SOCIETY 368 / 2015
Nr. 368 I Nr. 2 - 2015
Nr. 368 I Nr. 2 - 2015
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DIPLOMATIE<br />
OSZE<br />
Dreiseitl: „Wir wollen als Vorsitz mit großem<br />
Nachdruck dazu beitragen, dass die OSZE auch<br />
weiterhin in der Lage ist, die Umsetzung einer<br />
diplomatischen Lösung der Krise zu erleichtern.“<br />
•<br />
TROIKA ALS GELEBTE PARTNERSCHAFT<br />
Deutschland signalisierte schon 2014 seine<br />
Bereitschaft, im Jahr 2016, also nach Serbien, den<br />
Vorsitz zu übernehmen. Die deutsche OSZE-Vertretung<br />
in Wien begrüßt auch, dass Österreich 2017<br />
im Vorsitz nachfolgt. Das Instrument der Troika<br />
sei bei den Vorsitzländern Schweiz und Serbien<br />
sehr zum Tragen gekommen. So sei Deutschland<br />
bereits jetzt verstärkt in regelmäßige Konsultationen,<br />
„Gespräche im Troika-Format“, eingebunden<br />
gewesen.<br />
<strong>2015</strong> führte Deutschland bereits den Mittelmeer-Vorsitz<br />
in der OSZE und leitete im Oktober<br />
die hochrangig besetzte Mittelmeer-Konferenz der<br />
OSZE in Jordanien. Diese führte bei der Flüchtlingsproblematik<br />
unweigerlich in medias res.<br />
OSZE-Experten weisen darauf hin, dass durch die<br />
untrennbare Verbindung von Sicherheits- und<br />
Migrationsfragen das Potential dieser Mittelmeer-<br />
Partnerschaft aus Ländern der Region deutlich<br />
sichtbar geworden sei.<br />
Der deutsche OSZE-<br />
Botschafter Eberhard Pohl<br />
•<br />
VORBILDWIRKUNG FÜR NAHOST?<br />
Die Nahost-Konflikte reichen weit nach Europa<br />
herein. Die Krise hat ihren Ursprung im Nahen<br />
Osten, doch in den Auswirkungen sind die Staaten<br />
Europas betroffen. Hier kann die europäische<br />
Sicherheitsorganisation laut OSZE-Diplomaten<br />
eine Rolle spielen. Es gehe darum, dass die Meta-<br />
Ebene der OSZE-Erfahrungen für den Nahen Osten<br />
als Vorbild dienen könnte – Stichwort vertrauensbildende<br />
Maßnahmen. Auch die Nahost-Staaten<br />
müssten künftig in größeren Strukturen denken.<br />
Nur in der OSZE trifft zu, dass der gesamte frühere<br />
Osten und Westen Europas an einem Tisch<br />
sitzen und zusammenarbeiten. Außenminister<br />
Steinmeier verdeutlichte die Vorbildfunktion der<br />
OSZE in seiner Bundestags-Rede. „Beobachtermission,<br />
Verifikation, Kontaktgruppe – Das Beispiel<br />
Ukraine zeigt: Die OSZE gibt uns die konkreten<br />
Instrumente und die Foren in die Hand.“ Er fasste<br />
zusammen: „Unsere Erfahrung in Europa ist, dass<br />
selbst über abgrundtiefe Gräben hinweg Brücken<br />
der Zusammenarbeit möglich sind…. Wir werden<br />
dafür arbeiten, dass sich ähnliche Einsichten auch<br />
in anderen Konfliktregionen, gerade im Mittleren<br />
Osten, durchsetzen.“<br />
Der deutsche OSZE-Diplomat Dreiseitl erinnert<br />
an den ganzheitlichen OSZE-Ansatz. „Migration<br />
ist ein Querschnittsthema, ist nicht verengt auf einen<br />
bestimmten politischen Strang.“ Bei Themen<br />
wie Toleranz, Integration, Nicht-Diskriminierung<br />
verfüge die OSZE über Erfahrungswerte, sie habe<br />
Instrumente zur Hand, etwa bei Kooperation im<br />
Grenzmanagement, und biete Expertise im migrationspolitischen<br />
Kontext – Beispiel Balkan-<br />
Staaten. „Die OSZE zeichnet sich durch einen<br />
