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Fahrwerks-service<br />
Auf Biegen und Brechen<br />
Fahrwerks- und Lenkungskomponenten sind sicherheitsrelevante Bauteile,<br />
die im harten Alltagsbetrieb hohen Belastungen ausgesetzt sind. Sie erfordern daher<br />
beim Werkstattbesuch die volle Aufmerksamkeit des Nutzfahrzeugfachmanns.<br />
Die Experten von Lemförder verraten, worauf bei der Schadensdiagnose zu achten ist.<br />
Überlastet: Aufgrund einer starken Belastung hat sich<br />
die Blechschale der Achsstrebe verformt, die Pratze ist<br />
abgebrochen. In einem solchen Fall sollte man auch<br />
alle umliegenden Komponenten genau prüfen.<br />
Nur schwer erkennbar: Der Riss in der Blechschale offenbarte<br />
sich erst nach dem Ausbau bei genauerem Hinsehen.<br />
Aus Sicherheitsgründen ist die Lagerung beziehungsweise<br />
der Lenker zu ersetzen.<br />
Fataler Spieltrieb: Die Elastomer-Lagerung im Lenkergehäuse<br />
hat im Fahrbetrieb stark gelitten und ist beschädigt. Die<br />
Pratze hat dadurch ein unzulässig großes Spiel bekommen.<br />
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NKW partner 4/2009<br />
Moderne Nutzfahrzeug- und Busfahrwerke haben<br />
sich zu komplexen Gebilden entwickelt.<br />
Mit den Starrachs-Konstruktionen der Vergangenheit<br />
haben solche Mehrlenker-Gebilde nur<br />
noch wenig gemeinsam. „Insbesondere der<br />
Leichtbau, vor allem um die Nutzlast zu erhöhen,<br />
bringt immer wieder neue Produktinnovationen<br />
zustande“, sagen die Fahrwerksexperten<br />
von Lemförder. Um den Lastenheften der<br />
Fahrzeughersteller gerecht zu werden, müssen<br />
sich die Entwickler immer wieder neue Designs<br />
einfallen lassen und auf neue Werkstoffe zurückgreifen.<br />
„Doch diese Produktinnovationen<br />
erhöhen nicht nur die Nutzlast, sondern verringern<br />
auch den Kraftstoffverbrauch und steigern<br />
überdies den Fahrkomfort der Nutzfahrzeuge“,<br />
so die Fachleute von Lemförder weiter.<br />
Ergebnisse dieses Entwicklungstrend sind<br />
beispielsweise gewichtsreduzierte Dreiecklenker<br />
sowie die neu entwickelten Vierpunktlenker,<br />
wie sie zunehmend an modernen Hinterachsen<br />
zu finden sind.<br />
Mehr Sicherheit und Komfort<br />
Den Experten von Lemförder zufolge gibt es<br />
vor allem ein System, das sich besonders rasch<br />
durchsetzt: die Einzelradaufhängung an der<br />
Vorderachse. Besonders im Busbereich bietet<br />
diese Art der Radführung handfeste Vorteile:<br />
neben einem verbesserten Fahrverhalten weiß<br />
die Einzelradaufhängung vor allem durch einen<br />
deutlich erhöhten Fahrkomfort zu gefallen.<br />
Die Einzelradaufhängung an Nutzfahrzeugen<br />
setzt sich prinzipiell aus folgenden Komponenten<br />
zusammen: dem Radkopf mit der<br />
Scheibenbremse, dem Spurhebel und der<br />
Spurstange, dem Radträger, den Stoßdämpfern<br />
und Luftfederbälgen, den oberen und unteren<br />
Querlenkern sowie dem Lenkhebel, der Lenkzwischenstange<br />
und dem Lenkzwischenhebel.<br />
Die Verbindung zwischen den einzelnen Bauteilen<br />
erfolgt zum einen über Kugelgelenke,<br />
zum anderen kommen immer öfter so genannte<br />
Molekular-Gelenke zum Einsatz.<br />
Kugelgelenke und Molekulargelenke<br />
Kugelgelenke sind seit jeher die konstruktiven<br />
Herzstücke der Lenk- und Spurstangen. Sie befinden<br />
sich an den Enden der jeweiligen Stange<br />
und können verstellbar oder fest mit dem Rohr<br />
der Lenk-, Spur- oder Schubstange verbunden<br />
Moderne Zeiten: Mit Starrachs-Konstruktionen<br />
vergangener Tage haben die Fahrwerke<br />
moderner Nutzfahrzeuge und Busse nur noch<br />
wenig gemein. Die Schadensanalyse erfordert<br />
aufgrund der Komponentenvielfalt immer mehr<br />
Know-how vom Werkstattfachmann.<br />
Fotos: ZF, Lemförder<br />
sein. Das Kugelgelenk überträgt die Kräfte auf<br />
die entsprechenden Anschlussbauteile und<br />
kann Bewegungen in zwei Dimensionen ausgleichen.<br />
Um die hohen Ansprüche in punkto<br />
Sicherheit zu gewährleisten, unterliegen diese<br />
Kugelgelenke einem ständigen Qualitäts- und<br />
Entwicklungsprozess, der immer wieder neue<br />
Technologien hervorbringt und sich dem Werkstattfachmann<br />
etwa in Form spezieller Gehäuse<br />
oder dem Einsatz von Gummikomponenten<br />
offenbart.<br />
Der Kugelzapfen etwa ist induktiv gehärtet,<br />
um einen Bruch bei Unfällen oder einer<br />
besonders rüden Fahrweise weitestgehend zu<br />
vermeiden. „Bei Überlastungen muss sich die<br />
Lenk- beziehungsweise Spurstange idealerweise<br />
so verformen, dass sich anhand der ungewöhnlichen<br />
Stellung der Vorderräder und der<br />
Lenkradspeichen ein Schaden an der Lenkanlage<br />
sofort erkennen lässt“, erklären die Experten<br />
von Lemförder.<br />
Molekularlager, wie sie häufig an Achsstreben<br />
verbaut werden, dienen dagegen der<br />
Aufnahme von Kräften in radialer und axialer<br />
Belastungsrichtung. Gleichzeitig kann ein solches<br />
Lager aber auch die Kräfte torsionaler und<br />
kardanischer Bewegungen aufnehmen. Die<br />
Gelenke von Achsstreben beziehungsweise<br />
Achslenkern sind daher inzwischen zunehmend<br />
mit wartungsfreien Molekularlagern<br />
versehen. Durch das eingebrachte Elastomer<br />
kann ein Molekularlager sogar Schwingungen<br />
dämpfen. Bei extremen Torsionsbewegungen<br />
des Gelenkes ist allerdings ein Durchrutschen<br />
möglich.<br />
Unterschiedliche Prüfkriterien<br />
Aufgrund ihres unterschiedlichen Aufbaus<br />
muss der Werkstattfachmann Kugelgelenke<br />
und Molekulargelenke mit unterschiedlichen<br />
Methoden prüfen. „Generell sind dabei die<br />
Richtlinien und Vorgaben des Fahrzeugherstellers<br />
zu beachten“, empfehlen die Experten von<br />
Lemförder. Eines geltet jedoch für alle Lagerarten:<br />
Wird eines der Prüfkriterien nicht erfüllt, ist<br />
das entsprechende Bauteil zu erneuern.