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Zeichnung Druidomobil von Steivan L. Könz<br />
Alte Mühle am Clozzabach<br />
Sofia und Giacomin Ghilotti haben die Savoldellis von Anfang<br />
an mit offenen Armen aufgenommen. Mit den 100<br />
Jahren haben sie ihnen auch ihr Kind überlassen, die « Üja » <strong>–</strong><br />
das Hotel «Traube», das kleine Hotel, entstanden aus der<br />
Mühle am Clozzabach, zusammen mit dem Silberschatz,<br />
unzähligen Messern, Gabeln und Kännchen, alles in Reih<br />
und Glied, frisch versilbert und poliert. Bestimmt gab es<br />
auch schon andere Hotelübergaben, wo das Silber wie von<br />
Zauberhand fremde Wege gegangen war.<br />
DRUIDE UND DRAGUN<br />
An den Wänden unzählige Porträts mit fremdartigen Fabelwesen,<br />
Drachen, Nixen und Figuren. Diese allerdings unter<br />
Vorbehalt, denn die gehörten einem besonderen Mann aus<br />
Guarda. Steivan Liun Könz hatte Bedenken, ob er seine Bilder<br />
in der «Traube » lassen wollte. Da musste der Koch sich<br />
schon etwas Besonderes einfallen lassen. Ein Geburtstagsessen<br />
war die ideale Gelegenheit dazu. Durch Steivan Liuns<br />
Mitwirken wurde das Fest zu einem unvergesslichen Erlebnis.<br />
Koch und Künstler wurden Freunde. Die Bilder<br />
hängen bis zum heutigen Tag. Geblieben sind auch Reliefs,<br />
bunte Spiegel, Keramik, Sgraffiti und unzählige Kleinigkeiten.<br />
Steivan Liun lebt in der «Traube » wie eh und je.<br />
Seine Einführung in das Zubereiten der wirklich wahren und<br />
echten Feuerzangenbowle ist in lebhafter Erinnerung geblieben.<br />
Die handbemalten Etiketten auf den Gewürzgläsern haben<br />
nicht im Geringsten an Leuchtkraft verloren. Als hätte<br />
sie der Drache soeben ausgespuckt.<br />
Es war einmal ein Mann <strong>–</strong> ist schon fast über 100 Jahre her <strong>–</strong>,<br />
der war gross und stark wie eine Zypresse. Aber es herrschte<br />
grosse Not im Lande. Ganze Heerscharen zogen weg, viele<br />
gingen nach Amerika. Grossvater Pietro Savoldelli packte<br />
seine Frau und einen Haufen Kinder auf einen Karren, und<br />
das kleine Pferd zog die Familie den ganzen Weg von Bergamo<br />
bis zum Passo dello Spluga. Am Zoll endete die Fahrt,<br />
denn für das Pferd sollten fünfzig Franken bezahlt werden.<br />
Der arme Einwanderer war verzweifelt und ohne Geld. Der<br />
Wirt sah die grosse Sorge in Grossvaters Augen und gab ihm<br />
das Geld mit den Worten: «Wenn du ein rechtschaffender<br />
Mann bist, dann bringst du mir das Geld zurück, sobald<br />
du es verdient hast.» Ein paar Tage später sollte er sein Geld<br />
zurückbekommen. Weil sein Eindruck ihn nicht getäuscht<br />
hatte, erliess er dem Schuldner einen rechten Teil. Vielleicht<br />
war das ein erstes Zeichen einer wohlwollenden und guten<br />
Schweizer Gastfreundschaft.<br />
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