umfassenden, kooperativen Sicherheitsbegriff<br />
aus.“ Dialog und Vertrauen stärken, darum gehe<br />
es auch in der Ukraine.<br />
•<br />
PERSONELLE AUFSTOCKUNG IN<br />
WIENER VERTRETUNG<br />
Personell hat die deutsche Bundesregierung<br />
sowohl im Berliner Außenministerium als auch<br />
in der Ständigen Vertretung am OSZE-Sitz in Wien<br />
seit dem Sommer stark aufgerüstet. Alle OSZE-relevanten<br />
Bereiche wurden ausgebaut, nun sei mit<br />
etwa 30 Mitarbeitern der definitive Stand für das<br />
Vorsitzjahr erreicht, heißt es in der Wiener Delegation.<br />
Bewährte Kräfte blieben in Wien, zusätzlich<br />
wurden Diplomaten aus Berlin geholt. Auch<br />
das nicht-diplomatische Personal wurde an Ort<br />
und Stelle verstärkt.<br />
Der deutsche OSZE-Botschafter Eberhard Pohl,<br />
zuvor Botschafter in Ankara, der im Juli die Leitung<br />
der ständigen Vertretung in Wien übernahm, ist<br />
ein erfahrener Mann in Sachen OSZE. Er war 2000-<br />
04 bereits in Wien bei der deutschen OSZE-Vertretung<br />
im Einsatz, dann lange im Berliner Außenamt<br />
für die Sicherheitspolitik zuständig. „Die politische<br />
Kraft“ des Vorsitzes ist selbstredend der Außenminister,<br />
der von Gernot Erler unterstützt wird. Auch<br />
Erler blickt auf lange Erfahrung im OSZE-Raum zurück,<br />
Anfang <strong>2015</strong> wurde er als Sonderbeauftragter<br />
der Regierung für den OSZE-Vorsitz eingesetzt.<br />
In Berlin wurde ein starker OSZE-Stab aufgebaut,<br />
heißt es in der Ständigen Vertretung<br />
in Wien. Für die Task Force wurden ferner Austauschbeamte<br />
aus anderen OSZE-Staaten zur Verfügung<br />
gestellt, eine übliche Praxis. Im konkreten<br />
Fall kommen sie aus der Schweiz, Österreich,<br />
Frankreich, Polen und den Niederlanden. Die Leitung<br />
der Task Force hat Botschafterin Antje Leendertse<br />
inne. Zu einzelnen Themen und Konflikten<br />
um OSZE-Raum werden, wie es sich bewährt hat,<br />
auch Sonderbeauftragte des Vorsitzes eingesetzt<br />
werden, ein Dutzend Diplomaten, die Fachwissen,<br />
Kontakte und viel diplomatische Erfahrung einbringen.<br />
•<br />
»Die OSZE ist<br />
bis heute das<br />
Fundament der<br />
Sicherheitsarchitektur<br />
in<br />
Europa.<br />
«<br />
Frank-<br />
Walter<br />
Steinmeier<br />
FACTS<br />
OSZE<br />
Die Organisation für Sicherheit<br />
und Zusammenarbeit in<br />
Europa entstand vor vierzig<br />
Jahren, im August 1975,<br />
mit der Schlussakte von<br />
Helsinki und geht aus der<br />
vormaligen Konferenz über<br />
Sicherheit und Zusammenarbeit<br />
in Europa (KSZE)<br />
hervor. An der OSZE<br />
nehmen 57 Staaten teil, darunter<br />
alle Staaten Europas<br />
(außer Kosovo), die Türkei,<br />
Russland, die Mongolei,<br />
die Nachfolgestaaten der<br />
Sowjetunion, die USA und<br />
Kanada. Der Hauptsitz ist<br />
in Wien. Die Ziele der OSZE<br />
sind die Sicherung des<br />
Friedens und der Wiederaufbau<br />
nach Konflikten. Sie<br />
deckt ein breites Feld an<br />
Sicherheitsfragen ab. Dazu<br />
gehören der politischmilitärische,<br />
wirtschaftliche,<br />
ökologische und humanitäre<br />
Bereich. Generalsekretär<br />
ist seit 2011 der Italiener<br />
Lamberto Zannier.<br />
<strong>SOCIETY</strong> 2_<strong>2015</strong> | 61