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Naturwissenschaftliche Erkenntnis und gesellschaftliche Interessen (II)

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356 Besprechungen<br />

Über die aktuelle Bedeutung für Guinea-Bissao hinaus sind diese<br />

Aufsätze als Beispiele <strong>und</strong> Ausgangspunkte einer marxistischen Beschäftigimg<br />

mit der Unterentwicklung Schwarzafrikas anzusehen;<br />

deren Untersuchung <strong>und</strong> Kritik ist vor allem durch Samir Amin im<br />

ökonomischen Bereich geleistet worden, während das Feld der politischen<br />

Analyse bisher fast ausschließlich der etablierten Politikwissenschaft<br />

vorbehalten war.<br />

Cabrais eigener Beitrag zu einer Klassenanalyse Schwarzafrikas<br />

ist in seiner Positionsbestimmung des Kleinbürgertums zu sehen,<br />

dessen entscheidende Rolle im revolutionären Kampf vor <strong>und</strong> nach<br />

der Unabhängigkeit im Zentrum seiner Theorie steht. Für ihn ist<br />

„die einheimische Kleinbourgeoisie die einzige soziale Schicht....<br />

die fähig ist, ein reales Bewußtsein von der imperialistischen Herrschaft<br />

zu erlangen <strong>und</strong> den von dieser Herrschaft geerbten Staatsapparat<br />

zu leiten" (57). Gleichzeitig aber ist er sich der Ambivalenz<br />

der sozialen Position dieser Schicht bewußt, die dazu führt, daß sie<br />

sich „entweder mit dem Imperialismus <strong>und</strong> den reaktionären Schichten<br />

im eigenen Land verbünden (kann), um sich selbst als Kleinbürgertum<br />

zu erhalten, oder (sie) kann sich mit den Arbeitern <strong>und</strong><br />

Bauern verbünden, die ihrerseits die Macht an sich nehmen werden,<br />

um die Revolution zu machen" (25 f.). Die nationalistische <strong>und</strong> revolutionäre<br />

Potenz des Kleinbürgertums ist also niemals a priori zu<br />

bestimmen, sondern muß durch die Untersuchung seiner Politik<br />

während des antikolonialen Kampfes <strong>und</strong> danach ermittelt werden.<br />

Da das Dilemma dieser Schicht in der Alternative besteht, „die Revolution<br />

zu verraten oder als Klasse Selbstmord zu begehen" (59), ist<br />

eine positive Lösung an diesem Scheideweg von der Bewußtseinsentwicklung<br />

entscheidend abhängig; dies wiederum erklärt die Bedeutsamkeit<br />

einer ideologisch konsistenten Führung <strong>und</strong> Partei im<br />

Kampf gegen Kolonialismus <strong>und</strong> Neokolonialismus.<br />

Vor- wie Nachwort sind von der rapiden Entwicklung Portugals<br />

<strong>und</strong> der erfolgten Unabhängigkeit Bissaos überholt worden. Dennoch<br />

muß die Behauptung des Herausgebers, daß „ein Funktionieren der<br />

kapitalistischen Wirtschaftsordnung vom Weiterbestehen der wirtschaftlichen<br />

Ausbeutungsmöglichkeiten im südlichen Afrika <strong>und</strong> in<br />

den portugiesischen Kolonien . . . abhängig ist" <strong>und</strong> eine Unabhängigkeit<br />

der Kolonien den Kontakt zwischen Südafrika <strong>und</strong> Europa<br />

u. U. unmöglich machen würde (10), als zu <strong>und</strong>ifferenziert <strong>und</strong> pauschal<br />

bestritten werden. Zum einen unterschätzt sie in gefährlicher<br />

Weise die Anpassungsfähigkeit des Kapitalismus, zum anderen widerstreitet<br />

sie genau derjenigen Art von historisch konkreter Analyse,<br />

von der sich Cabrai eine Unterstützung Afrikas durch die europäische<br />

Linke versprach (28 ff.). Reinhard Körner (Berlin/West)<br />

Schulze, Willi: L i b e r i a . Länderk<strong>und</strong>liche Dominanten <strong>und</strong> regionale<br />

Strukturen. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt<br />

1973 (397 S., br., 44,— DM).<br />

Der Verfasser legt mit diesem Buch eine nicht nur für Geographen<br />

ergiebige F<strong>und</strong>quelle vor. Er hat ausgezeichnetes statistisches Mate-<br />

DAS A R G U M E N T 96/1976 ©

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