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CHEMIEREPORT.AT 1/2016 AUSTRAIN LIFE SCIENCES Österreichs Magazin für Chemie, Life Sciences und Materialwissenschaften

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AUSTRAIN LIFE SCIENCES
Österreichs Magazin für Chemie, Life Sciences und Materialwissenschaften

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MÄRKTE & MANAGEMENT<br />

Größtes Einzelinvestment in der Konzern-Geschichte<br />

Boehringer Ingelheim baut<br />

Standort Wien aus<br />

Kurz vor Weihnachten erfolgte die Entscheidung, in Wien neue Produktionskapazitäten für<br />

Biopharmaka zu schaffen. Boehringer Ingelheim RCV-Generaldirektor Philipp von Lattorff<br />

legte die Hintergründe offen.<br />

© Boehringer Ingelheim/Rainer Mirau<br />

Philipp von Lattorff (Boehringer Ingelheim RCV, rechts) und Gerhard Hirczi (Wirtschaftsagentur<br />

Wien) erläuterten die Hintergründe der Investitionsentscheidung.<br />

Es war ein harter konzerninterner Wettbewerb,<br />

an dessen Ende die Entscheidung<br />

für den Standort Wien erfolgte. Für die<br />

größte Einzelinvestition in der Unternehmensgeschichte<br />

von Boehringer Ingelheim<br />

zum Aufbau von Produktionskapazitäten für<br />

Biopharmaka (wir sprechen immerhin von<br />

rund 500 Millionen Euro) wurde eine ganze<br />

Reihe von Optionen geprüft. In die engere<br />

Wahl kamen schließlich Singapur, Irland, Österreich<br />

sowie die Erweiterung des deutschen<br />

Biopharma-Standorts in Biberach (Baden-<br />

Württemberg). Dass Singapur ausgeschieden<br />

ist, lag am Feedback aus dem Markt: Philipp<br />

von Lattorff, Generaldirektor der Österreich-<br />

Tochter Boehringer Ingelheim RCV, schätzt,<br />

dass rund 50 Prozent der neuen Kapazitäten<br />

für das Geschäft als Auftragsproduzent gebraucht<br />

werden, der Rest würde für Wirkstoffe<br />

aus der eigenen Pipeline zur Verfügung<br />

stehen. Die weltweite Nachfrage ist groß:<br />

„Unsere Bücher sind schon jetzt voll. Die Fertigstellung<br />

ist für 2021 geplant, aber wir werden<br />

alles daransetzen, schon früher fertig zu<br />

sein“, so von Lattorff im Rahmen eines Hintergrundgesprächs<br />

zur Investitionsentscheidung.<br />

Und genau dieser Kundenkreis signalisierte,<br />

dass er einen Standort in Europa<br />

bevorzugen würde. „In Asien bekommt man<br />

sehr schwierig qualifiziertes Personal“, nennt<br />

von Lattorff den entscheidenden Grund dafür<br />

und gleichzeitig einen der wesentlichen Stärken<br />

des Standorts Wien. Die steuerlichen<br />

Vorteile Irlands wären wiederum deshalb<br />

nicht so stark ins Gewicht gefallen, weil es für<br />

Boehringer als deutsches Familienunternehmen<br />

nicht infrage gekommen wäre, seinen<br />

Hauptsitz auf die grüne Insel zu verlegen.<br />

Zwischen Biberach und Wien fand dagegen<br />

bis knapp vor Weihnachten ein Kopf-an-<br />

Kopf-Rennen statt, in beiden Städten arbeiteten<br />

bereits Projektteams, die so taten, als<br />

wäre der Zuschlag für den jeweils eigenen<br />

Standort bereits erfolgt. Schließlich habe sich<br />

die Unternehmensleistung angesichts zweier<br />

bereits bestender Biopharma-Produktionsstätten<br />

in Deutschland aus Gründen der Risikostreuung<br />

für Österreich entschieden.<br />

„Wir wollen euch haben“<br />

Dass es überhaupt so weit gekommen ist, dafür<br />

gab es nach von Lattorffs Worten eine<br />

Reihe von K.o.-Kriterien. Eines davon war,<br />

dass ausreichend Fläche zur Erweiterung des<br />

bestehenden Standorts in Wien 12 zur Verfügung<br />

stand. Zu diesem Zweck habe die Wirtschaftsagentur<br />

Wien schon 2009 im Hinblick<br />

auf mögliche künftige Investitionen benachbarte<br />

Grundstücke angekauft, wie deren Geschäftsführer<br />

Gerhard Hirczi erklärte. Die<br />

Liegenschaften seien nun an Boehringer weiterveräußert<br />

wurden. Ebenso entscheidend sei<br />

gewesen, dass auch bei Behördenbewilligungen<br />

der von Boehringer Ingelheim vorgegebene<br />

Prozessablauf eingehalten werden<br />

konnte. „Wir haben dabei als Plattform gegenüber<br />

Stadtplanung, Baupolizei und Anlagengenehmigung<br />

fungiert“, erläutert Hirczi die<br />

Rolle, die die Wirtschaftsagentur dabei spielte.<br />

Wichtig sei aber auch der Rückhalt vonseiten<br />

der Stadtpolitik gewesen: „Der Wiener Bürgermeister<br />

hat uns gesagt: Wir wollen Euch<br />

haben. Das war für die Eigentümerfamilie ein<br />

wichtiges Signal“, so von Lattorff.<br />

Nun soll alles schnell gehen. Der Baubeginn<br />

ist für Mitte 20<strong>16</strong> geplant, schon für die Projektphase<br />

werden Fachkräfte im Engineering<br />

und Qualitätsmanagement gesucht. Ab Inbetriebnahme<br />

der Anlagen wird zusätzlich eine<br />

große Zahl an Biotechnologen und Chemikern<br />

benötigt. Insgesamt sollen mit dem Investment<br />

400 neue Arbeitsplätze entstehen.<br />

Mit der neuen Produktionsstätte wird auch<br />

eine für den Boehringer-Standort neue Technologie<br />

Einzug halten: Wurde bisher in Wien<br />

in genetisch veränderten Mikroorganismen<br />

(Bakterien, Hefen) produziert, so wird nun<br />

auch die Herstellung von biopharmazeutischen<br />

Wirkstoffen in Säugetierzellkultur etabliert.<br />

z<br />

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