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Jahrbuch Global Compact Deutschland 2016: Migration und Flucht im Fokus

Über 65 Millionen Menschen sind derzeit weltweit auf der Flucht. Hinzu kommen weitere hunderte Millionen, die aus Armut Heim und Familien verlassen müssen. "Das ist eine globale Frage, auf die wir auch globale Antworten finden müssen", schreibt Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier im Grußwort zum neuen Jahrbuch Global Compact Deutschland. Die aktuelle Ausgabe beleuchtet, welche gemeinsamen Anstrengungen hierzulande im vergangenen Jahr von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft in der Flüchtlingshilfe unternommen wurden. Gleichzeitig geht es den Motiven und Ursachen von Flucht und Migration in Zeiten der Globalisierung auf den Grund. Weitere zentrale Fragen, denen die Autoren der aktuellen Ausgabe aus verschiedenen Blickwinkeln nachgehen, sind: Welche Rolle spielen künftig die Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) bei der Bewältigung dieser globalen Herausforderungen? Und welche Hebel und Mittel besitzen der UN Global Compact und seine nationalen Netzwerke, um Unternehmen bei deren Implementierung und Umsetzung zu unterstützen?

Über 65 Millionen Menschen sind derzeit weltweit auf der Flucht. Hinzu kommen weitere hunderte Millionen, die aus Armut Heim und Familien verlassen müssen. "Das ist eine globale Frage, auf die wir auch globale Antworten finden müssen", schreibt Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier im Grußwort zum neuen Jahrbuch Global Compact Deutschland. Die aktuelle Ausgabe beleuchtet, welche gemeinsamen Anstrengungen hierzulande im vergangenen Jahr von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft in der Flüchtlingshilfe unternommen wurden. Gleichzeitig geht es den Motiven und Ursachen von Flucht und Migration in Zeiten der Globalisierung auf den Grund. Weitere zentrale Fragen, denen die Autoren der aktuellen Ausgabe aus verschiedenen Blickwinkeln nachgehen, sind: Welche Rolle spielen künftig die Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) bei der Bewältigung dieser globalen Herausforderungen? Und welche Hebel und Mittel besitzen der UN Global Compact und seine nationalen Netzwerke, um Unternehmen bei deren Implementierung und Umsetzung zu unterstützen?

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Menschenrechte<br />

Auch auf gesetzlicher <strong>und</strong> politischer Ebene ist die Verantwortung<br />

von Unternehmen zur Achtung der Menschenrechte<br />

zunehmend fest verankert. Bislang haben Regierungen in acht<br />

Staaten ihre Strategie zur Umsetzung der UN Leitprinzipien<br />

in Nationalen Aktionsplänen festgehalten, in gut 30 weiteren<br />

Ländern sind entsprechende Konzepte in Arbeit, darunter<br />

auch <strong>Deutschland</strong>. Ein dem Modern Slavery Act ähnliches<br />

Gesetz verpflichtet bereits seit 2010 in Kalifornien tätige<br />

Unternehmen, über Risiken in Bezug auf Zwangsarbeit <strong>und</strong><br />

Menschenhandel zu berichten. In Frankreich befindet sich ein<br />

Gesetzesentwurf zur unternehmerischen Verantwortung für<br />

Menschenrechte in der Abst<strong>im</strong>mung, in der Schweiz wird eine<br />

entsprechende Volksabst<strong>im</strong>mung vorbereitet <strong>und</strong> europaweit<br />

müssen EU-Mitgliedsstaaten − sofern noch nicht geschehen<br />

− die sogenannte CSR-Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung<br />

umsetzen.<br />

Menschenrechte zunehmend relevant<br />

Diese Entwicklungen tragen einer veränderten Realität Rechnung:<br />

Mit zunehmend globalen <strong>und</strong> komplexen Liefer- <strong>und</strong><br />

Wertschöpfungsketten steigt für Unternehmen auch das Risiko,<br />

direkt oder indirekt zu Menschenrechtsverletzungen beizutragen.<br />

Der Einsturz der Rana Plaza Textilfabrik in Bangladesch,<br />

Berichte über Arbeitssklaven auf thailändischen Fischtrawlern<br />

oder prekäre Arbeitsbedingungen von Leiharbeitern in<br />

Europa − all das sind Szenarien, die den daraus entstehenden<br />

Handlungsbedarf unterstreichen.<br />

Eine große <strong>und</strong> stetig wachsende Zahl von Unternehmen setzt<br />

sich daher aktiv für die Verbesserung von Arbeitsbedingungen<br />

<strong>und</strong> Min<strong>im</strong>ierung von menschenrechtlichen Risiken in ihren<br />

Lieferketten <strong>und</strong> Geschäftsbeziehungen ein. In Umfragen unter<br />

