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Jahrbuch Global Compact Deutschland 2016: Migration und Flucht im Fokus

Über 65 Millionen Menschen sind derzeit weltweit auf der Flucht. Hinzu kommen weitere hunderte Millionen, die aus Armut Heim und Familien verlassen müssen. "Das ist eine globale Frage, auf die wir auch globale Antworten finden müssen", schreibt Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier im Grußwort zum neuen Jahrbuch Global Compact Deutschland. Die aktuelle Ausgabe beleuchtet, welche gemeinsamen Anstrengungen hierzulande im vergangenen Jahr von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft in der Flüchtlingshilfe unternommen wurden. Gleichzeitig geht es den Motiven und Ursachen von Flucht und Migration in Zeiten der Globalisierung auf den Grund. Weitere zentrale Fragen, denen die Autoren der aktuellen Ausgabe aus verschiedenen Blickwinkeln nachgehen, sind: Welche Rolle spielen künftig die Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) bei der Bewältigung dieser globalen Herausforderungen? Und welche Hebel und Mittel besitzen der UN Global Compact und seine nationalen Netzwerke, um Unternehmen bei deren Implementierung und Umsetzung zu unterstützen?

Über 65 Millionen Menschen sind derzeit weltweit auf der Flucht. Hinzu kommen weitere hunderte Millionen, die aus Armut Heim und Familien verlassen müssen. "Das ist eine globale Frage, auf die wir auch globale Antworten finden müssen", schreibt Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier im Grußwort zum neuen Jahrbuch Global Compact Deutschland. Die aktuelle Ausgabe beleuchtet, welche gemeinsamen Anstrengungen hierzulande im vergangenen Jahr von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft in der Flüchtlingshilfe unternommen wurden. Gleichzeitig geht es den Motiven und Ursachen von Flucht und Migration in Zeiten der Globalisierung auf den Grund. Weitere zentrale Fragen, denen die Autoren der aktuellen Ausgabe aus verschiedenen Blickwinkeln nachgehen, sind: Welche Rolle spielen künftig die Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) bei der Bewältigung dieser globalen Herausforderungen? Und welche Hebel und Mittel besitzen der UN Global Compact und seine nationalen Netzwerke, um Unternehmen bei deren Implementierung und Umsetzung zu unterstützen?

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MIGRATION<br />

seit den Neunzigerjahren des letzten Jahrh<strong>und</strong>erts regelmäßig<br />

wertmäßig weit mehr exportiert als <strong>im</strong>portiert. Das bedeutet<br />

zugleich, dass China <strong>im</strong> Saldo Kapital exportiert <strong>und</strong> nicht<br />

<strong>im</strong>portiert hat. Die Zentralbank der Volksrepublik China ist<br />

der weitaus größte Eigentümer US-amerikanischer Staatsanleihen.<br />

Man kann sagen: China ist der wichtigste Finanzier der<br />

Haushaltsdefizite des US-amerikanischen B<strong>und</strong>esstaates. Oder<br />

auch: China ist der bedeutendste Finanzier des chronischen<br />

US-amerikanischen Importüberschusses, bedeutender als die<br />

reichen Ölstaaten vom persischen Golf.<br />

Heute können wir China zusammen mit den OECD-Ländern<br />

zum „Norden“ zählen. Auch seine Demografie ist der europäischer<br />

Staaten oder Japans ähnlicher als dem typischen Land<br />

aus dem Süden. Und so entsteht innerhalb dieses so abgegrenzten<br />

Nordens die scheinbar paradoxe Situation, dass das<br />

ärmste Mitglied, also China, dem reichsten <strong>und</strong> mächtigsten<br />

Mitglied, also den USA, viel Geld schickt; <strong>und</strong> das mit dem<br />

größten Vergnügen.<br />

Diese scheinbare Paradoxie löst sich auf, wenn man daran<br />

denkt, dass es genau der Export von Waren ist, der es China<br />

ermöglicht hat, den Vorsprung des Nordens stark zu verringern,<br />

wesentlich schneller wirtschaftlich zu wachsen als die<br />

Mitglieder des Clubs der Reichen. Es ist der Export, der die<br />

Transformation Chinas von einem rückständigen Reich der<br />

Kulturrevolution zu einem äußerst potenten Industriestaat<br />

bewirkt hat. Durch ihn vor allem sind die dafür notwendigen<br />

sozialen Lernprozesse in Gang gekommen. Nach der fatalen<br />

ersten Kulturrevolution Mao Tse Dungs sind wir nun Zeuge<br />

eines ganz anderen Kulturwandels, der, gestreckt über ein<br />

halbes Jahrh<strong>und</strong>ert, dem chinesischen Volk die Erfolgsgehe<strong>im</strong>isse<br />

