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DER KONSTRUKTEUR 6/2016

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ROBOTIK I GLOSSE<br />

Roboterkonstruktion<br />

– eine Frage der Empathie?<br />

Bildquelle: Aldebaran<br />

Auf der Hannover Messe Ende April habe ich mit UR3 Bekanntschaft<br />

gemacht. Obwohl der Roboterarm von Universal Robots<br />

nicht gerade menschenähnlich anmutet, habe ich eine gewisse<br />

Beziehung zu ihm aufgebaut, als ich im direkten Kontakt mit ihm<br />

stand, ihn programmiert habe.<br />

ABBs zweiarmiger YuMi wirkt da schon humanoider, und mit<br />

etwas Fantasie sieht man seine Schultergelenke als Augen.<br />

Ein Arm, zwei Arme, ein kompletter Körper: Atlas, der Roboter<br />

der Google-Tochter Boston Dynamics ist immer noch deutlich als<br />

Maschine zu erkennen. Trotzdem gab es in unserer Redaktion<br />

niemanden, dem nicht ein Laut des Mitfühlens entfahren wäre, als<br />

der Humanoid im YouTube-Video von einem Menschen schikaniert<br />

wurde.<br />

Frappierend, dass wir entgegen besseren Wissens auf Basis<br />

unserer Gefühle agieren. Vom Verstand her ist uns völlig klar, dass<br />

es sich um leblose Technik handelt, aber die emotionale Ebene<br />

spricht eine andere Sprache.<br />

Was ist es also, das uns dazu bringt, freundschaftliche Gefühle<br />

für einen Roboter zu entwickeln? Grundsätzlich ist der Mensch<br />

ein empathisches Wesen. Es liegt in seiner Natur, sich mit<br />

Geschöpfen seiner Art zu sozialisieren. Aber auch andere<br />

Lebewesen oder sogar Dinge können vom Menschen als Sozialpartner<br />

behandelt werden. Haustiere werden vermenschlicht<br />

und nicht selten werden Autos mit liebevoller Hingabe gehegt<br />

und gepflegt und bekommen sogar Namen. Wovon hängt es aber<br />

ab, ob wir ein Lebewesen oder ein Ding mit Emotionen belegen?<br />

Ich denke, hier spielen mehrere Faktoren eine Rolle: das<br />

Kindchenschema, ein menschenähnliches Aussehen und<br />

Verhalten, ästhetische Aspekte, vielleicht auch unbefriedigte<br />

Bedürfnisse in uns.<br />

Was heißt das nun für den Konstrukteur als Schöpfer des<br />

Roboters? Je mehr der Roboter in unser alltägliches Leben<br />

eindringt, je näher er uns kommt, umso mehr ist Akzeptanz<br />

gefragt. Ob im Pflegeheim, in der Autowerkstatt, in der Produktionshalle<br />

oder vielleicht eines Tages in der Küche und im Kinderzimmer<br />

– der Roboter wird zum Kollegen, zum Helfer und sogar<br />

zum Freund. Wie gut die Kooperation gelingt, das kann der<br />

Entwickler des Roboters maßgeblich beeinflussen. Nicht nur über<br />

die Fähigkeiten, die er dem Roboter mitgibt, sondern auch durch<br />

seine Optik und sein Verhalten. Je menschenähnlicher und<br />

sympathischer er wirkt, umso besser die Akzeptanz. Die Entwickler<br />

beim französischen Roboterhersteller Aldebaran haben das<br />

verstanden und nahezu perfekt umgesetzt: Der niedliche Pepper<br />

blickt mich mit seinen großen Kulleraugen verständnisvoll an –<br />

und mehr noch: Er kann mein Verhalten lesen und reagiert darauf.<br />

Mit der Zeit lernt er mich kennen und weiß über meine Vorlieben<br />

Bescheid – er wird mein Freund.<br />

Aber brauchen wir das und wollen wir das, bei knapp 7,5 Mrd.<br />

Menschen auf der Welt? Einen Roboter als Sozialpartner? z<br />

Martina Bopp<br />

48 Der Konstrukteur 6/<strong>2016</strong>

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