PS 01/2017
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<strong>01</strong> Gewusel selbst in der Aufwärmrunde:<br />
herrlich, mit Stoff durch die<br />
Eau Rouge in Spa-Francorchamps<br />
zu donnern, eine der schönsten<br />
Kurven der Welt. Und dann Vollgas!<br />
02 Mann des Wortes gegen Mann<br />
des Pinsels: Autor Thomas Schmiepumpen<br />
den luftgekühlten Schlegel<br />
mächtig auf. Noch 30 Sekunden bis<br />
zum Start, das Herz pocht bis zum Hals!<br />
Du hörst nichts, bist ganz in dir<br />
selbst versunken. Es ist die Ruhe vor<br />
dem Sturm. Punkt 19.30 Uhr wird die<br />
belgische Flagge geschwenkt, alle<br />
hechten los, springen auf ihre Motorräder,<br />
drücken den Startknopf oder lassen<br />
sich am Ende des Felds anschieben.<br />
Das Spektakel beginnt – zum zweiten<br />
Mal, denn bei der Einführungsrunde<br />
zuvor war es genauso. Motoren<br />
bellen auf, der Boden erzittert. Es ist<br />
wie bei den Blues Brothers: „Heilige<br />
Mutter von der gesegneten Beschleunigung,<br />
verlass uns jetzt nicht!“ Plätze<br />
gutgemacht oder verloren? Schwer zu<br />
sagen. In die Spitzkehre von La Source<br />
stechen Dutzende Fahrer wie ein Hornissenschwarm<br />
hinein, jetzt bloß nicht<br />
mit jemandem kollidieren.<br />
Dann volle Lotte die alte Start-Ziel-<br />
Gerade runter, vierter Gang, fünfter.<br />
Links ist die gut besetzte Tribüne, aber<br />
es heißt rechts halten, eng an der historischen<br />
Boxenmauer. Rein in die Senke<br />
von Eau Rouge. Der tiefste Punkt<br />
dieser Traditionsstrecke ist eine der<br />
berühmtesten und schönsten Kurven<br />
der Welt. Weit links, ran an die Curbs!<br />
Das Motorrad federt voll in die Progression.<br />
Vor mir baut sich eine graue<br />
Wand auf, es geht steil bergauf. Willkommen<br />
in der Ardennen-Achterbahn,<br />
in der Rechts-Links-Kombination von<br />
Raidillon. Geht gut, die Bike Side-Kawa.<br />
Rund 140 <strong>PS</strong> hat Klaus Dony aus dem<br />
luftgekühlten Zweiventil-Vierzylinder<br />
gekitzelt. Respekt. Noch einfacher bieten<br />
vierventilige Suzuki-GSX-Motoren<br />
standfest Raum für viel Leistung.<br />
Mit Gefühl durchs Gewühl<br />
Abducken, mit Schmackes die lange<br />
Kemmel-Gerade rauf. An deren Ende<br />
heftig anbremsen – die AP-Racing-<br />
Bremssättel ankern gut. Mit Verve<br />
durch die Rechts-Links-Rechts, der<br />
Knieschleifer schrabbelt wieder. Nun<br />
ist die höchste Stelle der Motorsport-<br />
Kultstätte erreicht. In Form der endlosen<br />
180-Grad-Rechts namens „Bruxelles“<br />
auch eine der kniffligsten. Bereits<br />
in der ersten Runde gibt’s den ersten<br />
Sturz und Ausfall durch technischen<br />
Defekt. Selbst vier Stunden sind für<br />
über 30 Jahre alte Grundkonstruktionen<br />
von Fahrwerken und Antrieben<br />
eine echte Herausforderung. Übermotivierte<br />
Piloten fahren sehr weit innen<br />
und räumen einen Teil der Reflektoren<br />
ab, die bei völliger Dunkelheit den<br />
richtigen Weg weisen sollen.<br />
Der Geist der Endurance besteht<br />
seit dem ersten Bol d’Or im Jahr 1922.<br />
Doch die Faszination der European<br />
Classic Series macht der Charme traditioneller<br />
Motoren mit zeitgenössischer<br />
Technik und ästhetischen Formen aus!<br />
Das Ganze gepaart mit beherrschbarer<br />
Leistung, gefühlsecht serviert, kein<br />
ABS, keine Traktionskontrolle. Elektronisch<br />
ist hier allein die Zündung. Alles<br />
eingebunden in ein Team, ohne das du<br />
gar nichts bist – zum Reparieren und<br />
Präparieren, Tanken und Kochen. Dann<br />
das Fahren auf wunderschönen Kursen<br />
wie dem Circuit Paul Ricard, wo dieser<br />
Zirkus Halligalli im April unter warmer<br />
Sonne gastierte. Herrlich.<br />
Konzentration! Die schnelle Doppellinks<br />
Pouhon erlaubt diverse Radien.<br />
In Spa gibt es fast immer Kurvenkombinationen:<br />
lieber die korrekte Linie der<br />
ersten Kurve verlassen, um die zweite<br />
besser zu treffen. Continentals Radialreifen<br />
RoadAttack 2 CR (für „Classic<br />
Racing“) helfen dabei. Sie haften in den<br />
vorgeschriebenen schmalen 18-Zoll-<br />
Formaten (unsere beliebten Felgen<br />
stammen von der GSX-R 1100) wie der<br />
Teufel, rollen extrem präzise, zielgenau,<br />
haftstark und handlich. Die meisten<br />
Teams fahren auf Contis ab. Fühlt sich<br />
richtig gut an. Doch in mancher Kurve<br />
verhagelt Ölbindemittel über Schleifspuren<br />
die Ideallinie, Streckenposten<br />
halten gelb-rote Flaggen hoch. Merci!<br />
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03<br />
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