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2015-03

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Ehrenamt<br />

Weinen – lachen, trauern – trösten<br />

Trauercafé der Hozpizhilfe feiert 10-jähriges Jubiläum<br />

Wenn man leidet, tut es so gut, ein befreundetes Herz<br />

zu haben, worin unser Schmerz sein Echo findet<br />

(Theresia von Lisieux)<br />

Der Verlust<br />

hat dich<br />

tief getroffen<br />

aus dem<br />

Gleichgewicht gebracht<br />

aus der<br />

Bahn geworfen<br />

Nimm meine Hand!<br />

Jetzt sitzt du<br />

am Wegesrand<br />

blind vor Trauer<br />

nimmst Abschied<br />

weinst<br />

Angelika Fichtner<br />

Durch kaum ein anderes Ereignis wird die Brüchigkeit<br />

und Zerrissenheit des Lebens so deutlich<br />

sichtbar wie durch Krankheit, Sterben und Tod. Bei<br />

keinem anderen Geschehen wird uns die Gebrechlichkeit<br />

und Vergänglichkeit des Lebens so überaus schmerzlich bewusst<br />

wie beim Tod eines uns nahestehenden und geliebten<br />

Menschen. Wir wissen zwar, vom Verstand her, dass wir<br />

sterblich sind, aber unser Herz kann die Endlichkeit, die<br />

durch Abschied nehmen und Loslassen müssen so tiefgreifend<br />

spürbar wird, wenn überhaupt, nur sehr schwer akzeptieren.<br />

Trauer, Wut und Verzweiflung verbinden sich mit<br />

der unbeantwortbaren Frage nach dem: Warum? Gleichzeitig<br />

stellen sich im Angesicht des Todes so Grundsatzfragen<br />

wie: Was ist der Mensch? Worin liegt die letzte und<br />

endgültige Bestimmung des Menschen? Gibt es ein Leben<br />

nach dem Tod?<br />

All dies bedeutet: Der Tod und damit Verlust eines Menschen,<br />

insbesondere dann, wenn er völlig unerwartet und<br />

unvorbereitet eintritt, versetzt die Angehörigen und Hinterbliebenen<br />

gewissermaßen in einen Ausnahmezustand. Die<br />

Lücke, die der verstorbene Mensch hinterlässt, muss neu<br />

ausgefüllt werden. Nicht selten ist diese Zeit der Trauer und<br />

des Abschieds ein (ungewollter) Wendepunkt, der eine Neuorientierung<br />

des eigenen Lebens mit sich bringt. Eine große<br />

Herausforderung, denn das Leben in der heute so rastlosen<br />

Zeit und in einer immer komplexer werdenden Welt, geht ja<br />

unbeirrt weiter und will weiterhin gemeistert werden. Bei all<br />

dem besteht die Gefahr, dass der Trauer nicht mehr ausreichend<br />

genug Zeit eingeräumt und daher nicht richtig verarbeitet<br />

wird und die Seele dadurch verletzt und krank wird.<br />

In dieser schwierigen Lebensphase braucht der trauernde<br />

Mensch, als ein zutiefst soziales Wesen, Halt und Zuspruch<br />

durch seine Mitmenschen. Gott sei Dank besitzen wir eine<br />

besondere Gabe, über die nur wir Menschen verfügen, die Gabe<br />

des Trostes und der Anteilnahme. Die Natur kennt keinen<br />

Trost. Ein sichtbares Zeichen dieser Gabe ist das Trauercafé<br />

der Ambulanten ökumenischen Hospizhilfe Siegen im Haus<br />

Herbstzeitlos, das in diesem Jahr sein 10-jähriges Jubiläum<br />

feiert. Dorthin kommen regelmäßig Männer und Frauen, die<br />

den Verlust eines nahestehenden Menschen betrauern und<br />

über ihre Trauer reden und mit anderen Betroffenen teilen<br />

wollen. In diesen 10 Jahren ist im Trauercafé viel geweint,<br />

gelacht, getrauert und getröstet worden. Der nachstehende<br />

Bericht „Trauer braucht Raum“ von Frau Ulla Krombach-<br />

Stettner, Trauerbegleiterin und eine der Koordinatorinnen der<br />

Ambulanten ökumenischen Hospizhilfe, die bei der Gründung<br />

des Trauercafés mitgewirkt hat, gibt einen Einblick in die praktische<br />

Arbeit im Trauercafé und lässt Gäste, die das Trauercafé<br />

besucht haben, zu Wort kommen. Eberhard Freundt<br />

Trauer braucht Raum<br />

Das Trauercafé, ein Ort, wo Trauer Raum bekommt,<br />

was nicht heißt, dass man in einem Trauercafé immer<br />

über die Trauer spricht, sondern dass es möglich<br />

ist, darüber zu sprechen, dass es aber auch um Kontakt<br />

zu anderen Betroffenen geht. „Das Trauercafé hat mir Halt<br />

gegeben in einer Zeit, als ich sehr einsam war nach dem Tod<br />

meiner Frau“, sagt Franz Münker. „Trauercafé, wozu soll das<br />

gut sein? Das bringt mir nichts, ich brauch kein Kaffeekränzchen.“<br />

Auch solche Aussagen sind zu hören, wenn man Trauernden<br />

den Besuch im Trauercafé empfiehlt. Es ist sicher<br />

nicht immer leicht, allen Bedürfnissen gerecht zu werden, da<br />

die Trauernden ja an ganz unterschiedlichen Punkten auf ihrem<br />

Weg durch die Trauer stehen. Die Themen sind deshalb<br />

ganz vielfältig. Auch wenn die Menschen über Urlaub oder<br />

ihren Garten erzählen, sprechen sie im Grunde auch darüber,<br />

dass sie das alles nun alleine tun müssen und wie sie dies<br />

empfinden. Elisabeth Bender sagt dazu: „Es findet ein Lernen<br />

voneinander dadurch statt, dass man hört, wie andere ihren<br />

Weg gehen, oder was ihnen geholfen hat.“ Margret Kunz fügt<br />

hinzu: „Durch die Gespräche im Trauercafé habe ich erfahren,<br />

dass es wichtig ist, Nein<br />

sagen zu lernen gegenüber zu<br />

Doch bald<br />

musst du aufstehen<br />

ausbalancieren<br />

deinen Weg<br />

vorsichtig<br />

weitergehen.<br />

Nimm meine Hand<br />

vielen Erwartungen aus dem<br />

sozialen Umfeld.“ Die Frauen<br />

und Männer, die ins Trauercafé<br />

kommen, machen die Erfahrung,<br />

dass es hilfreich ist, mit<br />

Menschen, die wissen, wovon<br />

man spricht, gemeinsam zu<br />

essen und sich auszutauschen.<br />

Ausgebildete und erfahrene,<br />

ehrenamtliche Mitarbeite-<br />

58 durchblick 3/<strong>2015</strong>

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