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EGTA-Journal 11-2018

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Nachruf<br />

Einige persönliche Erinnerungen<br />

Als ich im Jahre 1972 als Autodidakt<br />

der klassischen Gitarre,<br />

aber mit einer profunden Bandkarriere<br />

im Lebenslauf die Aufnahmeprüfung<br />

in Wuppertal machte, wurde ich<br />

von ihm trotz meiner natürlich noch vorhandenen<br />

Schwächen, in seine Klasse<br />

aufgenommen. Ich lernte bei Hans-Michael<br />

mittels der Pujol-Schule das musikalische<br />

und gitarristische Handwerk.<br />

Zunächst wurde sehr akribisch im Einzelunterricht<br />

gearbeitet, nach einiger Zeit<br />

fand der Unterricht jedoch oft im kleinen<br />

Forum statt, wobei etwa fünf Studierende<br />

gemeinsam fünf Stunden Unterricht<br />

bekamen. Auf diesem Wege lernte man<br />

das Repertoire sehr intensiv kennen,<br />

aber auch der zwischenmenschliche Bereich<br />

kam – vor allem gegen Ende des<br />

Unterrichtsnachmittags - nicht zu kurz.<br />

Immerhin war unser Lehrer zum Teil nur<br />

sehr wenige Jahre älter als wir, wenn<br />

auch fachlich meilenweit von uns entfernt.<br />

Hans-Michael weckte bei mir schon<br />

sehr früh das Interesse an Renaissanceund<br />

Barockmusik, so spielte ich schon<br />

von Beginn an – damals meist noch aus<br />

den alten Pujol-Ausgaben bei Eschig –<br />

die entsprechenden Werke. Für mich<br />

war die Zeit bei ihm nach gut einem Jahr<br />

schon zu Ende, da er wie erwähnt einem<br />

Ruf nach Hannover folgte. Der Wechsel<br />

zu Dieter Kreidler brachte für uns alle zunächst<br />

einen großen Umbruch, einige<br />

Studierende zogen es dann doch vor,<br />

auch nach Hannover zu wechseln. Für<br />

mich persönlich war es in jedem Fall sehr<br />

wertvoll, von zwei so bedeutenden Lehrern<br />

ausgebildet zu werden. Die gemeinsamen<br />

Jahre mit Hans-Michael setzten<br />

sich erfreulicherweise wenige Jahre später<br />

doch fort, denn durch eine Initiative<br />

von Dieter Kreidler wurde 1978 der erste<br />

Remscheider Gitarrenkurs durchgeführt,<br />

der im kommenden Jahr seine vierzigste<br />

Auflage erfährt. Gründungsmitglieder<br />

waren Dieter, Hans-Michael und ich, sehr<br />

rasch kamen Fred Harz und Alfred Eickholt<br />

hinzu, unzählige Gastdozenten ergänzten<br />

über die Jahrzehnte das Angebot.<br />

Hans-Michael setzte in den letzten<br />

Jahren andere Schwerpunkte und beendete<br />

seine Mitarbeit. Dennoch blieben<br />

wir weiter im Kontakt, wir verfolgten mit<br />

Interesse seine überaus erfolgreiche Tätigkeit<br />

an der Hannoveraner Hochschule<br />

als auch immer häufiger in Fernost.<br />

Ich bin Hans-Michael jedenfalls überaus<br />

dankbar, denn seine Offenheit, einen<br />

Studenten ohne großartige klassische<br />

Vorkenntnisse aufzunehmen und zu fördern,<br />

hat mein Leben entscheidend geprägt<br />

und enorm bereichert. Ich werde<br />

seiner immer mit Dankbarkeit und Bewunderung<br />

gedenken.<br />

Gerd-Michael Dausend<br />

Als Nachfolger von Hans-Michael<br />

Koch in Wuppertal hat mich<br />

die Nachricht über seinen plötzlichen<br />

Tod sehr erschüttert. Wir pflegten<br />

über viele Jahrzehnte eine freundschaftlich-kollegiale<br />

Verbundenheit und<br />

unsere Wege haben sich immer einmal<br />

wieder gekreuzt. Zu der oben beschriebenen<br />

professionellen Karriere und musikalischen<br />

Sozialisation von Hans-Michael<br />

Koch gehören unbedingt auch die<br />

aktive Mitgliedschaft im „Mandolinenorchester<br />

Musikfreunde Aachen“ unter der<br />

Leitung seines Lehrers Hubert Brand und<br />

kammermusikalische Konzerte mit Marga<br />

Wilden-Hüsgen in den 1960er Jahren.<br />

Während seiner Hochschulzeit in Wuppertal<br />

fand schließlich eine kreative Wiederbelebung<br />

dieser Freundschaft statt.<br />

Als Hochschullehrer prägte er nachhaltig<br />

seinen großen Schülerkreis. Seine pädago-gische<br />

Kompetenz wurde über viele<br />

Jahre als Juror bei Jugend musiziert geschätzt.<br />

Lange Jahre haben wir in Remscheid<br />

(heute Bergisches Gitarrenfestival)<br />

und bei den Gießener Gitarrentagen<br />

zusammen gearbeitet. Dabei faszinierte<br />

mich immer, wie er dort bei Konzerten<br />

und Workshops schnell die Zuhörer<br />

in den Bann seiner Leidenschaft für die<br />

Alte Musik zog.<br />

So überraschte er neben der Kenntnis<br />

alter Manuskripte und Drucke auch mit<br />

eindrucksvollen Demonstrationen alter<br />

Spieltechniken auf Laute, Vihuela oder<br />

Barockgitarre, später auch auf der Biedermeiergitarre.<br />

Darüber hinaus verfügte<br />

er über profunde Kenntnisse im Instrumen-tenbau<br />

und der Restauration<br />

historischer Instrumente.<br />

Hans Michael Koch war ein Sucher und<br />

Finder!<br />

Als einer der ersten Hochschullehrer der<br />

Nachkriegsgeneration gehörte er zu den<br />

Pionieren, die eine fachlich solide Basis<br />

für die akademische Belastbarkeit des<br />

noch jungen Instrumentalfaches Gitarre<br />

im deutschen Musikhochschulbetrieb<br />

schufen.<br />

Er wird mir und der Gitarrenwelt fehlen.<br />

Dieter Kreidler<br />

Ausgabe 5 • <strong>11</strong>/<strong>2018</strong><br />

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