Stahlreport 2018.01
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Werkstoffe<br />
Bericht<br />
Künftige Ressourcen heute schonen – Teil 2<br />
Potenziale des Stahlhochbaues<br />
durch nachhaltigere Immobiliennutzung<br />
Nachhaltigkeit ist auch in der Bau- und Immobilienwirtschaft ein aktuelles, wegen seiner<br />
inflationären Nutzung oft aber unscharfes Schlagwort. Immobilieninvestoren schmücken sich<br />
eher mit „Green-Labels“ und konzentrieren sich – zu sehr – auf die Energieeffizienz des Gebäudes<br />
während der Nutzungsdauer. Zu wenig beachtet wird dabei die ganzheitliche Betrachtung inklusive<br />
der verwendeten Baustoffe, meint Marc Blum, Bausachverständiger, geprüfter Restaurator &<br />
Denkmalpfleger im Metallbauer-Handwerk, im zweiten Teil seines Beitrags für den <strong>Stahlreport</strong><br />
(Teil 1 in <strong>Stahlreport</strong> 12.2017).<br />
[ Autor ]<br />
Marc Blum, Dipl.-<br />
Ing., Dipl.Wirt.Ing.<br />
(FH), M.Sc., Bausachverständiger<br />
–<br />
Schäden & Bauen im<br />
Bestand, geprüfter<br />
Restaurator &<br />
Denkmalpfleger<br />
im Metallbauer-<br />
Handwerk,<br />
58256 Ennepetal<br />
Über die Jahrzehnte aufsummiert,<br />
umfasst der gesamte Gebäudebestand<br />
in Deutschland mittlerweile<br />
etwa 100 Mrd. t an Material. Dabei<br />
fließen an mineralischen Bau- und<br />
Abbruchabfällen jährlich rund 192<br />
Mio. t aus dem Baubereich wieder ab<br />
– was etwa 54 % des deutschen Abfallaufkommens<br />
entspricht (laut VDI Zentrum<br />
Ressourceneffizienz, 2014).<br />
So werden bspw. allein in Deutschland<br />
jährlich<br />
z etwa 550 Mio. t mineralische Baustoffe<br />
(entspr. rund 85 % aller inländischen<br />
Entnahmen),<br />
z ewa 28 Mio. t Zement (aus denen<br />
mit Faktor etwa 7 bis 8 multipliziert<br />
rund 224 Mio. t Beton hergestellt<br />
werden),<br />
z aber nur etwa 5,5 Mio. t Baustahl<br />
(dies sind alle im Bauwesen zur<br />
Anwendung kommenden Stahlprodukte,<br />
inkl. Betonstahl),<br />
z etwa 0,5 Mio. t Brettschichtholz (laut<br />
Studiengemeinschaft Holzleimbau<br />
e.V., Wuppertal)<br />
konsumiert und verbaut. Mit Bezug<br />
auf die deutsche Abfallwirtschaft stel-<br />
len diese Mengen die größten Stoffströme<br />
im Wirtschaftsgeschehen dar.<br />
EU-Baupolitik muss weichen stellen<br />
Infolge der langfristigen Auswirkungen<br />
des Baustoffkonsums und der Inanspruchnahme<br />
von Bauflächen kommt<br />
der grenzüberschreitenden europäischen<br />
Umwelt- und Baupolitik für eine<br />
sinnvolle, praktikable Marktgestaltung<br />
eine sehr bedeutende Rolle zu.<br />
Bereits im Jahr 2011 erfolgte eine<br />
umfassende und erweiterte Novellierung<br />
der europäischen Bauproduktenrichtlinie<br />
in Richtung Bauproduktenverordnung,<br />
welche rechtlich im<br />
genauen Wortlaut und unverändert in<br />
nationales Recht umgesetzt worden<br />
ist. Hierbei wurde der bisherige<br />
Umfang der wesentlichen Anforderungen<br />
an Bauprodukte um die Themen<br />
Recyclingfähigkeit und nachhaltige<br />
Nutzung der Ressourcen ergänzt.<br />
In den Eingangserläuterungen<br />
heißt es bereits 1 :<br />
„(25) [Es] sollte der spezifische Be darf<br />
an Angaben hinsichtlich des Gehalts<br />
an gefährlichen Stoffen in Bauproduk-<br />
ten weiter untersucht werden, damit<br />
der Umfang der darunter fallenden<br />
Stoffe vervollständigt wird, um ein hohes<br />
Maß an Gesundheitsschutz und Sicherheit<br />
von Arbeitnehmern, die Bauprodukte<br />
verwenden, und von Nutzern der<br />
Bauwerke zu gewährleisten, auch in<br />
Bezug auf die Anforderungen beim<br />
Recycling und/oder bei der Wiederverwendung<br />
von Bauteilen oder -materialien.“<br />
„(55) Bei der Grundanforderung<br />
an Bauwerke bezüglich der nachhaltigen<br />
Nutzung der natürlichen Ressourcen<br />
sollte insbesondere der Recyclingfähigkeit<br />
des Bauwerks, seiner Baustoffe<br />
und Teile nach dem Abriss, der Dauerhaftigkeit<br />
des Bauwerks und der Verwendung<br />
umweltfreundlicher Rohstoffe<br />
und Sekundärbaustoffe für das Bauwerk<br />
Rechnung getragen werden.“<br />
„(56) Zur Bewertung der nachhaltigen<br />
Nutzung der Ressourcen und zur<br />
Beurteilung der Auswirkungen von Bauwerken<br />
auf die Umwelt sollten die<br />
Umwelterklärungen (Environmental<br />
Product Declarations — EPDs), soweit<br />
verfügbar, herangezogen werden.“<br />
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