der europäischen Moderne beschert. Im Zeitraffer<br />

vollzieht China hier nach, wozu Europa <strong>und</strong> Nordamerika<br />

zwei Jahrh<strong>und</strong>erte gebraucht haben. Dieser Prozess ist in<br />

China noch keineswegs abgeschlossen. Und man kann nicht<br />

ausschließen, dass er <strong>im</strong>mer noch scheitert oder doch noch<br />

einmal zurückgeworfen wird. Auch die Modernisierung eines<br />

Landes wie <strong>Deutschland</strong> ist in den letzten zwei Jahrh<strong>und</strong>erten<br />

nicht geradlinig verlaufen. Man denke nur an das „Dritte Reich“.<br />

Bewegung. Der Wahlkampf eines Donald Trump zentriert<br />

sich bei den Sachthemen genau um das Versprechen, die an<br />

Mexiko <strong>und</strong> China verlorenen Arbeitsplätze zurück in die<br />

USA zu holen. Die Volksabst<strong>im</strong>mung, die zum Brexit führte,<br />

war sehr stark durch protektionistische Emotionen geprägt.<br />

Es besteht gar kein Zweifel, dass <strong>im</strong> Norden einzelne Branchen<br />

durch die ost- <strong>und</strong> süd-ost-asiatische oder auch mexikanische<br />

Industrie-Konkurrenz massiv Arbeitsplätze eingebüßt haben.<br />

Davon sind zum Teil auch ganze Regionen betroffen. Die <strong>Global</strong>isierung<br />

mag auch dazu beigetragen haben, dass einfache<br />

Arbeit in den Ländern des Nordens schlechter entlohnt wird<br />

als sie ohne den Ausbau des internationalen Handels bezahlt<br />

worden wäre. Die Einkommensverteilung mag innerhalb der<br />

Staaten des Nordens wegen dieser <strong>Global</strong>isierung ungleicher<br />

geworden sein. Diese Aussage gilt jedoch nur für die „Pr<strong>im</strong>ärverteilung“<br />

der Einkommen, während sie nach Berücksichtigung<br />

der staatlichen Umverteilung zumindest in den europäischen<br />

Ländern nicht ungleicher geworden ist.<br />

Insgesamt war jedenfalls dieser <strong>Global</strong>isierungsprozess ein<br />

großer Erfolg für die Volkswirtschaften des Nordens. Länder<br />

wie <strong>Deutschland</strong>, die USA, Japan, die Schweiz, Schweden,<br />

Kanada haben ihr Sozialprodukt globalisierungsbedingt stark<br />

steigern können. Das liegt einerseits daran, dass die Schwellenländer<br />

kraft ihres Wachstums zu wichtigen Abnehmern<br />

von Hochqualitätsgütern wurden. Dazu gehören die Produkte<br />

des Silicon Valley, der pharmazeutischen Industrie, des gehobenen<br />

Maschinen- <strong>und</strong> Anlagenbaus, des gehobenen >><br />

Die Vor- <strong>und</strong> Nachteile für den Norden<br />

Die Transformation Chinas <strong>und</strong> überhaupt Ostasiens in die<br />

Moderne ist <strong>im</strong> Abendland mit gemischten Gefühlen aufgenommen<br />

worden. Neben der Genugtuung über den daran<br />

erneut sichtbar werdenden Erfolg des eigenen Modells, neben<br />

auch der Sympathie darüber, dass hier ein Teil der Menschheit<br />

die bittere Not hinter sich gelassen hat, gibt es eine markante<br />

Konkurrenzangst. Diese ist kein neues Phänomen. Schon Kaiser<br />

Wilhelm II sprach von der „Gelben Gefahr“. Aber richtig<br />

handgreiflich wurde sie erst in den letzten Jahrzehnten. In<br />

den Achtziger- <strong>und</strong> frühen Neunzigerjahren des zwanzigsten<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts war es die Japan-Phobie, die einen wichtigen<br />

Platz <strong>im</strong> öffentlichen Diskurs erhielt. Doch seitdem ist es die<br />

steigende Konkurrenzangst vor China, die ein Dauerthema der<br />

öffentlichen Debatte ist. Sie führt, wie gerade jüngste Ereignisse<br />

zeigen, zu einer stärker werdenden protektionistischen<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2016</strong><br />

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