PS 01/2017
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Das passende<br />
Mapping im übersichtlichen<br />
Cockpit<br />
eingeloggt, Traktionskontrolle<br />
passend<br />
justiert, erster Gang<br />
rein – und ab geht’s<br />
zum Alpenjazz in die<br />
vollbesetzte Arche<br />
Na, diesmal war‘s aber wirklich<br />
knapp! Der erste Tenorhornist<br />
der Rinner Blasmusik-Kapelle<br />
hatte sich beim<br />
hektischen Ankleiden zu Hause die<br />
rechte Hand beim Zuschlagen der Garderobentür<br />
eingeklemmt und war bereits<br />
unterwegs ins Innsbrucker Krankenhaus.<br />
Der dort waltende Gips-Otto<br />
darf schon als Genie im Einrenken und<br />
Stabilisieren von Knochen gelten, aber<br />
an das flinke Bedienen der Ventile des<br />
Tenorhorns bei „Eine Gämse in den<br />
Bergen“ oder „Einzug der Gladiatoren“<br />
war trotzdem nicht zu denken.<br />
Ich musste also einspringen. Allerdings<br />
sollte das Konzert schon in weniger<br />
als einer Stunde im endlich wieder<br />
eröffneten Gasthof Arche stattfinden.<br />
Und trotz meiner ausgeprägten Routine<br />
im „Verdammt-spät-Dransein“ hatte ich<br />
leichte Zweifel, ob sich das noch ausgehen<br />
könnte. Zum Glück stand die japanische<br />
Freiland-Rakete MT-10 in der<br />
Garage. Wenn es denn eine Chance<br />
gab, rechtzeitig vor Ort zu sein, dann<br />
mit dem Super-Naked von Yamaha.<br />
Mörder Reihenvierer mit Prüfstand-beglaubigten<br />
160 <strong>PS</strong>, belastbares Fahrwerk,<br />
nicht ultrascharfes, sondern fast<br />
schon gutmütiges, flinkes Handling<br />
und eine mitteleuropäisch entspannte<br />
Sitzposition mit gutem Überblick. Und<br />
ganz abgesehen davon: Eine Maschine,<br />
deren Logo drei gekreuzte Stimmgabeln<br />
sind, muss doch Verständnis für<br />
einen Musikanten haben, dem der Hut<br />
brennt, wie man so sagt.<br />
Echte Marschmusik wird bei<br />
200 km/h gespielt<br />
Auf der Inntalautobahn versuchte<br />
ich mich zu beruhigen und summte<br />
das Volkslied „Die Tiroler sind lustig,<br />
die Tiroler sind froh“ in den Helm, aber<br />
ich wurde immer unrunder, bis ich zornig<br />
brüllte: „Die Tiroler haben einen<br />
Pecker, die Tiroler sind irr!“ Nicht zu<br />
fassen! Da fließt ein mörderbreites<br />
Asphaltband, das sich Autobahn nennt,<br />
durch das wunderbare Inntal, und<br />
man darf nur 100 km/h fahren!<br />
Mit den angezeigten 110 am Tacho<br />
war ich also schon im illegalen Modus.<br />
Ein Wahnsinn! Warum lassen sich die<br />
Tiroler diesen Irrsinn gefallen? Was<br />
ist aus den Nachfahren von Andreas<br />
Hofer und dem Speckbacher Josef<br />
geworden? Wo sind heute die Freiheitskämpfer?<br />
Es war zum Verzweifeln.<br />
Und als mir dann ein diszipliniert dahindümpelnder<br />
Herr im Bürgerkäfig<br />
mit Innsbrucker Kennzeichen empört<br />
den Vogel zeigte, weil ich mich vorbeischob,<br />
obwohl er ja exakt die vorgeschriebenen<br />
100 fuhr, reichte es.<br />
Ich hackte drei Gänge runter und<br />
ließ den Vierzylinder die Sinfonie der<br />
ungebremsten Freiheit in die Welt brüllen.<br />
Zornig und wild! Die schwarze Rakete<br />
beschleunigte dermaßen harsch,<br />
dass der streng nach Vorschrift popelnde<br />
Opelist wohl fürchtete, er hätte<br />
den Retourgang drinnen. Begleitet vom<br />
erregend scharfen Kreischen des Reihenvierers<br />
riss ich trotz des fehlenden<br />
Schaltautomaten nahezu blitzartig die<br />
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