06.12.2012 Aufrufe

Naturwissenschaftliche Erkenntnis und gesellschaftliche Interessen (II)

Naturwissenschaftliche Erkenntnis und gesellschaftliche Interessen (II)

Naturwissenschaftliche Erkenntnis und gesellschaftliche Interessen (II)

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

258 Christoph Kievenheim<br />

keit der Stellung der Lohnarbeiter als einer „festen Klasse" der Gesellschaft<br />

manifestiert. Hier tritt der Kern des Ausbeutungsverhältnisses<br />

in die erfahrbare Realität der Lebens- <strong>und</strong> Arbeitsbedingungen<br />

der Lohnarbeiter <strong>und</strong> zwingt sie zur kollektiven Assoziation <strong>und</strong><br />

Auseinandersetzung. In der Studie des IMSF wird versucht, mit der<br />

Erfassung der wirklichen Schnittpunkte dieser Bewegung den praktischen<br />

Vermittlungsprozeß zwischen der funktionalen Rolle der<br />

Klassenindividuen („Lohnarbeiter des Kapitals") zur Rolle der Klassen<br />

als Subjekte des <strong>gesellschaftliche</strong>n Prozesses kategorial zu erfassen.<br />

In der Bestimmimg der Klassen als „große Menschengruppen",<br />

soziale Gruppen, die aufgr<strong>und</strong> einer bestimmten Stellung im System<br />

der <strong>gesellschaftliche</strong>n Produktion <strong>und</strong> Reproduktion, einem gegeneinander<br />

unterschiedenen Platz in der <strong>gesellschaftliche</strong>n Organisation<br />

der Arbeit, der Art der Erlangung ihres Anteils am <strong>gesellschaftliche</strong>n<br />

Produkt einnehmen (IMSF I, S. 30 f.), erscheinen Klassen<br />

nicht bloß als „abstrakte Begriffe", sondern als „lebendige Organismen"<br />

der <strong>gesellschaftliche</strong>n Realität (ebenda).<br />

Für die Lohnarbeiter fixiert sich ihre Klassenlage, entwickelt sich<br />

die Erfahrung ihrer gemeinsamen Lebenslage <strong>und</strong> die Erfahrung des<br />

Gegensatzes zum Kapital in der Ausprägung des Warencharakters<br />

ihrer Arbeitskraft 6 . „Die Frage nach der Arbeiterklasse ist nicht die<br />

Frage nach der Lohnarbeit schlechthin, sondern nach der kapitalistisch<br />

verwerteten Lohnarbeit; danach, wie die Lohnarbeit zum Antipoden<br />

des Kapitals wird <strong>und</strong> werden muß, wie sich in der Arbeiterklasse<br />

der Gegenpol verkörpert, sich in ihr deshalb auch am kompromißlosesten<br />

<strong>und</strong> klarsten die <strong>Interessen</strong> aller Lohnarbeiter <strong>und</strong> anderen<br />

vom Kapital ausgebeuteten Schichten ausdrücken müssen" (IMSF I,<br />

S. 85). Diese Entwicklung zum realen Gegenpol kann sich am markantesten<br />

dort vollziehen, wo die Mobilitätsbeziehungen gegenüber<br />

den Mittelschichten <strong>und</strong> der Bourgeoisie unterbrochen, die Arbeit<br />

auf <strong>gesellschaftliche</strong> Durchschnittsarbeit nivelliert, die Lohnarbeiter<br />

6 Die Kritik des Projekts am IMSF-Ansatz zur Entfaltung des Begriffs<br />

der Arbeiterklasse unterstellt irrtümlich eine „doppelte Ableitung"<br />

(Materialien I, S. 243), deren diverse Stränge am Ende zusammengeflickt<br />

würden. Die genaue Lektüre der IMSF-Studie würde den Autoren zeigen,<br />

daß von einem Ableitungsversuch aus den Kategorien der „produktiven<br />

Arbeit" (Materialien I, S. 411) überhaupt keine Rede sein kann.<br />

Vielmehr diente dieser Abschnitt in der IMSF-Studie dazu, sich mit solchen<br />

Ableitungsversuchen bei anderen Autoren (z. B. dem PKA) auseinanderzusetzen.<br />

Das Projekt Klassenanalyse verkennt auch die Aussagen des IMSF,<br />

wenn es den IMSF-Autoren bei der Unterscheidung von Arbeiterklasse<br />

<strong>und</strong> anderen Lohnabhängigen eine Reduktion auf eine „quantitativ bestimmbare<br />

Grenze" (Materialien I, S. 423) vorwirft. Die angesprochene<br />

Heranziehung von Verteilungsverhältnissen erscheint als legitim, da diese<br />

ein nicht unwesentlicher Aspekt der Reproduktionsbedingungen der Arbeitskraft<br />

sind, eine Ausdrucksform der Stellung der Produktionsagenten<br />

im System der Produktionsverhältnisse <strong>und</strong> des Entwicklungsstandes des<br />

des Warencharakters ihrer Arbeitskraft.<br />

DAS A R G U M E N T 96/1976 ©

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!