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CHEMIEREPORT.AT 1/2016 AUSTRAIN LIFE SCIENCES Österreichs Magazin für Chemie, Life Sciences und Materialwissenschaften
CHEMIEREPORT.AT 1/2016
AUSTRAIN LIFE SCIENCES
Österreichs Magazin für Chemie, Life Sciences und Materialwissenschaften
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MÄRKTE & MANAGEMENT<br />
perte in Elektronenmikroskopie. Ich schon.“<br />
Für angehende Wissenschaftler hat er, aus<br />
dieser Erfahrung gespeist, einen wichtigen<br />
Rat parat: „Sie brauchen ein breites Wissen<br />
über die Gesetze der Natur. Aber darauf aufbauend<br />
müssen sie ein Feld der Expertise<br />
entwickeln, auf das sie fokussieren können“,<br />
so Shechtman im Rahmen einer „Ecolounge“<br />
der niederösterreichischen Wirtschaftsagentur<br />
ecoplus in der Wiener Herrengasse.<br />
Dass der Wissenschaftler Gast dieser Veranstaltung<br />
war, hatte aber weniger mit Quasikristallen,<br />
als mit einem anderen Interessensgebiet<br />
Shechtmans zu tun: Der Förderung der<br />
naturwissenschaftlich-technischen Bildung<br />
und ihrer Übersetzung in unternehmerisches<br />
Handeln. Er rät, damit möglichst früh zu beginnen:<br />
„Kleine Kinder sind sehr klug, sie lernen<br />
einen neue Sprache in einem Jahr.“<br />
Shechtman initiierte in Haifa ein Projekt, um<br />
naturwissenschaftliche Bildung schon in die<br />
Kindergärten hineinzubringen. Nachdem sich<br />
der Weg, dabei über die Pädagogen vorzugehen,<br />
als schwierig herausgestellt hatte, kreierte<br />
er ein Fernsehprogramm, das naturwissenschaftliche<br />
Inhalte für Sechsjährige erläutert.<br />
Kulturelle Hemmnisse des<br />
Unternehmertums<br />
Damit ein Land ausreichend unternehmerisches<br />
Potenzial entwickelt, reicht die Neugierde<br />
des Forschers aber nicht aus. „In<br />
meinem Studium habe ich nicht gelernt, wie<br />
man ein eigenes Unternehmen aufbaut“, bemängelt<br />
Shechtman. Als er 1986 Professor<br />
wurde, führte er Vorlesungen zum Entrepreneurship<br />
am Technion ein – und konnte<br />
dabei auch aus der eigenen Erfahrung mit der<br />
Gründung mehrerer Start-up-Unternehmen<br />
schöpfen. Vielfach hemmen kulturelle Prägungen<br />
die gedeihliche Entwicklung unternehmerischer<br />
Fähigkeiten. So sei es im ostasiatischen<br />
Raum etwa einen Schande, einen<br />
Fehler zu machen. Auf diese Weise könne<br />
kein Entrepreneurship entstehen. Die Israelis<br />
seien dagegen ein Volk, das nicht dazu neige<br />
zu gehorchen, sondern alles infrage zu stellen.<br />
„Man wird nur Unternehmer, wenn man<br />
Autoritäten nicht fürchtet“, so Shechtman.<br />
Zur ausgeprägten Start-up-Kultur in Israel<br />
könnte aber freilich ebenso beitragen, dass<br />
dort 4,5 Prozent des BIP für die Unterstützung<br />
von Unternehmensgründungen aufgewendet<br />
werden.<br />
Die an Shechtmans Vortrag anschließende<br />
Diskussion entwickelte unter anderem die<br />
Frage, wie man erfolgreiche Unternehmer<br />
dazu bringt, ihr Wissen mit jungen Menschen<br />
zu teilen. Shechtman selbst war es wiederholt<br />
gelungen, auch CEOs großer Unternehmen<br />
zu überreden, in seine Vorlesungen<br />
zu kommen, ohne dass er ihnen dafür ein<br />
Honorar bezahlt hätte. Dabei konnte er zwar<br />
seine Reputation als Wissenschaftler am renommierten<br />
Technion in die Waagschale<br />
werfen, doch das allein erklärt die Tatsache<br />
für ihn nicht: „Den Menschen gefällt es, über<br />
den eigenen Werdegang zu erzählen – und<br />
die Studenten lernen aus Geschichten am<br />
meisten.“ Eine besondere Bedeutung kommt<br />
seiner Meinung nach Business Angels zu, die<br />
nach dem Exit eines erfolgreich aufgebauten<br />
Unternehmens Geld zur Verfügung haben<br />
und dieses wieder in die Start-up-Landschaft<br />
stecken – nicht ohne dabei auch Erfahrungen<br />
und Kontakte zur Verfügung zu stellen.<br />
Auch diese Verhaltensmuster sieht er in Israel<br />
stark ausgeprägt <br />
z<br />
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