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EGTA-Journal 11-2018

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Ari van Vliet<br />

Das zwölfte Beispiel ist in Rodrigos Zarabanda<br />

Lejana zu finden, mit einer Folge<br />

scheinbar tonaler Akkorde Imaj7/5#5 -<br />

I7/9 - IV6 - IVb6 - bVI6 - Imaj7 - IV6 usw., in<br />

denen die Dissonanzen unaufgelöst und<br />

in gleicher Intensität über einen langen<br />

Zeitraum verbleiben. Dies gibt der Tonalität<br />

ebenfalls etwas Fließendes.<br />

Klangbeispiel 12:<br />

Rodrigo – Zarabanda Lejana, T. 9-13<br />

Hörbeispiel abspielen<br />

Rodrigo, Sarabanda Lejana, Max Eschig 1934<br />

Diese Merkmale scheinen angewandte<br />

Musiktheorie zu sein, sind jedvoch auch<br />

von großer Bedeutung für das Verständnis<br />

der Musik. Unter Berücksichtigung<br />

der Stellung der Komponisten zur Gitarre,<br />

entzogen sich moderne Komponisten<br />

Berlioz’ Standpunkt: „Ohne zu spielen, ich<br />

wiederhole, kann man keine mehrstimmigen<br />

Stücke für die Gitarre schreiben,<br />

die erfüllt sind von melodischen Linien,<br />

in denen alle Möglichkeiten des Instrumentes<br />

zutage treten können.“ 26<br />

Aufführungspraxis<br />

Coste kann als Komponist und Gitarrist<br />

definiert werden, der in „gemischten<br />

Konzerten“ auftrat. Tárrega war Gitarrist,<br />

Komponist und Arrangeur, der in<br />

„gemischten Rezitalen“ spielte. Andrés<br />

Segovia war ein darbietender Künstler,<br />

der Transkriptionen und Originalkompositionen<br />

für Gitarre von Nicht-Gitarristen<br />

aufführte, was die sich verändernde<br />

Beziehung zwischen Komposition und<br />

Aufführungspraxis ausdrückte. Er trat in<br />

„eklektischen Konzerten“ auf.<br />

Gattungen<br />

Der Komponist Coste verwendete 12<br />

Gattungen des klassischen Stils und<br />

führte 18 romantische Stile ein. Der<br />

Komponist Tárrega verwendete im nationalen<br />

Stil 8 klassische Gattungen sowie<br />

5 romantische und fügte seinem Repertoire<br />

lediglich 3 nationale Gattungen<br />

hinzu. Die Modernisten führten keine<br />

neuen zeitgenössischen Gattungen ein,<br />

sie entdeckten lediglich „alte“ Genres in<br />

ihren neo-formalen-Stilen wieder. Folglich<br />

kann die musikalische Bedeutung<br />

nicht in den Gattungen erkannt werden,<br />

sondern in der Weise, in welcher sie die<br />

Musik selbst behandeln.<br />

Stile<br />

Die auffallendste charakteristische Veränderung<br />

in Bezug auf den musikalischen<br />

Stil kann in der Harmonik ausgemacht<br />

werden. Der Wechsel in der<br />

Romantik besteht aus einer ausgearbeiteten<br />

tonalen Fortschreitung, Prolongation<br />

und Modulation. Die Veränderung<br />

im nationalen Stil ist bedingt durch eine<br />

moderate Verschiebung tonaler Akkorde<br />

mit folkloristisch modalen Einflüssen.<br />

Die Veränderung in der Moderne drückt<br />

sich in „akkordischer Melodie“, Kontrasten<br />

sowie in der Befreiung von tonalen<br />

Beschränkungen in der Dissonanz aus.<br />

Finale<br />

Die Essenz der Reflektionen zum Thema<br />

„Moderne Zeiten“ in der Gitarrenmusik<br />

hat sich nun durch die Methode<br />

der Analyse, der Forschung und der Interpretation<br />

offenbart. Vor allen anderen<br />

ist die Interpretation die bedeutendste.<br />

Dies wurde bereits 1936 von Wallace<br />

Stevens in seinem Gedicht The Man With<br />

the Blue Guitar zum Ausdruck gebracht: 27<br />

Pablo Picasso, The Old Guitarist (1903),<br />

https://en.wikipedia.org/wiki/The_Old_Guitarist<br />

They said, ‚You have a blue guitar,<br />

You do not play things as they are.‘<br />

man replied, ‚Things as they are<br />

changed upon the blue guitar.‘<br />

Wallace Stevens<br />

Übersetzung: Raphael Ophaus<br />

Bibliographie<br />

• Berlioz, Hector: Grand traité d‘instrumentation<br />

et d‘orchestration modernes, Paris, Lemoine,<br />

1843.<br />

• Grove: Sadie, Stanley, ed.: The New Grove<br />

Dictionary of Music and Musicians, London<br />

Macmillan, 1980.<br />

• Hockney, David & Wallace Stevens: The Blue<br />

Guitar, London, Peterburg Press, 1977.<br />

• Hofmeester, Theodorus M.: ‚Is there a school<br />

of Tárrega‘, in: The Guitar Review, Vol. Nr. 1,<br />

new York, The Society of the Classic Guitar,<br />

1946.<br />

• López Poveda, Alberto: Andrés Segovia,<br />

Vida y obra, Jaén, Universidad de Jaén,<br />

2009.<br />

• Machlis, Joseph: Introduction to Contemporary<br />

Music, London, Norton, 1979.<br />

• Moser, Wolf: Francisco Tárrega, Werden und<br />

Wirkung, Lyon, Saint-Georges, 1996.<br />

• Ophee, Matanya: Essays on Guitar History,<br />

Columbus, Orphée, 2016.<br />

• Pujol. Emilio: Tárrega, Ensayo biográfico, Lisboa,<br />

Ramos, 1960.<br />

• Vliet, Ari van: Napoléon Coste: Composer<br />

and Guitarist in the Musical Life of 19th-century<br />

Paris, Zwolle, Cumuli foundation, I Biography,<br />

II Thematic Catalogue, 2015.<br />

• Washabaugh, William: Flamenco, Oxford,<br />

Berg, 1996.<br />

26 Berlioz, 1843, S. 86 27 Hockney/Wallace, 1977, S. 6<br />

Ausgabe 5 • <strong>11</strong>/<strong>2018</strong><br />

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