play! Das Jahresmagazin der Duisburger Philharmoniker 2012/2013
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Mittelmeer und ostsee<br />
Eigentlich ist er ein waschechter Römer: Giordano Bellincampi<br />
wurde 1965 sozusagen unter dem Glockenschlag<br />
des Petersdoms geboren. Aber schon als Elfjähriger musste<br />
er das milde mediterrane Klima mit <strong>der</strong> zugigen Ostseeluft<br />
vertauschen. Seine Mutter, eine Theater wissenschaftlerin,<br />
wurde an die Universität Kopenhagen berufen und so<br />
siedelte die ganze Familie nach Dänemark über.<br />
Musik begeistert Giordano Bellincampi seit frühester<br />
Jugend. Und weil es ihm <strong>der</strong> strahlende Klang <strong>der</strong> Blechbläser<br />
beson<strong>der</strong>s angetan hatte, entschied er sich für die<br />
Bassposaune, auf <strong>der</strong> er es in kürzester Zeit zu großer<br />
Perfektion brachte. Mit 19 Jahren begann er sein Studium<br />
an <strong>der</strong> Königlichen Musikakademie in Kopen hagen<br />
und wurde bereits ein Jahr darauf in das renommierte<br />
König lich Dänische Orchester aufgenommen. Nebenbei<br />
beschäf tigte er sich intensiv mit dem Dirigieren und ging<br />
dazu beim legendären nordischen „Dirigentenmacher“<br />
Jorma Panula in die Lehre. Und das nicht etwa, weil ihn <strong>der</strong><br />
Orchesterdienst nicht befriedigte, im Gegenteil: Er wollte<br />
es gerade beson<strong>der</strong>s gut machen und die internen Abläufe<br />
<strong>der</strong> Orchesterarbeit besser verstehen lernen.<br />
Trotzdem war rasch klar, dass im Dirigieren seine eigentliche<br />
Berufung lag. 1994 debütierte Giordano Bellincampi<br />
beim Odense Symphony Orchestra. Es war <strong>der</strong> Startschuss<br />
für eine große Karriere, die ihn zunächst ans Pult<br />
bedeuten<strong>der</strong> skandinavischer Orchester brachte – nach<br />
Stockholm, Bergen, Malmö und Stavanger. Rasch folgten<br />
Einladungen nach Dublin, Milano und St. Petersburg, nach<br />
Toronto, Prag und Seoul. Die Kopenhagener <strong>Philharmoniker</strong><br />
ernannten ihn 1997 zum ersten Gastdirigenten und 2000<br />
zum Musikdirektor – ein Amt, das er bis 2005 innehatte.<br />
Grandioses Debüt<br />
Seit 2000 hat Giordano Bellincampi auch seine Opern arbeit<br />
zunehmend ausgeweitet. Mit Puccinis „La Bohème“ debütierte<br />
er am Königlichen Opernhaus in Kopenhagen. Auch<br />
bei den zahlreichen internationalen Opern verpflichtungen<br />
<strong>der</strong> folgenden Jahre konzentrierte er sich beson<strong>der</strong>s auf<br />
das italienische Repertoire – da hatten sich, allen nordischen<br />
Prägungen zum Trotz, die südländischen Gene doch<br />
letzten Endes durchgesetzt. 2005 berief die Dänische<br />
Nationaloper in Aarhus Giordano Bellincampi zum Opernchef<br />
und Generalmusikdirektor; hier wird er noch bis zum<br />
Ende <strong>der</strong> Spielzeit <strong>2012</strong>/13 bleiben.<br />
Am Pult <strong>der</strong> Deutschen Oper am Rhein gab Giordano<br />
Bellincampi sein Debüt im Januar 2005 mit Puccinis „La<br />
Bohème“. Es folgte <strong>der</strong> Doppelabend „Cavalleria Rusticana/<br />
I Pagliacci“ – nach Ansicht <strong>der</strong> Rheinischen Post „eine<br />
