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Falstaff Magazin Schweiz 4/2018

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Fotos: beigestellt<br />

ÜBERSICHT ÜBER<br />

DIE LUKRATIVSTEN<br />

SCHNÄPPCHEN-AOCS<br />

BORDEAUX UND BORDEAUX SUPÉRIEUR<br />

Aus den beiden generischen Appellationen<br />

stammt die Hälfte der gesamten Weinmenge<br />

des Bordelais. Unter ihrem Namen findet man<br />

alles: vom armseligen Fasswein, der für einen<br />

Euro pro Liter den Besitzer wechselt, bis zu<br />

ziemlich ausgearbeiteten, anspruchsvollen<br />

Weinen von guten Terroirs, die nur das Pech<br />

haben, abseits der bekannteren Zonen zu liegen.<br />

Der Unterschied zwischen Bordeaux und<br />

Bordeaux supérieur ist gering: Formell muss<br />

«supérieur» 10,5 Volumenprozent Alkohol besitzen<br />

und damit ein halbes Prozent mehr als<br />

simpler Bordeaux.<br />

CÔTES DE BORDEAUX<br />

Ein Quartett von Appellationen, die seit dem<br />

Jahr 2009 gemeinsam auftreten und dabei<br />

jeweils ein lokales Unterscheidungsmerkmal<br />

der gemeinsamen Bezeichnung «Côtes de<br />

Bordeaux» voranstellen: Cadillac – Côtes de<br />

Bordeaux (ehemals «Premières Côtes» mit<br />

mittelgewichtigen, aber dabei recht klassischen<br />

Weinen), Castillon – Côtes de Bordeaux<br />

(fruchtbetonte, aber meist auch alkoholkräftige<br />

Weine), Blaye – Côtes de Bordeaux<br />

(charmante, harmonische Weine).<br />

Francs – Côtes de Bordeaux (das östlichste<br />

Teilgebiet des Bordelais mit charaktervollen,<br />

altersbeständigen Weinen). Seit Neuestem<br />

hat sich auch das Gebiet Sainte-Foy der<br />

Bordeaux-Côtes-Appellation angeschlossen.<br />

Nicht zur Vereinigung der Bordeaux-Côtes<br />

gehören die Côtes de Bourg, die seit jeher<br />

einen etwas eigenständigeren Ruf als ihre<br />

Nachbargebiete haben. Die Weine sind für<br />

ihren würzigen Charakter bekannt und<br />

können einige Tiefe aufweisen.<br />

FRONSAC UND CANON-FRONSAC<br />

Elegante, mineralische Weine von den Kalkstein-Terroirs,<br />

allerdings gibt es auch schlichtere<br />

Böden mit entsprechenden Resultaten.<br />

GRAVES<br />

Südlich der Stadt Bordeaux bis zum Beginn der<br />

Sauternes-Zone reichend, sehr heterogen, aber<br />

durchaus gut für Entdeckungen – meist etwas<br />

hemdsärmliger Art – von lehmigen Schwemmlandböden<br />

mit mehr oder weniger stark ausgeprägtem<br />

Kiesanteil.<br />

HAUT-MÉDOC<br />

Die klassische Cru-Bourgeois-Appellation,<br />

zuweilen in Lagen, die direkt an angesehene<br />

kommunale AOCs wie Margaux, Saint-Julien,<br />

Pauillac oder Saint-Estèphe grenzen.<br />

LALANDE-DE-POMEROL<br />

Die «Heide von Pomerol» hat sandigere Böden<br />

als die berühmte Nachbar-AOC, die Weine erreichen<br />

nicht die ölige Wucht eines Pomerol,<br />

können aber in ihrer mittelkräftigen Art dennoch<br />

gut reifen und eignen sich sehr gut als<br />

Speisenbegleiter, in der Regel sogar besser als<br />

ihre teureren Vettern.<br />

LISTRAC<br />

Abseits des Flusses gelegene, an die AOC<br />

Haut-Médoc angrenzende AOC, in wärmeren<br />

