Frauen
Credit Suisse bulletin, 2000/03
Credit Suisse bulletin, 2000/03
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klärt Teresa Chen: «Wie viele junge Asiatinnen<br />
verklebte ich mir heimlich mit<br />
Scotch die Augen, um westlich auszusehen.<br />
Gleichzeitig beschäftigte ich mich<br />
damals mit Fotografien gefesselter asiatischer<br />
<strong>Frauen</strong>, sogenanntes Bondage.»<br />
Die Bilder lassen niemanden gleichgültig,<br />
haben eine unheimliche Schönheit,<br />
hinter der sich für manche Betrachter Abgründe<br />
auftun. Eine Kunstkritikerin schrieb,<br />
die Körperteile hinter den Plastikfolien<br />
erinnerten an «vakuumverpacktes Fleisch<br />
im Tiefkühlfach, an ein grässlich zerstückeltes<br />
Mordopfer.» Teresa Chen hat<br />
es jedoch nicht aufs Morbide, auf den<br />
Schock abgesehen. «Mich fasziniert das<br />
Zusammenspiel zwischen Körper und<br />
Fotografie, das Oberflächliche an beidem.<br />
Der Körper ist zufällig, sagt gar nichts aus<br />
über eine Person», sagt sie, die immer unzufrieden<br />
war mit ihrem Äussern, nicht<br />
wusste, warum sich die anderen Kinder<br />
über sie lustig machten, wo sie doch als<br />
«Weisse» aufgewachsen war und sich als<br />
«Weisse» fühlte.<br />
«Submerging», versinken, heisst ihre<br />
aktuelle Arbeit, die bis Anfang Juli im<br />
Rahmen des eidgenössischen Wettbewerbs<br />
für freie Kunst in der Messe Basel<br />
ausgestellt ist. Für «Submerging» stieg<br />
Teresa Chen in die Badewanne und lichtete<br />
ihren Körper am Übergang zwischen<br />
Luft und Wasser ab. «Versinken ist für<br />
mich sowohl Flucht als auch Gefahr. Mit<br />
all meinen Beschäftigungen, meiner persönlichen<br />
Zerrissenheit zwischen Asien<br />
und Amerika, den kulturellen Wechselbädern<br />
in meiner neuen europäischen<br />
Heimat, habe ich manchmal wirklich das<br />
Gefühl, ich gehe unter.»<br />
Andreas Thomann<br />
Foto: Pia Zanetti<br />
«Mein Körper fasziniert mich, weil er total oberflächlich<br />
ist, eine zufällige Hülle, die nichts über mich aussagt.»<br />
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