten bei den verschiedenen<br />

Zwillingstypen. Ferner wurde beobachtet, daß eineiige Zwillinge<br />

mehr Zeit miteinander verbringen als zweieiige Zwillinge, d. h. die<br />

psychosozialen Umwelteinflüsse können quantitativ unterschiedlich<br />

sein. Bei eineiigen Zwillingen kann es zu einem Gleichheitsstreben<br />

kommen, bei zweieiigen Zwillingen zu einem Differenzierungsbedürfnis<br />

(Husén, 1960). Diese Einwände gelten besonders für die<br />

klassische Zwillingsmethode.<br />

Bezüglich des Untersuchungsmaterials sind bei allen Zwillingsvergleichen<br />

folgende Voraussetzungen notwendig: alle zu vergleichenden<br />

Zwillingspaare sollten der gleichen Population entstammen,<br />

über deren Erb- <strong>und</strong> Umweltdeterminanten Aussagen gemacht werden<br />

sollen. Sie sollten übereinstimmen im Alter, Geschlecht, der<br />

kulturellen <strong>und</strong> geographischen Herkunft. Vergleiche zwischen eineiigen<br />

<strong>und</strong> zweieiigen Zwillingen unterschiedlichen Alters sind fragwürdig,<br />

da das Alter für das zu untersuchende Merkmal sehr wesentlich<br />

sein kann. Für die Materialgewinnung sind Serien von<br />

Zwillingen erforderlich, Einzelkasuistik <strong>und</strong> Sammelkasuistik unterliegen<br />

zu großen methodischen Mängeln. Bei der Gewinnung von<br />

Serien müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein (Literaturübersicht<br />

siehe Vogel, 1961), von denen Repräsentativität <strong>und</strong> Auslesefreiheit<br />

als besonders wesentlich erscheinen. Die untersuchte Zwillingspopulation<br />

soll weitgehend repräsentativ sein für die Gesamtbevölkerung<br />

in Hinblick auf soziale Schichtung, Beruf, Einkommen, Geschlecht,<br />

Alter, Konfession <strong>und</strong> geographische Lage. Es soll keine Auswahl<br />

nach Interessantheit stattfinden, was der Fall wäre, wenn ein am<br />

Nachweis des Erbes interessierter Forscher nur eineiige Zwillingspaare,<br />

die bezüglich der Intelligenzausprägung übereinstimmen, bzw.<br />

nicht übereinstimmende zweieiige Zwillingspaare betrachtet <strong>und</strong><br />

ein Umwelttheoretiker nur eineiige Zwillingspaare, die Unterschiede<br />

aufweisen. Bei Berücksichtigung aller dieser Einwände <strong>und</strong> Voraussetzungen<br />

verlieren die von Erlenmeyer-Kimling <strong>und</strong> Jarvik (1963)<br />

zusammengestellten Daten an Aussagekraft, zumal sie eine Zeitspanne<br />

von ca. zwei Generationen umfassen. Es wurden keine einheitlichen<br />

Intelligenztests verwendet, der Stichprobenumfang der<br />

einzelnen Gruppen war unterschiedlich groß, außerdem unterschieden<br />

sich die Probanden im Alter, der kulturellen, sozioökonomischen<br />

<strong>und</strong> geographischen Herkunft. Zu der Schwierigkeit, eine genügend<br />

DAS A R G U M E N T 96/1976 ©

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