stahlmarkt 6.2016 (Juni)
Aus dem Inhalt: Steel International / Österreich / Schweiz / Stahlhandel & Stahl-Service-Center / Entgraten, Anarbeitung / Edelstahl
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Steel International K 7<br />
Globale Strukturkrise bedroht auch<br />
Deutschlands Stahlindustrie<br />
Nötig sind faire Wettbewerbsbedingungen bei Handels- und Klimathemen<br />
Hannover. Eine zeitnahe Lösung für die weltweite Stahlkrise ist nicht<br />
in Sicht, so Hans Jürgen Kerkhoff anlässlich der Hannover Messe. Der<br />
Verbandspräsident fordert daher eine Reform der EU-Handelspolitik und<br />
eine Korrektur bei der geplanten Verschärfung des Emissionshandels, um<br />
die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Stahlindustrie zu erhalten.<br />
Im Rahmen eines Pressegesprächs am<br />
ersten Tag der Hannover Messe machte Hans<br />
Jürgen Kerkhoff deutlich, dass die strukturelle<br />
Krise in der globalen Stahlindustrie weiterhin<br />
andauert. Hauptursache ist die mangelnde<br />
Anpassung der chinesischen Stahlhersteller<br />
an eine dramatisch gesunkene<br />
Nachfrage in diesem Land. Die damit verbundenen<br />
Überkapazitäten werden auf die<br />
Weltstahlmärkte exportiert. Laut dem Präsidenten<br />
der Wirtschaftsvereinigung Stahl<br />
belegen aktuelle Daten eine unverändert<br />
dramatische Bedrohungslage im Außenhandel.<br />
So sind die chinesischen Stahlexporte<br />
im ersten Quartal 2016 um 8 % gegenüber<br />
dem Vorjahreszeitraum auf ein Jahresniveau<br />
von 119 Mill. t angestiegen. Die neue<br />
Kapazitätsinitiative der chinesischen Regierung<br />
(Abbau von 100 bis 150 Mill. t bis<br />
2020) reicht Kerkhoff zufolge bei Weitem<br />
nicht aus, um die aktuell gewaltigen Überkapazitäten<br />
in Höhe von rd. 430 Mill. t spürbar<br />
zurückzuführen.<br />
Eine zeitnahe internationale Lösung für<br />
die globale Stahlkrise ist gegenwärtig nicht<br />
in Sicht. Es besteht international noch kein<br />
ausreichender Konsens, mit welchen Instrumenten<br />
der aktuellen Krise zu begegnen ist,<br />
so Kerkhoff.<br />
In der EU ist der Abbau von Stahlkapazitäten<br />
die Folge einer marktgetriebenen<br />
Restrukturierung. Eine Anpassung kann<br />
jedoch nur gelingen, wenn sie abgesichert<br />
wird durch ein striktes Beihilferegime, das<br />
Subventionen insbesondere in der Form<br />
von Rettungs- und Restrukturierungsbeihilfen<br />
unterbindet. Die Stahlindustrie in<br />
Deutschland fordert laut Kerkhoff daher<br />
eine strikte Beihilfedisziplin ein, da andernfalls<br />
die un umgänglichen Anpassungen<br />
verzögert, die Kosten erhöht und zudem<br />
auch die wettbewerbsstarken Standorte<br />
gefährdet werden.<br />
Handelsschutz intensivieren<br />
Um wieder faire Wettbewerbsbedingungen<br />
herzustellen, müssen die bestehenden Handelsschutzinstrumente<br />
ausgeschöpft und<br />
reformiert werden, wie Kerkhoff mitteilte.<br />
China: Angebot und Nachfrageentwicklung (Mill. t)<br />
Eine Neuausrichtung im Bereich der EU-Außenhandelspolitik<br />
ist erforderlich, da auch<br />
die hoch wettbewerbsfähige Stahlindustrie<br />
in Deutschland gegen subventionierte chinesische<br />
Produzenten auf Dauer nicht bestehen<br />
kann.<br />
Zunächst seien zügige Verbesserungen an<br />
der Antidumping- oder Antisubventionspraxis<br />
notwendig. Dabei geht es darum,<br />
Verfahren zu beschleunigen sowie eine<br />
Registrierung von Importmengen zu Beginn<br />
einer Antidumpinguntersuchung und eine<br />
rückwirkende Verhängung von Zöllen zu<br />
ermöglichen.<br />
Darüber hinaus plädierte der Verbandspräsident<br />
dafür, den 2014 gestoppten<br />
Modernisierungsprozess des EU-Handelsschutzinstrumentariums<br />
wieder aufzunehmen<br />
und zu Ende zu bringen. Im Fokus steht<br />
dabei die sogenannte Lesser-Duty-Rule, also<br />
die Verpflichtung zur Absenkung eines Antidumping-<br />
bzw. Antisubventionszolls auf das<br />
zur Schadensbeseitigung unbedingt Erforderliche.<br />
Diese Regel führt laut Kerkhoff<br />
Rohstahlkapazität (Effektiv) Marktversorgung (Rohstahl) Kapazitätsüberhang<br />
912<br />
688<br />
224<br />
2012 2013 2014 2015 e 2016 f<br />
e – geschätzt f – Vorhersage<br />
1.051<br />
766<br />
285<br />
1.083<br />
740<br />
343<br />
1.096<br />
701<br />
395<br />
1.096<br />
666<br />
430<br />
Quelle: WV Stahl<br />
<strong>stahlmarkt</strong> 0<strong>6.2016</strong>