Geschäftsleuten landen Menschenrechte <strong>im</strong>mer häufiger unter<br />

den wichtigsten Themen der Nachhaltigkeitsagenda. Als vor<br />

Kurzem das britische Business & Human Rights Resource Centre<br />

eine Befragung unter den DAX 30-Unternehmen durchführte,<br />

nahmen mehr als zwei Drittel der kontaktierten Firmen teil<br />

<strong>und</strong> machten teils detaillierte Angaben dazu, was sie zur<br />

Achtung der Menschenrechte unternehmen.<br />

Was machen Unternehmen?<br />

Auch die Transparenzbest<strong>im</strong>mungen des Modern Slavery Act<br />

spielen hierbei eine Rolle. Ergon Associates, eine auf Wirtschaft<br />

<strong>und</strong> Menschenrechte spezialisierte Beratung, analysiert<br />

die Umsetzung der Berichtspflicht des Modern Slavery Act<br />

seit dessen Inkrafttreten. Eine kürzlich mit Historic Futures<br />

durchgeführte Studie ergab, dass der Modern Slavery Act erheblich<br />

dazu beigetragen hat, die Führungsebene britischer<br />

Unternehmen für soziale <strong>und</strong> menschenrechtliche Risiken<br />

in der Lieferkette zu sensibilisieren. Auch der <strong>Fokus</strong> auf die<br />

Identifizierung <strong>und</strong> Überwachung von Risiken habe nach<br />

Einführung des Modern Slavery Act weiter zugenommen.<br />

Das zeigt sich − zumindest teilweise − auch in den bislang veröffentlichten<br />

Berichten. Knapp 1.000 Modern-Slavery-Erklärungen<br />

sind mittlerweile in dem von zivilgesellschaftlichen<br />

Organisationen getragenen zentralen Register hinterlegt. Auch<br />

eine Zahl deutscher Unternehmen ist darunter. Die inhaltliche<br />

Tiefe der Berichte variiert stark: Eine Analyse der r<strong>und</strong> 250<br />

ersten Berichte durch Ergon Associates zeigte, dass nur knapp<br />

20 Prozent der gemachten Erklärungen genauere Angaben<br />

dazu enthielten, wie die Unternehmen Zwangsarbeits- <strong>und</strong><br />

Menschenhandelsrisiken in der Lieferkette identifizieren <strong>und</strong><br />

bekämpfen. Auch ein Jahr nach Inkrafttreten der Berichtspflicht<br />

sind dies Bereiche, zu denen viele Unternehmen lediglich vage<br />

Informationen bereitstellen. Gleichzeitig ist jedoch auch zu<br />

beobachten, dass gerade größere, global agierende Firmen<br />

detaillierte Erklärungen abgeben, oftmals integriert in die<br />

breitere Nachhaltigkeits- oder Menschenrechtsberichterstattung,<br />

die ihren Umgang mit Risiken moderner Sklaverei ausführlich<br />

beschreiben. Das ist nicht nur <strong>im</strong> Sinne des Gesetzes, sondern<br />

auch von strategischer Bedeutung.<br />

Die Berichtspflicht als Chance<br />

Denn der Umgang von Unternehmen mit menschenrechtlichen<br />

<strong>und</strong> sozialen Risiken wird auch für zivilgesellschaftliche<br />

Beobachter, Geschäftspartner <strong>und</strong> Konsumenten <strong>im</strong>mer wichtiger.<br />

Und auch für Investoren spielt das menschenrechtliche<br />

Risikomanagement von Unternehmen eine wachsende Rolle.<br />

Das zeigt sich zum Beispiel in der Erweiterung des Dow<br />

Jones Sustainability Index um einen Indikator zum Thema<br />

Wirtschaft <strong>und</strong> Menschenrechte oder in der Entwicklung von<br />

Initiativen wie dem Corporate Human Rights Benchmark, der<br />

sich auf die vergleichende Bewertung von unternehmerischen<br />

Sorgfaltspflichtsprozessen konzentriert. Auch für kleinere<br />

Betriebe wird eine transparente Haltung zum Thema Menschenrechte<br />

zunehmend relevant, nicht zuletzt aufgr<strong>und</strong><br />

von K<strong>und</strong>enanfragen.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> bietet die Berichterstattung unter<br />

dem Modern Slavery Act Unternehmen auch klare Chancen:<br />

Zum einen kann die Berichtspflicht dabei helfen, Nachhaltigkeitsthemen<br />

intern zu priorisieren <strong>und</strong> eigene Prozesse<br />

zur Risikoidentifizierung <strong>und</strong> -min<strong>im</strong>ierung anzustoßen, zu<br />

evaluieren <strong>und</strong> zu opt<strong>im</strong>ieren. Darüber hinaus stellen die zu<br />

veröffentlichenden Erklärungen auch eine Gelegenheit für<br />

Unternehmen dar, verstärktes Engagement zu demonstrieren,<br />

Transparenz herzustellen − <strong>und</strong> so nicht zuletzt gegenwärtigen<br />

<strong>und</strong> zukünftigen Anforderungen seitens Konsumenten,<br />

K<strong>und</strong>en, Investoren <strong>und</strong> Gesetzgebern entgegenzukommen.<br />

Die Berichte <strong>und</strong> Analysen von Ergon Associates zum Modern Slavery Act sind<br />

abruf bar unter: www.ergonassociates.net<br />

Über die Autorin<br />

Laura Curtze arbeitet als Researcher bei Ergon Associates, einer<br />

Unternehmensberatung mit Hauptsitz in London, die K<strong>und</strong>en aus<br />

ganz Europa zu menschenrechtlichen Sorgfaltspflichtsprozessen,<br />

Arbeitsnormen, sozialer Nachhaltigkeit in der Lieferkette <strong>und</strong><br />

Reporting berät.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2016</strong><br />

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