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2015-03

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Unterhaltung<br />

Spuren der<br />

Vergangenheit<br />

..... wenn die Oma mit dem Enkel – Besuch im Eiserfelder Bergwerk<br />

Foto: Eva-Maria Herrmann<br />

Alles was glitzert und glänzt hat einen magischen<br />

Reiz. Dieser Magie verfielen auch meine Enkel.<br />

Das Gelände der ehemaligen Grube Ratzenscheid<br />

hatte es ihnen ganz besonders angetan. Dort, am Fuße der<br />

Kalteiche, wo das Gebiet uneben ist, entdeckten sie zwischen<br />

der Grasnarbe und dem Heidekraut ihre ersten edlen<br />

Steine. Sie buddelten emsig und schleppten ihre gesammelten<br />

Schätze und Kostbarkeiten in sämtlichen Jacken- und<br />

Hosentaschen nach Hause. Für die Jungen war und blieb es<br />

eine besondere Welt. Tiere in der Natur zu beobachten ist<br />

zwar interessant, aber die vielen Hügel und Vertiefungen<br />

ließen die kleinen Buben in eine vollkommene Fantasiewelt<br />

eintauchen. Eingänge zu Schächten oder was es sonst noch<br />

alles auf einem ehemaligen Grubengelände zu entdecken<br />

gibt, lassen Abenteuer von Helden erahnen, die eine Kinderwelt<br />

bereichern. Seitdem wir auch auf Bergmannspfaden<br />

wandern oder radeln können, bieten sich die Stätten des<br />

alten Bergbauwesens regelrecht an. Was mit dem Finden<br />

und Sammeln von Steinen begann, setzte sich fort. Seitdem<br />

mein ältester Enkel das erste Schuljahr erlebte und er aus<br />

Buchstaben sogar Worte lesen konnte, stellte er fest wie<br />

viel Cooles es in seiner Umgebung gibt. Die Grube „Ratzenscheid“<br />

und was er darüber erfuhr: „Ist ja schon uralt!<br />

Das ist megakrass!“ Erstmals wurde sie 1298 urkundlich<br />

erwähnt. In der Nachbarschaft fanden sich weitere Hits<br />

von Grubennamen wie: Fortuna, Landeskrone, Jakobssegen,<br />

Schwarzer Schornstein und Marie. Beim letzten Kindergeburtstag<br />

war das Bergmannsdenkmal in Richtung zur<br />

Grube Neue Hoffnung das Nonplusultra einer gelungenen<br />

Schatzsuche. Als Oma konnte ich nun mit einem weiteren<br />

Clou punkten, als vor einigen Wochen ein Hinweis des Besucherbergwerks<br />

in Eiserfeld in der Zeitung erschien. Ein<br />

ideales Ausflugsziel dachte ich. Das Wetter war an jenem<br />

Sonntag schlecht und so fragte ich meinen Enkel: „Hast du<br />

Lust mit mir auf Entdeckungstour zu gehen?“ Er reagierte<br />

etwas zögerlich, doch als er hörte: „Meinst du wirklich<br />

einmal unter die Erde“, überwog die Neugier. In Nullkommanix<br />

stand er in angesagten Gummistiefeln parat und als<br />

er dann die Loren, eine alte vorgespannte Grubenlok und<br />

den großen Stolleneingang sah, war er perplex. Ein Herr<br />

des Heimatvereins übernahm die Gruppe der wartenden<br />

Besucher und begann mit einer Einführung. Bei dem Namen<br />

„Reinhold Forster Erbstolln“, den Jona langsam vor<br />

sich hin buchstabierte, erfuhren wir, dass jener Herr weder<br />

mit dem heimischen Bergbau noch überhaupt mit dem<br />

Siegerland in Verbindung stand. Warum und weshalb dieser<br />

Name auserwählt wurde, blieb unbekannt und dass der<br />

Herr außerdem schon zweihundert Jahre tot sei, fand auch<br />

ein Sechsjähriger: „Eigenartig! Dann hat man ihn hier aber<br />

ganz doll verehrt!“ Forster, 1729 bei Danzig geboren, galt<br />

als einer der namhaftesten Naturforscher und Geologen des<br />

achtzehnten Jahrhunderts. Er stand einige Jahre in Diensten<br />

der Zarin Katharina II. von Russland, lebte anschließend in<br />

England als Professor für Naturgeschichte und begleitete<br />

sogar Capitän Cook auf dessen zweiter Weltreise. Er starb<br />

1798 in Halle/Saale. Außerdem erfuhren wir, dass der Begriff<br />

„Erbstolln“ nichts mit „erben“ zu tun hat, sondern sich<br />

auf das Abfließen des Gruben- oder Grundwassers bezieht.<br />

48 durchblick 3/<strong>2015</strong>

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