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CHEMIEREPORT.AT 1/2016 AUSTRAIN LIFE SCIENCES Österreichs Magazin für Chemie, Life Sciences und Materialwissenschaften

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AUSTRAIN LIFE SCIENCES
Österreichs Magazin für Chemie, Life Sciences und Materialwissenschaften

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MÄRKTE & MANAGEMENT<br />

KURZ KOMMENTIERT<br />

„Idioten“<br />

Nun wissen wir es also: Wir werden von „Idioten“ regiert. Das<br />

schrieb einer, der in rund 40 Kilometern Höhe aus einer adaptierten<br />

Raumkapsel sprang und glaubwürdigen Berichten zufolge<br />

nicht auf dem Kopf aufschlug, was ihn wohl schon rein physisch<br />

und vermutlich auch intellektuell von solchen Äußerungen abgehalten<br />

hätte. Freilich: Recht hatte der Mann offenbar nicht. Denn<br />

der „idiotes“ regiert alleine schon definitionsgemäß nicht. Im<br />

Griechischen ist er der Privatmann, und der kümmert sich nur um<br />

seine eigenen Angelegenheiten, nicht jedoch um „ta politika“, die<br />

öffentliche Sache, für die laut Platon der „politikos“, der Staatsmann,<br />

zuständig ist. Ihm obliegt es, wie der Gräzist Otto Apelt<br />

auszuführen wusste, die Bürger „im Dienste des Gemeinwohls zu<br />

verbinden“, wozu ihm „geistige und physische Bande zur Verfügung<br />

stehen“. Und der „idiotes“ eignet sich umso mehr zur Behandlung<br />

durch den „politikos“, als er laut Aristoteles ja ein auf<br />

die Gemeinschaft ausgerichtetes Wesen („zoon politikon“) ist.<br />

Indessen verfällt er bisweilen, statt den Ausführungen des „politikos“<br />

zu folgen, dem „sophistes“, dem „scheinbildnerischen“ Redner,<br />

der ihm ein X für ein U vormacht und ihn in seine rhetorischen<br />

Fallen lockt. Und somit kann mancher „idiotes“ durchaus<br />

zum Problem für „ta politika“ werden – wenn auch nicht als Regierender.<br />

(kf)<br />

z<br />

Politik und Moral<br />

Herwig Grimm, Ethiker am Messerli-Institut der Vetmed, unterscheidet<br />

gerne zwischen Ethik und Moral. Einzelne gesellschaftliche<br />

Akteure nehmen moralische Standpunkte ein, vertreten diese oder<br />

jene Position. Ethik hingegen macht diese Positionen transparent,<br />

zeigt auf, vor welchem Hintergrund jemand eine Position vertritt.<br />

Seine Aufgabe bei der Erstellung eines Tierversuchs-Kriterienkatalogs<br />

sah Grimm ebenso: Aufzeigen, welche Standpunkte es gibt,<br />

welche Bewertungen sich daraus ergeben. Die Entscheidung, inwieweit<br />

welcher Position gefolgt wird, sah er nicht als seine Aufgabe an,<br />

sondern als jene der Politik. Sieht man sich den nun verordneten<br />

Kriterienkatalog aber an, scheint genau das nur unzureichend passiert<br />

zu sein. Er wirkt wie ein lauwarmer Kompromiss zwischen<br />

moralischen Standpunkten (der Tierversuchsgegner, der Wissenschaft),<br />

die im Kern nicht miteinander vereinbar sind. Entsprechend<br />

schwammig bleibt so manche Formulierung im Verordnungstext.<br />

Was soll es denn genau bedeuten, festzustellen, ob der wissenschaftliche<br />

Nutzen eines Projekts groß, mittel oder gering ist, wenn Definitionen<br />

dieser Begriffe unterbleiben? Was fehlt, ist ein klares politisches<br />

Bekenntnis zur Notwendigkeit von Tierversuchen, zu ihrer<br />

moralischen Rechtfertigung. Ein Bekenntnis, das sich nicht davor<br />

fürchtet, auch gegenüber lautstarken Vertretern einer moralischen<br />

Extremposition Stellung zu beziehen. (gs)<br />

z<br />

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