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CHEMIEREPORT.AT 1/2016 AUSTRAIN LIFE SCIENCES Österreichs Magazin für Chemie, Life Sciences und Materialwissenschaften
CHEMIEREPORT.AT 1/2016
AUSTRAIN LIFE SCIENCES
Österreichs Magazin für Chemie, Life Sciences und Materialwissenschaften
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LIFE SCIENCES<br />
Die Möglichkeiten des DNA-Origami<br />
DNA als Bastelware<br />
Was unter dem Namen DNA-Origami als akademische Spielerei begann, hat mittlerweile<br />
zahlreiche Anwendungsoptionen für die molekulare Nanotechnologie eröffnet. Fertige<br />
Bausteine sind heute kommerziell erhältlich.<br />
© Sergey Nivens – Fotolia<br />
Aus DNA-Bausteinen werden beim DNA-Origami Strukturen auf Nanoebene zusammengesetzt.<br />
Es gibt Fälle, da ist Biochemie nicht nur<br />
nützlich, sondern auch schön. Der amerikanische<br />
Wissenschaftler Paul Rothemund hat<br />
vor rund zehn Jahren damit begonnen, einzelsträngige<br />
DNA mithilfe von gezielt synthetisierten<br />
Oligonucleotiden, die an diese binden,<br />
zu bestimmten Formen zu falten. Für die Methoden,<br />
mit denen spielerisch Muster wie<br />
Dreiecke, Smileys etc. erzeugt werden konnten,<br />
etablierte sich – in Anlehnung an die japanische<br />
Kunst des Papierfaltens – bald der<br />
ebenso spielerische Name „DNA-Origami“.<br />
Doch was zunächst dem akademischen Spieltrieb<br />
entsprang, wurde mittlerweile in Richtung<br />
neuartige Anwendungsoptionen weiterentwickelt.<br />
Man kann die Technik des<br />
DNA-Origami als Bespiel für die sogenannte<br />
„Molekulare Nanotechnologie“ ansehen, bei<br />
der Strukturen auf Nanometerskala gezielt<br />
Baustein für Baustein zusammengesetzt werden<br />
(im Gegensatz zum ansonsten verfolgten<br />
breiteren Ansatz, Strukturen dieser Größenordnung<br />
durch makroskopische Prozesse<br />
entstehen zu lassen). So hat man molekulare<br />
Maschinen gebaut, die sich abhängig von der<br />
Ionenkonzentration der Umgebung wie ein<br />
Scharnier öffnen und schließen. Wichtiger<br />
noch sind Strukturen, die in der Biowissenschaft<br />
selbst eingesetzt werden können: So<br />
sind beispielsweise DNA-Nanostäbchen hergestellt<br />
worden, die in flüssig-kristalliner<br />
Form zur Strukturbestimmung von Membranproteinen<br />
mittels NMR-Spektroskopie<br />
beitragen. Noch weiter in die Zukunft blickt<br />
die mögliche pharmakologische Anwendung:<br />
Man könnte einen Wirkstoff in eine DNA-<br />
Kapsel verpacken und diese, wie einen Virus,<br />
mit Rezeptoren funktionalisieren, damit gezielt<br />
bestimmte Zelltypen angepeilt werden<br />
können.<br />
Wolle und Strickmuster<br />
Zahl und Größe der auf diese Weise zusammengesetzten<br />
Strukturen nahmen kontinuierlich<br />
zu. Man hat mehrdimensionale Objekte<br />
gebaut, die aus mehreren Tausend Basenpaaren<br />
bestehen und robuste Assemblierungsprotokolle<br />
ausgearbeitet, die ermöglicht haben,<br />
DNA-Origami über den ästhetischen Selbstzweck<br />
hinaus zu entwickeln. Dabei werden<br />
optimierte Reaktionsbedingungen ausgearbeitet,<br />
um „Nanodevices“ in hoher Ausbeute und<br />
Qualität zu erhalten. Im Anschluss an die<br />
Synthese werden die Strukturen gereinigt,<br />
charakterisiert, gegebenenfalls chemisch modifiziert<br />
und können wiederum zur Multimerisierung<br />
zu Objekten höherer Ordnung herangezogen<br />
werden.<br />
Das von Hendrik Dietz, Professor an der TU<br />
München, gegründete Unternehmen Tilibit<br />
bietet vorgefertigte Bausteine (Scaffold-DNA,<br />
Oligonucleotide, auch ganze Kits) an. Auch<br />
unterstützt Tilibit beim Erstellen eigener<br />
Strukturen oder entwickelt selbst Nanoaggregate<br />
auf Kundenwunsch. Dazu Matthias Pfeiffer<br />
vom Vertriebspartner Eurofins Genomics:<br />
„Wenn DNA-Origami heißt, mit DNA zu<br />
stricken, dann erhalten Sie die Wolle hierzu<br />
über Eurofins Genomics Austria, von Tilibit<br />
bekommen Sie fertige Wollpullover oder<br />
Strickanleitungen.“ (gs)<br />
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