und trockeneren Jahren oft mit stattlichem,<br />

gut balanciertem, meist etwas robustem Wein.<br />

MÉDOC<br />

Kies- und Lehmböden im nördlichsten Abschnitt<br />

des Médoc bringen muskulöse, gut<br />

reifende Weine hervor. Die besten haben eine<br />

gewisse Ähnlichkeit mit einem einfacheren<br />

Saint-Estèphe.<br />

MOULIS<br />

Nachbar von Listrac mit ähnlichen, der<br />

Tendenz nach etwas feineren Weinen als dort.<br />

PESSAC-LÉOGNAN<br />

Der kiesreichste nördliche Teil der Region<br />

Graves bringt neben Granden wie Haut Brion &<br />

Co auch schlankere, aber feine und kulinarische<br />

Weine der 15-Euro-Klasse hervor.<br />

«SATELLITEN» SAINT-ÉMILIONS:<br />

Vier Orte in direkter Nachbarschaft Saint-Émilions<br />

haben das Recht, den Namen ihres illustren<br />

Nachbarn an den eigenen anzuhängen:<br />

Lussac-Saint-Émilion, Montagne-Saint-Émilion,<br />

Puisseguin-Saint-Émilion und Saint-Georges-Saint-Émilion.<br />

Qualitativ sehr heterogen,<br />

die besten Weine erreichen aber durchaus Anmut<br />

und Würze eines guten Saint-Émilion.<br />

ZWEITWEINE<br />

Keine Herkunftsbezeichnung, sondern ein<br />

Weintyp: Viele Châteaux bereiten neben ihrem<br />

«Grand Vin» – also der Spitzencuvée – auch einen<br />

«Zweitwein»: Dieser wird aus dem Ertrag<br />

jüngerer Reben oder von den Randlagen des<br />

Guts gekeltert. Das Preis-Leistungs-Verhältnis<br />

kann ausgezeichnet sein.<br />

bei Weingütern, die ihre Weinberge bereits<br />

seit Langem besitzen, ein reiner Bonus, der<br />

der Rarität des betreffenden Weins Rechnung<br />

trägt. Im Umkehrschluss: Ein Wein,<br />

der den Privatkunden 20 Euro kostet und<br />

der aus einem Anbaugebiet stammt, das<br />

nicht ganz so stark im Fokus des weltweiten<br />

Interesses steht, kann durchaus mit demselben<br />

Aufwand und demselben Sachverstand<br />

bereitet sein, den man bei einem Premier<br />

Cru Classé voraussetzt. Der Nachteil dieser<br />

Weine auf dem Weinmarkt ist vor allem ihre<br />

mangelnde Bekanntheit und das nur<br />

schwach ausgeprägte Verbrauchervertrauen.<br />

Natürlich hat der Aufschlag, den der<br />

Weltmarkt für Pétrus & Co. zu zahlen<br />

bereit ist, noch einen weiteren Grund: Diese<br />

Weine stammen von einzigartigen Böden.<br />

Daher ist ihr Preis am Ende immer gerechtfertigt.<br />

Doch die Böden in der Nachbarschaft<br />

sind zuweilen immerhin annähernd<br />

so gut, das Kleinklima annähernd so förderlich,<br />

ohne dass diese Weine annähernd<br />

so gesucht wären.<br />

Dazu kommt der Einfluss von Moden. So<br />

erstreckt sich das Kalkplateau, für das Saint-<br />

Émilion berühmt ist, in südöstlicher Richtung<br />

in die Côtes-AOCs Castillon und Francs<br />

und ebenso in nordwestlicher Richtung nach<br />

Fronsac. Noch im 19. Jahrhundert erzielten<br />

etwa die Weine vom Kalkplateau Fronsacs<br />

dieselben Preise wie die besten Saint-Émilions.<br />

Heute aber sind sie fast vergessen.<br />

jun <strong>2018</strong> falstaff 29

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