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SOCIETY 367 / 2015

Nr. 367 I Nr. 1 - 2015

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DIPLOMATIE<br />

FRANKREICH<br />

bisschen mehr Zeit. Es ist wichtig, eine gemeinsame<br />

Lösung mit Russland zu finden.<br />

Ist der Iran in der Region angesichts der jetzigen<br />

Situation mit ISIS wichtiger geworden?<br />

Das Nuklearprogramm des Iran ist ein Problem.<br />

Wir haben Regeln, was die friedliche Nutzung der<br />

Atomenergie auch die Verhinderung der Entwicklung<br />

von Nuklearwaffen anbelangt. Es gibt ein<br />

internationales Abkommen, das NPT, es gibt eine<br />

dafür zuständige internationale Agentur, die IAEA<br />

mit Sitz in Wien, und es gibt die Verhandlungsrunde<br />

mit dem Iran. Die Jihadisten der ISIS, die<br />

sehr grausam und barbarisch sind, sind ein anderes<br />

Problem. Sie stellen eine Herausforderung<br />

für die Völker und Staaten in der Region dar. Das<br />

betrifft hauptsächlich den Irak, Kurdistan und die<br />

Menschen in Syrien, aber es betrifft auch uns, weil<br />

es viele Jihadisten gibt, die aus Europa kommen<br />

und nach Europa zurückkehren. Es gibt auch andere<br />

terroristische Gruppen, die Anhänger von<br />

ISIS sind und deren Methoden auch in anderen<br />

Ländern anwenden wollen. Das haben wir schon<br />

in Algerien erlebt, als ein Franzose als Geisel festgehalten<br />

wurde und nach drei Tagen von einer<br />

terroristischen Gruppe hingerichtet wurde. Das<br />

ist eine Herausforderung für uns alle, und wir haben<br />

ein gemeinsames Interesse in Europa, gegen<br />

ISIS zu kämpfen. Das liegt auch im Interesse des<br />

Iran, aber das bedeutet nicht, dass wir Abstand<br />

von den Regeln und Prinzipen nehmen könnten<br />

oder dürften, was das Nuklearprogramm des Iran<br />

anbelangt, nur weil wir einen gemeinsamen Feind<br />

haben – ISIS ist auch eine Bedrohung für den Iran.<br />

Das sind zwei verschiedene Angelegenheiten.<br />

Gibt es konkrete Beispiele von Wirtschaftsprojekten<br />

zwischen Österreich und Frankreich?<br />

Es gibt viele französische Firmen, die hier ansässig<br />

sind und Investitionen haben. Was Frankreich<br />

anbelangt, gibt es Firmen in fast allen Sektoren,<br />

wie Atos, Alstom, Lafarge, Saint Gobain, GDF Suez,<br />

Schneider, Renault, Peugeot-Citroën, Thales, Air<br />

liquide, Société Générale, BNP Paribas, L’Oréal. Es<br />

gibt 250 französische Firmen, die in Österreich<br />

tätig sind. Frankreich und Österreich sind enge<br />

wirtschaftliche Partner, was den Außenhandel<br />

betrifft: der Import/Export beträgt 9,4 Milliarden<br />

Euro. Leider hatten wir mit Österreich ein Handelsdefizit<br />

von 2,2 Milliarden letztes Jahr. Österreich<br />

exportiert mehr nach Frankreich als umgekehrt.<br />

Was Österreich anbelangt, sind z.B. Borealis, Donau<br />

Chemie, Fritz Egger, Kaindl, Mayr Melnhof, Agrana,<br />

Montana, Kapsch, Wienerberger, Andritz, Stölzl,<br />

Magna, Do&Co und AVL vertreten.<br />

Gibt es aktuell ein konkretes Projekt, an dem<br />

Sie arbeiten?<br />

Es gibt kein Projekt, das den Staat direkt involviert.<br />

In Europa handelt es sich nicht um große<br />

Projekte wie in den Schwellenländern, wo man<br />

die Infrastruktur ausbaut oder Waffen oder Flugzeuge<br />

verkauft. Das bedeutet, dass zwischen den<br />

»Die Sanktionen<br />

sind ein Mittel,<br />

damit Russland<br />

sein Verhalten<br />

ändert.<br />

«<br />

Pascal<br />

Teixeira da<br />

Silva<br />

europäischen Ländern die Unternehmen vernetzt<br />

sind, ohne staatliche Unternehmen zu sein. Was<br />

wir machen können und müssen, ist, das Leben<br />

der Unternehmen zu erleichtern. Seit meiner<br />

Ankunft habe ich Kontakte mit den wichtigsten<br />

österreichischen Investoren geknüpft, ich habe erfahren,<br />

wie ihr Geschäft in Frankreich läuft, was<br />

es für Probleme gibt und was ihre Erwartungen<br />

sind. Do und Co zum Beispiel hat im Juni eine<br />

bekannte Marke für Catering gekauft und hat die<br />

Absicht, dieses Geschäft in Frankreich zu entwickeln.<br />

Wir versuchen, Do und Co zu helfen, ihren<br />

Geschäftsbereich zu entwickeln.<br />

Was gefällt Ihnen an Wien?<br />

Wien ist das Paradies für Musik, weil das Angebot<br />

so vielfältig ist. Wir wohnen ganz nah vom Musikverein,<br />

der Staatsoper, dem Konzerthaus, dem<br />

Theater an der Wien. Es gibt keine andere Stadt,<br />

in der die Musik auf einem so hohen Niveau und<br />

das Angebot so reich ist. Musik wird hier sehr ernst<br />

genommen als holde Kunst, wie Schubert in einem<br />

seiner Lieder sagt. Deshalb ist es für mich ein großes<br />

Privileg in Wien zu sein. Ich habe diesen Posten<br />

gewollt und gewünscht. Ein Traum hat sich erfüllt.<br />

Nicht nur wegen der Musik, sondern auch weil es<br />

in diesem Land viel Kultur und viel Geschichte gibt<br />

und weil Österreich auch nach dem Fall des Eisernen<br />

Vorhangs und dank der Osterweiterung wieder<br />

seine historische Rolle spielen kann. Wien ist nicht<br />

nur interessant wegen seiner reichen Kultur und<br />

Geschichte, sondern auch aufgrund seiner Geografie<br />

und seiner natürlichen Rolle als Vermittler. Und<br />

in den wirtschaftlichen und sozialen Bereichen ist<br />

Österreich ein Vorbild – Sozialpartnerschaft, starker<br />

Mittelstand, Ausbildung und Lehre, Innovation<br />

–, von dem man viel lernen kann.<br />

•<br />

<strong>SOCIETY</strong> 1_<strong>2015</strong> | 65

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