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Naturwissenschaftliche Erkenntnis und gesellschaftliche Interessen (II)

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350 Besprechungen<br />

Die Scheinobjektivität <strong>und</strong> -wissenschaftlichkeit der Hillgruberschen<br />

Großmächtekonzeption erlaubt es, seine offen parteilichen<br />

tagespolitischen „Prognosen" als den „Erfahrungshorizont des wissenschaftlich<br />

arbeitenden Historikers" nicht sprengend, also „wissenschaftlich"<br />

f<strong>und</strong>iert auszugeben (10). Denn aus der Ost-West-Konstellation,<br />

in welcher der Osten als das Negative schlechthin unterstellt<br />

wird, leitet er als „oberstes Gebot" die „entschlossene <strong>und</strong> harte<br />

Verteidigung der eigenen Gesellschaftsordnung gegen Kommunisten<br />

<strong>und</strong> Mitläufer" ab (166). Unter dieser Prämisse werden bishèr tabuisierte<br />

Sachverhalte offen ausgesprochen: der Charakter der Entnazifizierung<br />

in den Westzonen wird kaum verfälscht (24, 155); daß<br />

die USA Initiatoren des Kalten Krieges waren, mehrfach hervorgehoben<br />

(18, 28); die Spaltung Deutschlands schließlich eindeutig<br />

dem auf „Westanschluß" fixierten Adenauer-Konzept angelastet,<br />

wobei die Angebote der UdSSR zu gesamtdeutschen Wahlen <strong>und</strong> zu<br />

einem neutralen Gesamtdeutschland (bis 1955) keineswegs unerwähnt<br />

bleiben (25 f., 32 f., 66 f.). Tatsachen, die die bornierte Konzeptionslosigkeit<br />

z. B. eines Ernst Deuerlein (rez. in Argument 86, 497—501)<br />

verfälscht oder völlig unerwähnt läßt.<br />

Da Hillgrubers tagespolitische „Prognosen" im zweiten Teil des<br />

Buches eben nicht „qualitativ etwas anderes" darstellen als der<br />

erste, „analytische" Teil (10), der identisch ist mit dem Beitrag des<br />

Verfassers zu Rassows „Deutscher Geschichte im Überblick" (1973),<br />

ist das Taschenbuch keineswegs überflüssig. Ein Vergleich beider<br />

Teile ermöglicht Einblick in die „Wissenschaftlichkeit" westdeutscher<br />

Gegenwartsgeschichtsschreibung. Peter Meisenberg (Köln)<br />

Soziale Bewegung <strong>und</strong> Politik<br />

Shell, Kurt L.: D a s p o l i t i s c h e S y s t e m d e r U S A . Verlag<br />

W. Kohlhammer, Stuttgart 1975 (196 S., br., 20,— DM).<br />

Mit wenigen Ausnahmen repräsentierten die zahlreichen Monographien<br />

zum amerikanischen Regierungssystem, die während der<br />

fünfziger <strong>und</strong> sechziger Jahre in den Vereinigten Staaten erschienen,<br />

<strong>und</strong> die wenigen westdeutschen Standardwerke zu diesem Thema<br />

dasselbe wissenschaftliche Genre: die geistesgeschichtliche <strong>und</strong> verfassungsrechtliche<br />

Analyse des Gesamtsystems oder seiner Komponenten<br />

(Präsident, Kongreß, Supreme Court, Parteien, Pressure<br />

Groups, etc.) — zumeist im Rahmen des Comparative Government.<br />

Aus den Mängeln dieser Methodik führte erst die „revisionistische"<br />

Wissenschaft heraus, als sie nach der Logik <strong>und</strong> Kontinuität der<br />

amerikanischen Außenpolitik fragte <strong>und</strong> ihren institutionellen Rahmen<br />

zumindest teilweise <strong>und</strong> vorläufig anhand soziologischer <strong>und</strong><br />

ökonomischer Kategorien qualifizierte. Bis heute allerdings steht<br />

DAS A R G U M E N T 96/1976 ©

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