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CHEMIEREPORT.AT 1/2016 AUSTRAIN LIFE SCIENCES Österreichs Magazin für Chemie, Life Sciences und Materialwissenschaften
CHEMIEREPORT.AT 1/2016
AUSTRAIN LIFE SCIENCES
Österreichs Magazin für Chemie, Life Sciences und Materialwissenschaften
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COVER<br />
Wirtschaftspolitik<br />
Vom Schlagwort zur<br />
Standortstrategie<br />
Total vernetzt: Bei „Open Innovation“<br />
arbeiten die Unternehmen mit ihren Kunden<br />
sowie anderen Partnern zusammen.<br />
© Sergey Nivens – Fotolia<br />
Was „Open Innovation“ bedeutet und wie sie sich umsetzen lässt, war Thema eines Workshops<br />
in der Wirtschaftskammer in Wien.<br />
„<br />
Die Digitalisierung wird alles auf den Kopf stellen“, betonte Harald<br />
Mahrer, Staatssekretär im Wissenschafts- und Wirtschaftsministerium<br />
(BMWFW), beim „Stakeholder-Workshop“ zur Erarbeitung einer<br />
Open-Innovation-Strategie Mitte Jänner in Wien. Die Ausarbeitung der<br />
Strategie wurde im Juni 2015 vom Nationalrat einstimmig beschlossen,<br />
vorliegen soll diese im Juni des heurigen Jahres. Aufbauend auf dem<br />
Workshop findet in diesen Wochen eine Konsultation statt. Mahrer<br />
zufolge „schaffen es die österreichischen Unternehmen immer wieder,<br />
neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln“. Bei der Strategie<br />
geht es ihm zufolge nicht zuletzt darum, die „emerging markets“, vor<br />
allem im asiatischen Großraum, zu erschließen. Mahrer zufolge „tragen<br />
wir alle das Innovationspotenzial in uns. Wir sollten den neuen Weg<br />
daher gemeinsam gehen“.<br />
Der Vorsitzende des Rates für Forschung und Technologieentwicklung,<br />
Hannes Androsch, erläuterte, Innovation bedeute, „neue Ideen, Erfindungen<br />
und Entwicklungen kundenfreundlich auf den Markt zu bringen<br />
und damit die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern“.<br />
Dafür sind laut Androsch Forschung und Forschungsfinanzierung<br />
unabdingbar, „denn ohne Geld keine Musi“. „Open“ Innovation heißt<br />
Androsch zufolge, dass die Kunden und Partner von Unternehmen in<br />
die Entwicklung neuer Produkte sowie Dienstleistungen eingebunden<br />
werden. Das sei „ein neues Verständnis des Wirtschaftens und des<br />
Marktgeschehens“.<br />
Innovation von außen<br />
Mit dem derzeit ablaufenden, nicht zuletzt durch die Digitaltechnologie<br />
ausgelösten „Paradigmenwechsel, seinen Chancen und Herausforderungen“<br />
befasste sich die Wiener Unternehmensberaterin Gertraud<br />
Leimüller in ihrem Einleitungsvortrag. Ihr zufolge erfolgen wirtschaftlich<br />
relevante technische Innovationen oft außerhalb jener Branchen, in<br />
denen sie nachmals zum Einsatz gelangen. Leimüller nannte dafür drei<br />
Beispiele. So erarbeitete die austroamerikanische Schauspielerin Hedy<br />
Lamarr 1942 in den USA ein Frequenzsprungverfahren für die Funkfernsteuerung<br />
von Torpedos. Die US-Kriegsmarine zeigte sich nicht<br />
interessiert. Erst bei der Entwicklung der Mobiltelefonie fand Lamarrs<br />
Verfahren Verwendung – freilich zu einem Zeitpunkt, als die Patentrechte<br />
längst erloschen waren. Der britische Tischler und Uhrmacher<br />
John Harrison wiederum baute um die Mitte des 18. Jahrhunderts im<br />
Zuge eines Wettbewerbs der britischen Kriegsmarine den ersten Schiffschronometer,<br />
der die zuverlässige Feststellung des geografischen Längengrads<br />
ermöglichte. Auslöser für den Wettbewerb war das Stranden<br />
eines britischen Geschwaders bei den Scilly-Inseln am westlichen Ausgang<br />
des Ärmelkanals im Oktober 1707, bei dem 2.000 Seeleute ertranken,<br />
darunter der Geschwaderkommandant Sir Clowdisley Shovell.<br />
Leimüllers drittes Beispiel war Albert Einstein, der die Grundlagen seiner<br />
Relativitätstheorie nicht als Physikprofessor entwickelte, sondern als<br />
„technischer Experte dritter Klasse“ beim Patentamt Bern.<br />
Den „User“ nutzen<br />
Leimüller erläuterte, in der heutigen Zeit sei Wissen „zunehmend dezentral<br />
und ungleich verteilt“. Die Digitalisierung bringe die Kosten für<br />
die Suche nach Informationen und den Informationsaustausch oft gegen<br />
Null. Neues Wissen entstehe „oft an der Peripherie. Das ist wichtig<br />
für das Innovationsland Österreich“. Gerade hierzulande finde sich eine<br />
Reihe höchst innovativer neuer Unternehmen. „Sugr“ etwa habe eine<br />
Applikation entwickelt, „um das Diabetes-Monster zu zähmen“. Diese<br />
sei mittlerweile als Medizinprodukt zugelassen und werde von der SVA<br />
bezahlt. „Wir müssen uns fragen, warum so etwas nicht aus dem Gesundheitssektor<br />
selbst kommt“, konstatierte Leimüller. Der Unternehmer<br />
Roland Fürbas wiederum habe mit „ReBREADing“ eine Applika-<br />
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