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in spirierte, dramatisch zugespitzte und dabei doch immer<br />
mittelmeerisch licht klingende Aufführung.“ Als Konzertdirigent<br />
konnte das <strong>Duisburger</strong> Publikum Giordano<br />
Bellincampi erstmals zu Beginn <strong>der</strong> Spielzeit 2011/12<br />
erleben. Mit Werken von Schumann, Webern, Debussy<br />
und Barber gab er gleich ein ganzes Bündel künstlerischer<br />
Visiten karten ab: als subtiler Klang sensualist und<br />
struktur sinniger Darsteller <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne, als Sachwalter<br />
des großen romantischen Repertoires und hellhöriger<br />
Vermittler unterschiedlicher natio naler Musikidiome. Die<br />
NRZ bejubelte ein „grandioses Debüt“ des Dirigenten; das<br />
beson<strong>der</strong>e Lob galt hier „einer rundum geschlossenen<br />
Interpretation von Robert Schumanns vierter Sinfonie, die<br />
er mit entwaffnendem Schwung entfaltete.“<br />
Sympathieträger für Duisburg<br />
Es ist ein beson<strong>der</strong>er Glücksfall, dass Giordano Bellincampi<br />
nun für zunächst zwei Jahre fest an Duisburg gebunden<br />
werden konnte. Schließlich hat <strong>der</strong> Maestro zahlreiche<br />
internationale Verpflichtungen sowohl im Konzert- als<br />
auch im Opernfach. Gleichzeitig mit seinem <strong>Duisburger</strong><br />
Engagement wird er die Leitung des traditionsreichen<br />
Mailän<strong>der</strong> Orchesters „I Pomeriggi“ übernehmen. Darüber<br />
hinaus ist Giordano Bellincampi auch im Aufnahmestudio<br />
kontinuierlich aktiv und hat bereits eine stattliche Reihe<br />
von CDs vorgelegt – u. a. mit Werken von Johan Svendsen,<br />
Carl Nielsen, Vagn Holmboe, Per Nørgård, William Walton<br />
und Benjamin Britten.<br />
Die Ernennung Giordano Bellincampis zum <strong>Duisburger</strong><br />
Generalmusikdirektor hat in <strong>der</strong> Presse einhellig für große<br />
Zustimmung gesorgt. So charakterisierte die Rheinische<br />
Post den Dirigenten als „humorvollen, menschenfreundlichen<br />
und offenen Menschen“, „<strong>der</strong> gewiss das Zeug hat,<br />
wie sein Vorgänger Jonathan Darlington Sympathieträger<br />
für die <strong>Duisburger</strong> <strong>Philharmoniker</strong> zu werden.“<br />
Daran kann gar kein Zweifel sein. Als Künstler, <strong>der</strong> in<br />
zwei Kulturen verwurzelt ist, hat Giordano Bellincampi<br />
ein beson<strong>der</strong>es Gespür für die vielfältigen ethnischen<br />
Einflüsse, die in Duisburg zusammenfließen. Dazu ist er<br />
ein ausgesprochener Familienmensch, <strong>der</strong> so viel Zeit<br />
wie möglich mit seiner Frau, seinen Töchtern (23, 16) und<br />
seinem Sohn (20) verbringt. <strong>Das</strong>s es ihm am besten geht,<br />
wenn er die Familie um einen großen Tisch versammeln<br />
und bekochen kann, daraus macht er kein Geheimnis.<br />
Giordano Bellincampi ist kein abgehobener Bewohner<br />
eines künstlerischen Elfenbeinturms, son<strong>der</strong>n ein aufgeschlossener<br />
Musiker mit Herzblut und Leidenschaft, <strong>der</strong><br />
seine Kunst unmittelbar ins Leben trägt, auch in die Stadt<br />
– damit wird er in Duisburg sicherlich viele Freunde finden.