Photo: MFKJKS NRW/Ralph Sondermann I BERND NEUENDORF (Staatssekretär im Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen) BEGRÜßUNGSREDEN ch darf Sie im Namen von Frau Ministerin Ute Schäfer sehr herzlich zur vierten Ausgabe des Forum d’Avignon Ruhr begrüßen. Ich freue mich sehr, dass Sie aus 19 Ländern und aus ganz Deutschland nach Essen gereist sind, um über die kulturelle „Digitale Agenda“ in Europa zu diskutieren. Ich freue mich insbesondere, dass die Europäische Kommission wieder mit hochrangigen Vertretern und Vertreterinnen dem Forum d’Avignon Ruhr die Ehre erweist. Die Anwesenheit verschiedener europäischer kultureller und kulturwirtschaftlicher Netzwerke <strong>–</strong> ich nenne das Network for Innovations in Culture and Creativity in Europe (N.I.C.E.), ich nenne das European Creative Business Network (ECBN) und ich darf den europäischen Forschungsverbund zu den Spillover-Effekten hervorheben, der vom Arts Council England und von ecce koordiniert wird <strong>–</strong> ist ein wichtiges Signal für die europäische Zusammenarbeit. Ihr großes Interesse an dem Tagungsthema „Kultur ist Digital <strong>–</strong> Digital ist Kultur“ zeigt, dass das Forum d’Avignon Ruhr einmal mehr die Zeichen der Zeit erkannt hat. Ich freue mich, dass das Forum d’Avignon Ruhr seine Position als eine der wichtigsten europäischen Plattformen für Fragestellungen der Kultur, Wirtschaft, Medien und Wissenschaft mit der heutigen Tagung noch einmal bekräftigt. Wie Sie wissen, ist die europäische Kultur- und Kreativwirtschaft ein Wirtschaftsfaktor von großer Bedeutung. Unser französischer Partner, das Forum d’Avignon, hat im Vorfeld unserer heutigen Konferenz die neuesten Zahlen hierzu zusammengestellt. Danach ist die Kultur- und Kreativwirtschaft der drittgrößte Arbeitgeber in Europa. In dieser Branche arbeiten zweieinhalbmal mehr Menschen als in der Automobilindustrie und sogar fünfmal mehr Menschen als in der Chemieindustrie. Frappierend sind auch die Wachstumszahlen. Vor dem Beginn der großen Wirtschaftskrise, also in den Jahren 2000-2007, betrug das Wachstum der Kultur-und Kreativwirtschaft 3,5 Prozent <strong>–</strong> das Wachstum der Europäischen Gesamtwirtschaft dagegen nur 1 Prozent. In den Zeiten der Krise schlägt sich die Kultur- und Kreativwirtschaft in Europa besonders gut: Zwischen 2008 und 2012 wuchs die Kultur- und Kreativwirtschaft um 0,7 Prozent, die Gesamtwirtschaft schrumpfte demgegenüber um 0,7 Prozent. Nicht unwichtig ist auch der Beitrag der Kultur- und Kreativwirtschaft zur Beseitigung der europäischen Jugendarbeitslosigkeit. 19,1 Prozent der 15 bis 25-Jährigen sind in der Kultur- und Kreativwirtschaft beschäftigt. Eine der Fragen, mit denen wir uns heute beschäftigen wollen, lautet: Können wir noch mehr zum Wachstum der Kreativwirtschaft beitragen, wenn wir die Rolle der Kultur im digitalen Zeitalter noch einmal besonders in den Fokus nehmen? Liegen hier ungeborgene Schätze, die es zu bergen gilt? Eine zweite Frage schließt sich hier an: Sollten wir alle Schätze bergen, die die digitale Revolution uns bereitstellt? Dürfen zum Beispiel Kultureinrichtungen wie Werbeagenturen oder Marketingunternehmen die Daten ihrer potenziellen KundInnen und BesucherInnen auswerten und wenn ja, zu welchem Zweck? Eine dritte Frage lautet: Was bedeuten die neuen technischen Möglichkeiten der Digitalisierung für die Künste selbst, etwa im Bereich der partizipativen Kunst? Können wir zum Beispiel im Bereich der individuellen Künstlerförderung etwas tun, damit die Künstler und Künstlerinnen die neuen Medien optimal nutzen können? Und welche neuen Kunstformen entstehen hier und was bedeutet das für die künftigen Angebote der Kultureinrichtungen wie Museen, Bibliotheken, Theater, Opernhäuser, für die Künste im öffentlichen Raum, für die kulturelle Bildung und für den Erhalt des kulturellen Erbes? Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin mir sicher, dass von dem vierten Forum d’Avignon Ruhr wichtige Impulse für die europäische Kulturpolitik ausgehen werden und ich hoffe, dass wir auch viele neue Anregungen für die Landeskulturpolitik in Nordrhein-Westfalen mit nach Düsseldorf nehmen können. Wir haben uns jedenfalls dafür entschieden in den nächsten Jahren dem Thema „Digitales und Kultur“ besondere Aufmerksamkeit zu widmen und hier einen Schwerpunkt für die Kulturförderung des Landes zu legen. Ich wünsche Ihrer Tagung einen spannenden Verlauf! 18
Bernd Neuendorf 19