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DER KONSTRUKTEUR 6/2016

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SERIE<br />

Ingenieure entwickeln den<br />

Kühlschrank der Zukunft<br />

Wie kann in Zukunft klimafreundlich und ressourcenschonend<br />

gekühlt werden? Vielleicht mit künstlichen Muskeln aus Nickel-Titan,<br />

die Wärme und Kälte transportieren?<br />

Eine umweltfreundlichere Kühlmethode entwickeln die Forscherteams<br />

der Ingenieurwissenschaftler Stefan Seelecke und<br />

Andreas Schütze von der Universität des Saarlandes gemeinsam<br />

mit Werkstoffwissenschaftlern der Ruhr-Universität Bochum. Ihr<br />

Verfahren kommt ohne klimaschädigende Kühl- oder Kältemittel<br />

aus und soll auch weniger Energie verbrauchen als bislang übliche<br />

Kühltechniken. „Wir setzen Systeme mit Formgedächtnis-Legierungen<br />

ein, um Wärme abzutransportieren“, erklärt Stefan Seelecke,<br />

Professor für Intelligente Materialsysteme. „Formgedächtnis<br />

Formgedächtnis-Material ist Grundlage<br />

eines neuartigen Kühlverfahrens<br />

bedeutet, dass Drähte oder Bleche aus der Legierung Nickel-<br />

Titan gewissermaßen ein Erinnerungsvermögen haben: Werden<br />

sie verformt, nehmen sie anschließend die alte Form wieder an.<br />

Hierdurch können sie wie Muskeln an- und entspannen. Den<br />

Effekt, dass sie dabei Wärme aufnehmen und wieder abgeben,<br />

nutzen wir zum Kühlen“, erklärt Seelecke.<br />

Wird ein Nickel-Titan-Draht oder -Blech verformt oder gezogen,<br />

verändert sich die Gitterstruktur im Inneren des Metalls und es<br />

entstehen Spannungen. Diese so genannten Phasenumwandlungen<br />

erwärmen das Material. Wird das Metall nach dem Ausgleich<br />

mit der Umgebungstemperatur anschließend wieder entlastet,<br />

lösen sich die Spannungen und es kühlt stark ab: etwa<br />

20 °C unter dem Umgebungsniveau.<br />

„Die Grundidee war, einem Raum – etwa dem Inneren eines Kühlschranks<br />

– Wärme zu entziehen, indem wir dort ein vorgedehntes<br />

superelastisches Formgedächtnis-Material entlasten und dabei<br />

stark abkühlen. Die so aufgenommene Wärme geben wir außerhalb<br />

des Kühlschrankes an die Umgebung ab, indem wir das Material<br />

dort zur Temperaturerhöhung wieder belasten, bevor der Kreisprozess<br />

aufs Neue beginnt“, erläutert Seelecke.<br />

In den bisherigen Versuchsreihen und Simulationsmodellen<br />

haben die Wissenschaftler nachgewiesen, dass ein solches Kühlverfahren<br />

funktioniert und in der Praxis eingesetzt werden kann.<br />

Anhand eines Modellsystems erforschten sie, wie der Kühlmechanismus<br />

am effizientesten abläuft und untersuchten u. a. wie stark<br />

das Material gezogen oder gebogen werden muss, um eine bestimmte<br />

Kühlleistung zu erreichen, oder ob der Prozess langsam<br />

oder schnell effektiver ist.<br />

Zur Zeit wird, aufbauend auf diesen Ergebnissen, ein optimierter<br />

Prototyp zur Luftkühlung gebaut. Bei ihm wird ein Kühlkreislauf hergestellt:<br />

Die warme Luft wird auf der einen Seite an einem rotierenden<br />

Bündel von Formgedächtnis-Drähten vorbeigeleitet. Indem mehrere<br />

Drähte verwendet werden, wird eine höhere Kühlleistung erzielt. Das<br />

Bündel wird belastet,<br />

wird dabei wärmer, dreht<br />

sich, wird auf der anderen<br />

Seite entlastet und<br />

kühlt ab. Die zu kühlende<br />

Luft wird dort dann<br />

vorbeige leitet, um so<br />

einen angrenzenden<br />

Raum zu kühlen.<br />

Wie dies optimal abläuft,<br />

daran feilen die Ingenieure<br />

aktuell. Um den<br />

Prozess noch weiter zu<br />

optimieren, werden alle<br />

Abläufe modelliert und<br />

die Modelle durch Vergleich<br />

mit Experimenten<br />

weiter verfeinert.<br />

Bild: Oliver Dietze<br />

www.uni-saarland.de<br />

50 Der Konstrukteur 6/<strong>2016</strong>

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