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EGTA-Journal 11-2018

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Ari van Vliet<br />

Falla, Homenaje, J.W. Chester and Co, 1920<br />

der Musik selbst. Eine Analyse von Fallas<br />

Hommenaje zeigt, auf welche Weise sich<br />

die musikalischen Merkmale des modernen<br />

Stils in der Musik ausdrücken.<br />

Manuel de Falla (1876-1946) sagte einmal,<br />

dass die Gitarre wegen ihrer Stimmung<br />

in Quarten und einer Terz von<br />

großer Bedeutung für die Zukunft der<br />

modernen Musik zu werden versprach.<br />

Diese Intervalle wurden, resultierend aus<br />

der Vermeidung tonaler Gravitation, zunehmend<br />

zum Fundament moderner<br />

Harmonie. Dieses drückt sich in der Tat in<br />

dem einzigen Werk aus, welches Falla für<br />

Gitarre solo schrieb und welches er der<br />

Erinnerung an Claude Debussy, der 1918<br />

starb, widmete.<br />

Klangbeispiel 8:<br />

Falla - Homenaje<br />

Hörbeispiel abspielen<br />

Unter Umständen können einige impressionistische<br />

Einflüsse ausgemacht<br />

werden. Das erste bemerkenswerte moderne<br />

Charakteristikum ist die Art und<br />

Weise, wie das neo-folkloristische Genre<br />

der Habanera mit seinen charakteristischen<br />

Rhythmen in eine Form mit sehr<br />

irregulären Phrasen von 3, 5 und 6 Takten<br />

gebracht wurde, die in der Reprise<br />

sogar gekürzt sind. Dies verleiht dem<br />

Werk seine rastlose Stimmung, die in<br />

zwei viertaktigen Phrasen voller Resignation<br />

endet. Das rhythmische Grundmotiv,<br />

welches auch als eine Idée fixe<br />

bezeichnet werden könnte, gibt der Musik<br />

durch seine tiefalterierte Sexte einen<br />

trauernden Beigeschmack. Es wird häufig<br />

durch dissonante Fallschirm- und Raketenfiguren<br />

durchbrochen. Die wenigen<br />

Ornamente sind nur Hinweise auf<br />

die häufig im Stück vorkommenden Arpeggios.<br />

Die sich verschiebende Tonalität von<br />

a-Moll und A-Dur wird durch die häufig<br />

wiederkehrenden Chromatiken cis und<br />

b verursacht, die dem Ganzen eine phrygische<br />

Atmosphäre in d verleihen. Dissonanz<br />

in der Harmonie wird hauptsächlich<br />

durch Akkorde erzeugt, die aus reinen<br />

und verminderten Quarten bestehen,<br />

zu denen auch die Melodie durch Verwendung<br />

großer und kleiner Sekunden<br />

kontrastiert. Modulation wird durch die<br />

Transposition der akkordischen Struktur<br />

hervorgerufen, modifiziert in verminderte<br />

Quarten und durch die Umkehrung<br />

selbiger. Die Passage in d (T. 37) – die<br />

in einer hemitonischen pentatonischen<br />

Skala komponiert ist, in der die Terz fehlt<br />

und die nur aus einem Quintintervall besteht<br />

– führt zu einer Passage in G, gefolgt<br />

von F, welches später hochalteriert<br />

erscheint. Hiernach wiederholt sich der<br />

Eingangsrhythmus. An dieser Stelle<br />

sticht die tiefalterierte Quinte heraus.<br />

Das Più calmo Segment am Ende besteht<br />

aus einem sich verschiebenden<br />

Dominantseptakkord auf sequenzierenden<br />

Tonhöhen. Daraus resultiert<br />

eine „akkordische Melodie“, in welcher<br />

sich die harmonische Struktur<br />

zugunsten der tonalen Harmonie<br />

nicht ändert. Die rhythmische<br />

Verschiebung ergibt sich aus der<br />

konstanten Bewegung der Habanera<br />

– punktierte 8tel/16tel Figuren,<br />

8tel Figuren und 8tel Triolen<br />

– die sich konstant ändern, mit<br />

Ausnahme der d-Bordun-Passage.<br />

Mitsamt der Vielzahl an Vorschriften<br />

für Tempo, Artikulation und Dynamik,<br />

zeigt die Komposition viele Charakteristika,<br />

die essenziel für die Moderne in der<br />

Musik sind.<br />

Es ist ein Meisterwerk in einer Nussschale,<br />

das Fallas Meinung zu moderner Musik<br />

ausdrückt: „Unsere Musik soll auf der<br />

natürlichen Musik unseres Volkes gegründet<br />

sein. In unserem Tanz und<br />

unserem Rhythmus besitzen wir<br />

die stärksten Traditionen, die<br />

keiner übertreffen kann.“ 25<br />

25 Machlis, 1979, S. 307<br />

Ausgabe 5 • <strong>11</strong>/<strong>2018</strong><br />

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