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SOCIETY 367 / 2015

Nr. 367 I Nr. 1 - 2015

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USA<br />

KOMMENTAR<br />

US-Präsident<br />

Barack Obama<br />

hat<br />

in der Außenpolitik<br />

schwierige<br />

Aufgaben zu bewältigen. Im<br />

arabischen Raum ist ein Ende<br />

der Bürgerkriege und Konflikte<br />

nicht absehbar, in Asien macht<br />

China durch seine Großmachtpolitik<br />

den Amerikanern das<br />

Leben schwer, mit Europa geht<br />

in Sachen Handelsverträgen<br />

nichts weiter. Doch in Amerika<br />

konnte der Chef im Weißen<br />

Haus einen Erfolg einfahren.<br />

Kuba ist wieder „in“.<br />

•<br />

Dialog Washington-<br />

Havanna nach langer<br />

Funkstille<br />

Handelsembargo, Reiseverbote,<br />

Verschwörungen, Putschversuche,<br />

Flüchtlings-Exodus<br />

– bewegte Jahre liegen hinter<br />

zwei Staaten, die größenmäßig<br />

wie David und Goliath<br />

anmuten. Die Geschichte des<br />

US-Embargos verlief voller Ups<br />

and Downs, wobei Verschärfungen<br />

und Lockerungen einander<br />

ablösten wie karibische<br />

Stürme. 2009 hatte die Regierung<br />

Obama die beidseitigen<br />

Reisebeschränkungen wieder<br />

gemildert und Geldtransfers<br />

wieder erlaubt. Hinter den<br />

Kulissen liefen Gespräche auf<br />

Regierungsebene.<br />

Vor Weihnachten 2014 erfolgte<br />

der Umschwung. Barack<br />

Obama und Raul Castro, sein<br />

kubanischer Gegenspieler, traten<br />

nach langen Geheimverhandlungen<br />

ins Rampenlicht<br />

und verkündeten ihre Ziele:<br />

Wiederaufnahme diplomatischer<br />

Beziehungen, Erleichterungen<br />

für Handel, Finanzen<br />

und Tourismus. Freilich<br />

ist noch ein weiter Weg zurückzulegen.<br />

Zur Aufhebung<br />

des 1962 gegen die Zuckerinsel<br />

verhängten Embargos bedarf<br />

es der Zustimmung des<br />

US-Kongresses.<br />

Nach 50 Jahren Funkstille<br />

ging es dennoch Schlag auf<br />

Schlag. Seit Jahresbeginn <strong>2015</strong><br />

fanden alternierend Verhandlungsrunden<br />

in Havanna und<br />

Aussöhnungssignale<br />

aus der Karibik<br />

Ein halbes Jahrhundert herrschte Eiszeit zwischen<br />

der Großmacht USA und der kleinen Karibik-Insel<br />

Kuba. Nun aber haben die politischen Führer in<br />

Washington und Havanna ein neues Kapitel<br />

aufgeschlagen. Die Zeichen stehen auf Öffnung.<br />

Analyse von Hermine Schreiberhuber<br />

Washington statt. Beim Gipfel<br />

der Organisation Amerikanischer<br />

Staaten kam es zum<br />

ersten direkten Treffen der<br />

Staatschefs beider Seiten seit<br />

der Kubanischen Revolution<br />

1959. Das Foto vom Handschlag<br />

zwischen Obama und<br />

dem jüngeren Castro-Bruder<br />

ging um die Welt.<br />

•<br />

Argentinischer Papst<br />

als Drahtzieher<br />

Dass der aus Argentinien<br />

stammende Papst Franziskus<br />

I. bei dem Annäherungsprozess<br />

eine bedeutende Rolle<br />

spielte, steht außer Zweifel.<br />

„Der Pontifex schrieb einen<br />

Brief an den US-Präsidenten<br />

mit der Bitte, die Sanktionen<br />

aufzuheben“, erklärte der<br />

Erzbischof von Havanna, Jaime<br />

Lucas Ortega, im März im<br />

Gespräch mit der Autorin. Der<br />

Papst habe auf Obama großen<br />

Einfluss, fügte der Kardinal<br />

hinzu. Ortega selbst hat sich<br />

als Brückenbauer verdient gemacht<br />

und das Verhältnis der<br />

katholischen Kirche zu dem<br />

kommunistischen Staat repariert.<br />

Der Einsatz der Kirche für<br />

das Volk, vor allem im Sozial-<br />

und Bildungssektor, wird<br />

vom kubanischen Regime gewürdigt.<br />

Nach der Revolution<br />

erlebte die Kirche Unterdrückung<br />

und Marginalisierung,<br />

heute ist sie als Akteur und<br />

Mediator anerkannt. Nachdrücklich<br />

fordert sie die Freilassung<br />

politischer Gefangener.<br />

Die Weichen für einen<br />

Papst- Besuch wurden gestellt,<br />

als Franziskus im Mai Raul<br />

Castro im Vatikan empfing.<br />

Vor seiner USA-Visite im September<br />

plant der Pontifex nun<br />

einen Aufenthalt in Kuba ein.<br />

Diese Reisekombination<br />

wird eine starke Signalwirkung<br />

haben. In Kuba begibt<br />

sich Franziskus nicht nur in<br />

ZUR PERSON<br />

Mag. HERMINE<br />

SCHREIBERHUBER war stellvertretende<br />

Ressortleiterin für Außenpolitik<br />

bei der Austria Presse<br />

Agentur (APA). Ferner verfasst<br />

sie Reportagen für Wochenzeitungen<br />

wie „Die Furche“ und<br />

wirkt an politischen Büchern mit.<br />

die Hauptstadt, er besucht<br />

auch die Städte Holguin und<br />

Santiago de Cuba. In den USA<br />

absolviert das Kirchenoberhaupt<br />

danach, mit frischen<br />

Eindrücken von der Karibik-<br />

Insel im Gepäck, ein Top-Programm.<br />

Franziskus trifft den<br />

Präsidenten im Weißen Haus,<br />

er wird als erster Papst vor beiden<br />

Häusern des Kongresses<br />

sprechen und dann bei der<br />

UNO-Generalversammlung in<br />

New York das Wort ergreifen.<br />

•<br />

Weg von der Terrorliste,<br />

hin zu Pop-Stars<br />

und Fussball<br />

In der Zwischenzeit wurden<br />

weitere Erfolge Richtung Normalisierung<br />

verbucht. Ende<br />

Mai strichen die Vereinigten<br />

Staaten Kuba von der Terrorliste;<br />

zugleich forderten sie die<br />

Verbesserung der Menschenrechte<br />

ein. Dieser wichtige<br />

Schritt Obamas zur Knüpfung<br />

diplomatischer und politischer<br />

Bindungen löste freilich<br />

bei den Republikanern Kritik<br />

aus. Der republikanische Sprecher<br />

im Repräsentantenhaus,<br />

John Boehner, sprach von einem<br />

verschenkten politischen<br />

Sieg an das Castro-Regime.<br />

Aber auch zwischenmenschlich<br />

kommt man sich<br />

näher. Nach einem halben<br />

Jahrhundert wurde erstmals<br />

wieder die Lizenz für eine Fährverbindung<br />

zwischen Florida<br />

Fotos: Nelson, Pixelio/Sylvi<br />

44 | <strong>SOCIETY</strong> 1_<strong>2015</strong>

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