Berliner Kurier 27.10.2018

BERLIN 11
DaswahreGesicht: Die
Ostfassade des Schlosses
ist so modern gehalten wie
der Bau tatsächlich ist.
Von
FREDERIK BOMBOSCH
Berlin – Bisher gilt der Bau
des Stadtschlosses als mustergültiges
Großprojekt von
preußischer Präzision. Man
sei im Zeit- und Kostenrahmen,
betonen Kulturstaatsministerin
Monika Grütters
(CDU) und die Stiftung Humboldt
Forum als Bauherrin
immer wieder. Ende 2019 soll
die Eröffnung stattfinden –
auch wenn seit vorigem Jahr
feststeht, dass dann nur Teile
des Gebäudes fertiggestellt
sein werden. Doch zumindest
der Berliner Senat hegt inzwischen
offenbar Zweifel,
ob die Teileröffnung klappt.
Hintergrund ist eine Verzögerung
bei den Bauarbeiten um
fast ein halbes Jahr. Dem Berliner
KURIER liegt exklusiv ein
Bericht von Kultursenator
Klaus Lederer und Bausenatorin
Katrin Lompscher (beide
Linke) vor. Darin erklären sie,
dass das Land Berlin seine Flächen
im ersten Stock des
Schlosses nicht wie geplant im
September übernehmen konnte.
„Im Rahmen einer Baustellenbegehung
der Berlin-Flächen
Ende August 2018 wurde
der Senatsverwaltung durch
die Stiftung Humboldt Forum
mitgeteilt, dass sich die Übergabe
der Berliner Flächen durch
bauliche Mängel bei der Lüftungstechnikinstallation
von
September 2018 auf circa Feb-
Stiftungschef Hermann Parzinger und Intendant Hartmut Dorgerloh.
ruar 2019 verzögern würde“,
heißt es. Das bedeutet: Statt
fünfzehn Monaten Zeit für die
endgültige Konzeption und den
Aufbau der Berlin-Ausstellung
bleiben Kurator Paul Spies und
seinen Mitarbeitern höchstens
zehn.
Die Zeit bis Dezember war eigentlich
vorgesehen für vorbereitende
Arbeiten wie die Erstellung
von Aufmaßen und die
Prüfung von Lichtverhältnissen
und Akustik. Doch das ist
nur eingeschränkt möglich,
denn weiterhin sind die Handwerker
auf den rund 4000 Quadratmetern
Ausstellungsfläche
unterwegs. Immerhin, so teilte
die Stiftung Humboldt Forum
auf KURIER-Anfrage mit: „Auf
den Berliner Flächen sind die
Böden mittlerweile geschlossen.“
Der Erfolg des Humboldt
Forums, so erklärt Pressesprecher
Bernhard Wolter, hänge
wesentlich „von der engen Zusammenarbeit
zwischen den
verschiedenen Akteuren“ ab.
Heißt im Klartext: Jetzt ist Improvisationsgeschick
gefragt.
Stiftungsvorstand Hans Dieter
Hegner erklärte: „Zum Ende eines
Baus wird die Zeit immer
knapp.“ Die Fertigstellung werde
aber rechtzeitig gelingen.
„Davon bin ich fest überzeugt
und freue mich schon heute auf
die Eröffnungsfeierlichkeiten
Ende nächsten Jahres.“
Bei der landeseigenen Gesellschaft
Kulturprojekte Berlin,
die zusammen mit dem Stadtmuseum
die Ausstellung konzipiert,
ist man nicht so enthusiastisch.
Die Stellungnahme auf
die Anfrage des KURIER fällt
jedenfalls vorsichtig aus.
„Wenn eine vollständige Übernahme
der Flächen im Februar
2019 erfolgt, sollte eine Eröffnung
der Berlin-Ausstellung
Ende 2019 noch möglich sein“,
teilte eine Sprecherin mit.
Doch selbst wenn der Eröffnungstermin
zu halten ist:
Rund um das Schloss herrscht
Ende 2019 noch Baustelle. Der
Zeitplan für die Fertigstellung
des Schlossplatzes ist nicht
mehr zu halten, auch das teilen
Lompscher und Lederer ihren
Senatskollegen mit. Gründe: die
schwierige Koordination der
Baustelle und umfangreiche
Leitungsarbeiten.
Statt über weitläufige Steinflächen
zu flanieren, werden
sich die Eröffnungsgäste also
wohl an Baucontainern und
Materiallagern vorbeischlängeln
müssen. Die Verzögerung
der Arbeiten verschafft dem Senat
aber auch Zeit, um eine unangenehme
Diskussion zu führen.
Noch ist nämlich die Frage
ungeklärt, wie Schloss und
Schlossplatz gegen Anschläge
gesichert werden sollen. Dem
Senatsbericht ist zu entnehmen,
dass das Landeskriminalamt
(LKA) empfohlen hat, den
Platz vollständig mittels Pollern
zu schützen.
Die Fans des historischen Ensembles,
die in den vergangenen
JahrenauchüberkleinsteDetails
leidenschaftlich stritten, dürften
überden Vorschlagentsetzt sein.
Für eine „angemessene gestalterische
Lösung“ bedürfe eseines
längerfristigen Abstimmungsprozesses,
schreiben Lompscher
und Lederer. Zunächst sollen
darum lediglichversenkbare PollervordenEingangsportaleneingebautwerden.
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