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SOCIETY 367 / 2015

Nr. 367 I Nr. 1 - 2015

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DIPLOMATIE<br />

FRANKREICH<br />

Die französische Botschaft<br />

befindet sich am Wiener<br />

Schwarzenbergplatz auf<br />

einem dreieckigen Grundstück,<br />

das der französische<br />

Staat 1901 erwarb.<br />

Das Gebäude sollte eine Huldigung an den<br />

Stil des „Art Nouveau“ sein, der während<br />

der Weltausstellung im Jahr 1900 Triumphe<br />

feierte. Architekt war George-Paul<br />

Chedanne, der ein Gesamtkunstwerk konzipierte,<br />

das sich durch die stilistische Einheit<br />

aus Architektur, Innen- und Außendekoration<br />

und des Mobiliars auszeichnete.<br />

Dabei gab es eine fruchtbare Zusammenarbeit<br />

verschiedener französischer Künstler<br />

und österreichischer Unternehmen. Das<br />

Gebäude wurde 1909 fertiggestellt und im<br />

Mai desselben Jahres bezogen. Es ist weltweit<br />

das einzige Botschaftsgebäude Frankreichs<br />

im Art Nouveau Stil.<br />

Interessanterweise währte die Bewunderung<br />

für das Gebäude nur kurz. Über<br />

viele Jahre wurden die Architektur und<br />

Einrichtung als dekadenter „Nudelstil“<br />

verunglimpft. Das setzte sich nach dem<br />

Zweiten Weltkrieg fort, als wertvolle Details<br />

der Einrichtung oder ganze Räume<br />

einfach entfernt wurden, weil sie nicht<br />

gefielen oder nicht dem damaligen Geschmack<br />

entsprachen. In den 5,50 Meter<br />

hohen Speisesaal mit Holztäfelungen<br />

wurde in den 1950er Jahren beispielsweise<br />

eine Zwischendecke für Büros eingezogen,<br />

und auch der Festsaal und andere Räume<br />

verloren komplett ihr ursprüngliches<br />

Aussehen. Erst später wurde mit mehr Respekt<br />

gegenüber der originalen Architektur<br />

umgegangen, und Anfang der 1990er<br />

Jahre fanden umfangreiche Renovierungsarbeiten<br />

statt. Dabei wurden etwa die von<br />

Beginn an geplanten zwölf Ölmalereien<br />

des Malers André Devambez mit mehr<br />

als siebzigjähriger Verspätung im so genannten<br />

Salon Devambez angebracht – sie<br />

wurden 1912 vom damaligen Botschafter<br />

einfach abgelehnt und nach Paris zurückgeschickt,<br />

wo sie auf verschiedene Büros<br />

des Außenministeriums verteilt wurden.<br />

Dennoch ist die französische Botschaft<br />

bis heute ein Gesamtkunstwerk geblieben.<br />

Zu erwähnen seien der Sitzungssaal mit<br />

Holztäfelungen im Art Nouveau Stil, die<br />

Ehrentreppe mit der prachtvollen Schmiedeeisenkunst,<br />

die große Galerie im zweiten<br />

Stock mit Tapisserien aus dem 17. und<br />

18. Jahrhundert und der Speisesaal mit<br />

Originalmöbeln aus dem Jahr 1909. Auch<br />

die vielen kleinen Details wie Wand- und<br />

Deckenleuchten, Fresken, Reliefs, Gobelins<br />

usw., die die vergangenen Jahrzehnte<br />

unbeschadet überdauert haben, machen<br />

das Gebäude zu etwas Besonderem. •<br />

Fotos: <strong>SOCIETY</strong>/Pobaschnig<br />

68 | <strong>SOCIETY</strong> 1_<strong>2015</strong>

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