PS 01/2017
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NAKED BIKES<br />
In den 80er- und 90er-Jahren<br />
sorgten vor allem US-Amerikaner<br />
wie Freddie Spencer (#19)<br />
mit dicken Vierzylinder-Nakeds<br />
dafür, dass sich neben dem GP<br />
überhaupt eine weitere international<br />
populäre Serie entwickelte.<br />
Warum also heute keine<br />
packenden WM-Rennen mit<br />
BMW S 1000 R, Suzuki GSX-S<br />
1000 oder Yamaha MT-10?<br />
Superbikes, aus denen die Motoren, Rahmen und die Elektronik<br />
der unverkleideten Ableger eigentlich stammen. Also<br />
gäbe es sicher einen Marketing-Anreiz für einen Wandel im<br />
Racing. Außerdem würden solche Nakeds der WSBK ein<br />
komplett eigenes Aussehen verleihen. Es würde sehr viel<br />
wilder, aber vor allem optisch ganz anders rüberkommen als<br />
der MotoGP. Oder ist das am Ende nur nostalgischer Nonsens<br />
von Leuten, die sich noch daran erinnern können, wie<br />
cool das damals in den 80ern war? Und macht es überhaupt<br />
Sinn, mit 200 <strong>PS</strong> starken Naked Bikes Rennen zu fahren?<br />
Doppelweltmeister Jonathan Rea ist nicht komplett dagegen,<br />
die Bikes auszutauschen. Zumindest nicht beim zweiten<br />
Nachdenken. „Als Fahrer ist es natürlich spitze, ein echtes,<br />
voll durchgetuntes Superbike fahren zu können. Warum<br />
sollte ich das also für so ein gezähmtes Motorrad drangeben<br />
wollen?“ fragt er nachvollziehbar. „Es mag ja cool und nostalgisch<br />
sein, aber wir haben 2<strong>01</strong>6. Es wäre echt schwer,<br />
diesen Umstieg zu akzeptieren, nur um sich vom MotoGP-<br />
Sport zu unterscheiden.“<br />
Doch Rea sieht auch die andere Seite. „Sollte es eine<br />
Naked Bike-Klasse geben, die Sinn macht, dann würde ich<br />
auftauchen, fahren und versuchen, das Ding zu gewinnen.<br />
Ich würde nicht wie ein beleidigtes Kind meine Spielsachen<br />
einpacken und nach Hause gehen, wenn mir Kawasaki sagen<br />
würde, wir stellen das Superbike 2<strong>01</strong>7 in die Ecke und<br />
fahren mit einer Versys in der ganz wichtigen Adventure-<br />
Bike-WM und springen auf der Gegengeraden in Jerez über<br />
einen Table, bevor es in der Dry Sack-Spitzkehre dann ins<br />
Offroad über die andalusischen Hügel geht“, lacht er.<br />
Ducati-Pilot Chaz Davies, der die letzten sieben Rennen<br />
der Superbike-Saison gewonnen hat, ist da weniger aufgeschlossen<br />
(aber er fährt auch nicht so begeistert Motocross<br />
wie Rea). „Naked Bikes in einer kleineren oder ergänzenden<br />
Klasse? Meinetwegen. Wenn die Hersteller das so wollen<br />
und es mehr Aufmerksamkeit für die ganze Veranstaltung<br />
bringt, ist mir das recht“, bemerkt der 29-jährige Brite. „Aber<br />
die WSBK ist kein Hobby-Cup. Ich bin damit aufgewachsen,<br />
echten Rennmotorrädern zuzusehen – von den 125ern bis<br />
zu Superbikes wie der Ducati 916. Naked-Superbikes finde<br />
ich jetzt nicht so aufregend. MotoGP ist ein riesiges Spekta-<br />
In Asien strömen die Zuschauer sowohl<br />
zur Superbike-WM als auch zum<br />
MotoGP. In Europa und USA knickt<br />
die Superbike-WM dagegen erheblich<br />
gegen die Zuschauerzahlen im MotoGP<br />
ein. Wenn Rossi und Co. zur Strecke<br />
bitten, tobt das Rennsportvolk. Können<br />
da neue Klassen nicht nur mehr<br />
Begeisterung beim Publikum für beide<br />
Serien auslösen, sondern auch neue<br />
Rennsportfans generieren?<br />
PUBLIKUM<br />
92 <strong>PS</strong> 1/2<strong>01</strong>7