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Naturwissenschaftliche Erkenntnis und gesellschaftliche Interessen (II)

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Computersysteme <strong>und</strong> menschliche Sprechtätigkeit 229<br />

gramme auf einen anderen Rechner abträglich sind: Dasselbe Problem<br />

muß immer wieder eigens in fast gleiche Befehls-Folgen übersetzt<br />

werden, obwohl sein Lösungsweg bereits altbekannt ist. In dieser<br />

Situation entsteht nahezu notwendigerweise der Wunsch <strong>und</strong> die<br />

Aufgabe, natürlichsprachliche Problemformulierungen für den Computer<br />

interpretierbar zu machen. In einer allgemeinen Umschreibung<br />

kann das daraus resultierende Forschungsziel so formuliert werden:<br />

Wie können die technischen Eigenschaften von Digitalrechnern <strong>und</strong><br />

das Wesen natürlichsprachlicher Kommunikation aufeinander bezogen<br />

werden? Als verlockende Anwendungsgebiete werden unter anderem<br />

genannt: Computerunterstützter Unterricht; Informationssysteme;<br />

automatisierte Übersetzung; natürlichsprachliche Steuerung<br />

von Robotern; natürlichsprachlich interagierende Problemlösungssysteme.<br />

Neben den bislang vorherrschenden empirischen Charakter<br />

der Linguistik tritt der konstruktive: Linguisten als Ingenieure. Die<br />

wissenschaftliche Darstellung von natürlichen Sprachen in ihrer<br />

Funktion als Mittel verbaler Kommunikation zwischen Menschen<br />

wird jedoch von den Linguisten nach wie vor als äußerst vorläufig<br />

empf<strong>und</strong>en. Aufgr<strong>und</strong> dieser Vorläufigkeit blieb auch die Einschätzung<br />

sehr schwankend, ob <strong>und</strong> wie „die Sprache auf den Computer<br />

gebracht werden kann".<br />

Die Tätigkeit, das Bewußtsein <strong>und</strong> die Sprechtätigkeit der antagonistischen<br />

Klassen <strong>und</strong> Schichten haben sich unterschiedlich entwickelt.<br />

Durch den Einsatz von Maschinen in der großen Industrie<br />

wurde die Gebrauchswert-schaffende Fertigkeit des ehemaligen<br />

Handwerkers vergegenständlicht. Der Inhalt der Arbeitstätigkeit<br />

wurde weitgehend entleert, vor allem fiel für den Industriearbeiter<br />

die Möglichkeit fort, die Herstellung des Produkts selbst planend<br />

vorzubereiten 4 . Seine Arbeit entbehrt also der theoretischen, planenden<br />

Tätigkeit; <strong>und</strong> zugleich wird die manuelle Geschicklichkeit<br />

durch die Maschinerie überflüssig. Gleichzeitig entstand eine gesonderte<br />

Schicht wissenschaftlich-technisch Gebildeter, die der Herauslösung<br />

der theoretischen Tätigkeit (Planung <strong>und</strong> Konstruktion) aus<br />

dem Produktionsprozeß entstammt. Diese wissenschaftlich-technisch<br />

Gebildeten konstruieren nun die Maschinerie <strong>und</strong> schreiben damit<br />

die Form vor, in der die unqualifizierten Arbeiter der komplizierten<br />

Maschinerie assistieren müssen 5 . Im Zeitalter der automatischen<br />

4 Eine umfassende Darstellung der Probleme, die mit dieser Entwicklung<br />

verb<strong>und</strong>en sind, gibt der folgende Sammelband: Richard Vahrenkamp<br />

(Hrsg.), Technologie <strong>und</strong> Kapital, Frankfurt/M. 1973. Darin besonders<br />

der Aufsatz von Hans-Dieter Bahr, Die Klassenstruktur der Maschinerie,<br />

Anmerkungen zur Wertform, S. 39—72.<br />

5 Dabei wird in steigendem Ausmaß die Produktion von wissenschaftlichen<br />

Ergebnissen direkter Kostenfaktor der Produktion, weil Forschung<br />

mehr <strong>und</strong> mehr in der Industrie selbst betrieben wird. Wo Datenverarbeitung<br />

eingesetzt wird, spaltet sich die Produktion von Wissen auf in einen<br />

technischen Faktor (Computer als Problemlösungsinstrument) <strong>und</strong> in einen<br />

menschlichen Faktor. Die wissenschaftliche Arbeit beginnt damit, den<br />

Gesetzmäßigkeiten der Lohnarbeit zu unterliegen.<br />

DAS A R G U M E N T 96/1976 ©.

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